24.3.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

LI 88/1


BESCHLUSS (EU) 2020/430 DES RATES

vom 23. März 2020

über eine befristete Ausnahme von der Geschäftsordnung des Rates angesichts der durch die COVID-19-Pandemie in der Union verursachten Reisebehinderungen

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 240 Absatz 3 —

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Seit dem Ausbruch der durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten epidemiologischen Krise hat sich die damit einhergehende Krankheit — COVID-19 — rasant in der Welt ausgebreitet und auch das Gebiet der Union erreicht. Angesichts der rasch steigenden Anzahl der Fälle hat der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 11. März 2020 COVID-19 als Pandemie eingestuft. Da sich die Lage in der europäischen Region der WHO in hohem Tempo zuspitzt und es mittlerweile mehr als 20 000 bestätigte Fälle und fast 1 000 Todesfälle gibt, hat der WHO-Regionaldirektor für Europa am 12. März 2020 Europa zum Epizentrum der Pandemie erklärt.

(2)

Infolgedessen haben die Mitgliedstaaten eine Reihe von außerordentlichen Vorsorge- und Sicherheitsmaßnahmen wie Quarantäne, Schließung nicht unbedingt notwendiger Geschäfte und von Schulen und Universitäten, Einführung von Telearbeit sowie Bewegungs- und Reisebeschränkungen oder -verbote getroffen. Diese Maßnahmen machen es einigen Ratsmitgliedern unmöglich oder sehr schwer zu reisen, um bei Ratstagungen am Sitz des Rates physisch anwesend zu sein. Hierdurch wiederum ist es kaum möglich, die nach Artikel 11 Absatz 4 der Geschäftsordnung des Rates (1) erforderliche Beschlussfähigkeit zu erreichen, weshalb der Rat schwerlich ordentliche Tagungen abhalten kann.

(3)

Angesichts dieser außergewöhnlichen Umstände und um die institutionelle Kontinuität der Beschlussfassung des Rates zu gewährleisten, ist es notwendig, bei Beschlüssen zur Anwendung des gewöhnlichen schriftlichen Verfahrens vorübergehend von Artikel 12 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Geschäftsordnung des Rates abzuweichen. Solange der vorliegende Beschluss gilt, und keinesfalls länger, sollte ein Beschluss zur Anwendung des gewöhnlichen schriftlichen Verfahrens, der durch den Ausschuss der Ständigen Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten (AStV) gefasst wird, nach der Abstimmungsregel gefasst werden, die für den Erlass des betreffenden Gesetzgebungsakts des Rates gilt. Diese Ausnahmeregelung sollte für einen Monat gelten und verlängert werden können.

(4)

Die Anwendung des gewöhnlichen schriftlichen Verfahrens als Alternative zur Annahme von Gesetzgebungsakten des Rates auf Ratstagungen sollte zuvor im AStV gründlich vorbereitet werden, und der betreffende Gesetzgebungsakt des Rates sollte — soweit möglich und relevant — erst den Ministern zur politischen Erörterung, beispielsweise im Wege einer informellen Videokonferenz, vorgelegt werden, um unter anderem die Abstimmung auf nationaler Ebene, die öffentliche Transparenz sowie die Einbindung der nationalen Parlamente im Einklang mit den Gepflogenheiten der Mitgliedstaaten weitestgehend sicherzustellen —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Abweichend von Artikel 12 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Geschäftsordnung des Rates wird ein Beschluss zur Anwendung des gewöhnlichen schriftlichen Verfahrens, der vom AStV gefasst wird, nach der Abstimmungsregel gefasst, die für den Erlass des betreffenden Gesetzgebungsakts des Rates gilt.

Artikel 2

Dieser Beschluss gilt ab dem Zeitpunkt seiner Annahme für einen Zeitraum von einem Monat.

Sofern die außergewöhnlichen Umstände dies weiter rechtfertigen, kann der Rat diesen Beschluss verlängern.

Artikel 3

Dieser Beschluss wird am Tag seiner Annahme wirksam.

Er wird im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Geschehen zu Brüssel am 23. März 2020

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

A. METELKO-ZGOMBIĆ


(1)  Beschluss 2009/937/EU des Rates vom 1. Dezember 2009 zur Annahme seiner Geschäftsordnung (ABl. L 325 vom 11.12.2009, S. 35).