19.10.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 344/22


BESCHLUSS (EU) 2020/1512 DES RATES

vom 13. Oktober 2020

zu Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 148 Absatz 2,

auf Vorschlag der Europäischen Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments (1),

nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (2),

nach Anhörung des Ausschusses der Regionen,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses (3),

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Mitgliedstaaten und die Union sind gehalten, auf die Entwicklung einer koordinierten Beschäftigungsstrategie und insbesondere auf die Förderung der Qualifizierung, Ausbildung und Anpassungsfähigkeit der Arbeitnehmer sowie auf zukunftsorientierte Arbeitsmärkte, die auf die Erfordernisse des wirtschaftlichen Wandels reagieren, hinzuarbeiten, um die Ziele der Vollbeschäftigung und des sozialen Fortschritts, eines ausgewogenen Wachstums sowie eines hohen Maßes an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität gemäß Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union zu erreichen. Die Mitgliedstaaten haben die Förderung der Beschäftigung als Angelegenheit von gemeinsamem Interesse zu betrachten und ihre diesbezüglichen Tätigkeiten im Rat aufeinander abzustimmen, wobei die einzelstaatlichen Gepflogenheiten in Bezug auf die Zuständigkeit der Sozialpartner zu berücksichtigen sind.

(2)

Es ist Aufgabe der Union, soziale Ausgrenzung und Diskriminierung zu bekämpfen und soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes zu fördern. Bei der Festlegung und Durchführung ihrer Politik und ihrer Maßnahmen hat die Union gemäß Artikel 9 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) den Erfordernissen im Zusammenhang mit der Förderung eines hohen Beschäftigungsniveaus, mit der Gewährleistung eines angemessenen sozialen Schutzes, mit der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie mit einem hohen Niveau der allgemeinen und beruflichen Bildung und des Gesundheitsschutzes Rechnung zu tragen.

(3)

Gemäß dem AEUV hat die Union wirtschafts- und beschäftigungspolitische Koordinierungsinstrumente entwickelt und eingeführt. Als Teile dieser Instrumente bilden die im Anhang des vorliegenden Beschlusses festgelegten Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (im Folgenden „Leitlinien“) zusammen mit den in der Empfehlung (EU) 2015/1184 des Rates (4) genannten Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Union die integrierten Leitlinien. Sie sollen als Richtschnur für die Umsetzung der Politik in den Mitgliedstaaten und in der Union dienen und spiegeln die gegenseitige Abhängigkeit der Mitgliedstaaten wider. Die entsprechenden koordinierten Strategien und Reformen auf europäischer und nationaler Ebene sollen zusammen einen angemessenen Mix aus nachhaltigen wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Maßnahmen ergeben, der positive Ausstrahlungseffekte entfalten sollte.

(4)

Die Leitlinien stehen im Einklang mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt, den geltenden Rechtsvorschriften der Union und verschiedenen Initiativen der Union, einschließlich der Empfehlung des Rates vom 22. April 2013 (5) (im Folgenden „Jugendgarantie“)‘ der Empfehlung des Rates vom 15. Februar 2016 (6), der Empfehlung des Rates vom 19. Dezember 2016 (7), der Empfehlung des Rates vom 15. März 2018 (8), der Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2018 zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen (9), der Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2019 (10), der Empfehlung des Rates vom 8. November 2019 (11) und der Empfehlung des Rates vom 10. März 2014 (12).

(5)

Das Europäischen Semester führt verschiedene Instrumente in einem übergreifenden Rahmen für die integrierte multilaterale Koordinierung und Überwachung der wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Maßnahmen zusammen. Das Europäische Semester strebt ökologische Nachhaltigkeit, Produktivität, Fairness und Stabilität an und berücksichtigt die Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte, einschließlich einer engen Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern, der Zivilgesellschaft und anderen Interessenträgern. Es unterstützt die Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung. Die Beschäftigungs- und Wirtschaftspolitik der Union und der Mitgliedstaaten sollte auf den Übergang Europas zu einer klimaneutralen, ökologisch nachhaltigen und digitalen Wirtschaft abgestimmt sein, zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit führen, Innovationen, soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit fördern sowie Ungleichheiten und regionale Unterschiede abbauen.

(6)

Klimawandel und umweltbezogene Herausforderungen, Globalisierung, Digitalisierung und demografischer Wandel werden die europäischen Volkswirtschaften und Gesellschaften verändern. Die Union und ihre Mitgliedstaaten sollten zusammenarbeiten, um diese strukturellen Herausforderungen wirksam anzugehen und die bestehenden Systeme entsprechend anzupassen, wobei die enge Verflechtung der Volkswirtschaften, Arbeitsmärkte und einschlägigen Strategien der Mitgliedstaaten zu berücksichtigen ist. Dies erfordert abgestimmte, ehrgeizige und wirksame politische Maßnahmen sowohl auf Ebene der Union als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten im Einklang mit den Bestimmungen des AEUV und den Unionsvorschriften zur wirtschaftspolitischen Steuerung. Zu solchen politischen Maßnahmen sollten die Ankurbelung nachhaltiger Investitionen, eine erneuerte Verpflichtung zu angemessen gestaffelten Strukturreformen zur Verbesserung der Produktivität, des Wirtschaftswachstums, des sozialen und territorialen Zusammenhalts, der Aufwärtskonvergenz und der Widerstandsfähigkeit sowie die Wahrnehmung haushaltspolitischer Verantwortung gehören. Sie sollten sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite ansetzen und ökologische, beschäftigungspolitische und soziale Auswirkungen berücksichtigen.

(7)

Das Europäische Parlament, der Rat und die Kommission haben die europäische Säule sozialer Rechte (13) (im Folgenden „Säule“) proklamiert. Mit der Säule werden 20 Grundsätze und Rechte zur Unterstützung gut funktionierender und fairer Arbeitsmärkte und Sozialsysteme festgelegt; diese Grundsätze werden in drei Kategorien unterteilt: Chancengleichheit und Arbeitsmarktzugang, faire Arbeitsbedingungen sowie Sozialschutz und soziale Inklusion. Die Grundsätze und Rechte dienen als Richtschnur für die Strategie der Union und stellen sicher, dass der Übergang zu Klimaneutralität und ökologischer Nachhaltigkeit, die Digitalisierung sowie der demografische Wandel sozial verträglich und gerecht erfolgen. Die Säule bildet einen Bezugsrahmen, um die Leistung der Mitgliedstaaten in den Bereichen Beschäftigung und Soziales zu verfolgen, um Reformen auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene zu fördern und um in der heutigen Wirtschaft das Soziale mit dem Markt in Einklang zu bringen, auch durch die Förderung der Sozialwirtschaft.

(8)

Reformen des Arbeitsmarkts, einschließlich der nationalen Lohnfestsetzungsmechanismen, sollten sich nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten des sozialen Dialogs richten und den notwendigen Spielraum für eine umfassende Berücksichtigung sozioökonomischer Aspekte vorsehen, einschließlich Verbesserungen in den Bereichen Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Innovation, Schaffung von Arbeitsplätzen, lebenslanges Lernen und Berufsbildung, Arbeitsbedingungen, Bildung und Kompetenzen, öffentliche Gesundheit, Inklusion und Realeinkommen.

(9)

Die Mitgliedstaaten und die Union sollten dafür sorgen, dass die Auswirkungen der COVID-19-Krise auf Gesellschaft, Beschäftigung und Wirtschaft abgefedert werden und dass sich der Wandel fair und sozial gerecht vollzieht, indem sie die wirtschaftliche Erholung konsolidieren und die Bemühungen um eine inklusive und widerstandsfähige Gesellschaft stärken, in der die Menschen geschützt und in die Lage versetzt werden, den Wandel zu antizipieren und zu bewältigen, und in der sie sich aktiv am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben beteiligen können. Diskriminierung in all ihren Formen sollte bekämpft werden. Zugangsmöglichkeiten und Chancen sollten für alle sichergestellt und Armut und soziale Ausgrenzung — auch von Kindern — sollten abgebaut werden, insbesondere indem für gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialschutzsysteme gesorgt wird und Hindernisse für die Teilhabe an der allgemeinen und beruflichen Bildung und am Arbeitsmarkt beseitigt werden; dies schließt auch Investitionen in frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung und in digitale Kompetenzen ein. Ein zeitnaher und gleichberechtigter Zugang zu erschwinglichen langfristigen Pflege- und Gesundheitsdiensten, einschließlich Prävention und Förderung der Gesundheitsversorgung, ist angesichts der COVID-19-Krise und im Kontext alternder Gesellschaften von besonderer Bedeutung. Das Potenzial von Menschen mit Behinderungen, zu Wirtschaftswachstum und sozialer Entwicklung beizutragen, sollte stärker genutzt werden. Da an den Arbeitsplätzen in der Union neue Wirtschafts- und Geschäftsmodelle Einzug halten, ändern sich auch die Beschäftigungsverhältnisse. Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass in den Beschäftigungsverhältnissen, die durch neue Formen der Arbeit entstehen, das europäische Sozialmodell aufrechterhalten und weiter gestärkt wird.

(10)

Die integrierten Leitlinien sollten die Grundlage für die länderspezifischen Empfehlungen bilden, die der Rat gegebenenfalls an die Mitgliedstaaten richtet. Die Mitgliedstaaten sollten den Europäischen Sozialfonds Plus und andere Unionsfonds, einschließlich des Fonds für einen gerechten Übergang und InvestEU, in vollem Umfang nutzen, um Beschäftigung, soziale Investitionen, soziale Inklusion, Barrierefreiheit, Möglichkeiten der Weiterqualifizierung und Umschulung der Arbeitskräfte, lebenslanges Lernen und hochwertige allgemeine und berufliche Bildung für alle, einschließlich digitaler Kompetenzen und Qualifikationen, zu fördern. Auch wenn sich die integrierten Leitlinien an die Mitgliedstaaten und die Union richten, sollten sie in Partnerschaft mit allen nationalen, regionalen und lokalen Behörden und unter enger Einbeziehung von Parlamenten sowie Sozialpartnern und Vertretern der Zivilgesellschaft umgesetzt werden.

(11)

Der Beschäftigungsausschuss und der Ausschuss für Sozialschutz sollten — im Einklang mit ihrem jeweiligen auf den Vertrag gestützten Mandat — überwachen, wie die einschlägigen politischen Maßnahmen unter Berücksichtigung der Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen umgesetzt werden. Diese Ausschüsse sollten mit den anderen Vorbereitungsgremien des Rates, die an der Koordinierung der wirtschafts- und sozialpolitischen Maßnahmen beteiligt sind, eng zusammenarbeiten. Der Grundsatzdialog zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission sollte insbesondere in Bezug auf die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten beibehalten werden.

(12)

Der Ausschuss für Sozialschutz wurde gehört —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die im Anhang beigefügten Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen der Mitgliedstaaten (im Folgenden „Leitlinien“) werden angenommen. Die Leitlinien sind Teil der integrierten Leitlinien.

Artikel 2

Die Mitgliedstaaten berücksichtigen die Leitlinien in ihren beschäftigungspolitischen Maßnahmen und Reformprogrammen, über die nach Maßgabe des Artikels 148 Absatz 3 AEUV Bericht erstattet wird.

Artikel 3

Dieser Beschluss ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Luxemburg am 13. Oktober 2020.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. ROTH


(1)  Stellungnahme vom 10. Juli 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(2)  ABl. C 232 vom 14.7.2020, S. 18.

(3)  Stellungnahme vom 18. September 2020 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht).

(4)  Empfehlung (EU) 2015/1184 des Rates vom 14. Juli 2015 über die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (ABl. L 192 vom 18.7.2015, S. 27).

(5)  Empfehlung des Rates vom 22. April 2013 zur Einführung einer Jugendgarantie (ABl. C 120 vom 26.4.2013, S. 1).

(6)  Empfehlung des Rates vom 15. Februar 2016 zur Wiedereingliederung Langzeitarbeitsloser in den Arbeitsmarkt (ABl. C 67 vom 20.2.2016, S. 1).

(7)  Empfehlung des Rates vom 19. Dezember 2016 für Weiterbildungspfade: Neue Chancen für Erwachsene (ABl. C 484 vom 24.12.2016, S. 1).

(8)  Empfehlung des Rates vom 15. März 2018 zu einem Europäischen Rahmen für eine hochwertige und nachhaltige Lehrlingsausbildung (ABl. C 153 vom 2.5.2018, S. 1).

(9)  Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2018 zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen (ABl. C 189 vom 4.6.2018, S. 1).

(10)  Empfehlung des Rates vom 22. Mai 2019 zu hochwertiger frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung (ABl. C 189 vom 5.6.2019, S. 4).

(11)  Empfehlung des Rates vom 8. November 2019 zum Zugang zum Sozialschutz für Arbeitnehmer und Selbstständige (ABl. C 387 vom 15.11.2019, S. 1).

(12)  Empfehlung des Rates vom 10. März 2014 zu einem Qualitätsrahmen für Praktika (ABl. C 88 vom 27.3.2014, S. 1).

(13)  Interinstitutionelle Proklamation zur europäischen Säule sozialer Rechte (ABl. C 428 vom 13.12.2017, S. 10).


ANHANG

Leitlinie 5: Ankurbelung der Nachfrage nach Arbeitskräften

Die Mitgliedstaaten sollten eine nachhaltige soziale Marktwirtschaft aktiv fördern und Investitionen in die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze erleichtern und unterstützen. Dazu sollten sie die Hindernisse für Unternehmen bei der Einstellung von Arbeitskräften verringern, verantwortungsvolles Unternehmertum und echte Selbstständigkeit fördern und insbesondere die Gründung und das Wachstum von Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen unterstützen, unter anderem durch den Zugang zu Finanzmitteln. Die Mitgliedstaaten sollten die Entwicklung der Sozialwirtschaft aktiv fördern, soziale Innovation und Sozialunternehmen unterstützen und diese innovativen Arbeitsformen fördern, durch die hochwertige Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen und positive soziale Auswirkungen auf lokaler Ebene erzielt werden.

Angesichts der schwerwiegenden wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID-19-Pandemie sollte es gut durchdachte Kurzarbeitsregelungen und vergleichbare Regelungen geben, um Arbeitsplätze zu erhalten, Arbeitsplatzverluste zu begrenzen und langfristige negative Auswirkungen auf Wirtschaft, Unternehmen und Humankapital zu verhindern. Es sollten gut durchdachte Einstellungsanreize und Umschulungsmaßnahmen in Betracht gezogen werden, um während der Erholung von der Krise die Schaffung von Arbeitsplätzen zu unterstützen.

Die Besteuerung sollte vom Faktor Arbeit auf andere, mehr auf die Förderung von Beschäftigung und inklusivem Wachstum ausgerichtete Quellen verlagert und gleichzeitig auf Klima- und ökologische Ziele abgestimmt werden, wobei der Umverteilungseffekt des Steuersystems berücksichtigt werden sollte und zugleich Steuereinnahmen für angemessenen sozialen Schutz und für wachstumsfördernde Ausgaben sichergestellt werden sollten.

Die Mitgliedstaaten, auch jene, die über nationale Mechanismen für die Festlegung gesetzlicher Mindestlöhne verfügen, sollten für eine wirksame, transparente und verlässliche Einbeziehung der Sozialpartner sorgen, damit Löhne angemessen an die Produktivitätsentwicklung angepasst und gerechte Löhne, die einen angemessenen Lebensstandard ermöglichen‘ festgesetzt werden können, wobei im Hinblick auf eine Aufwärtskonvergenz besonderes Augenmerk auf Gruppen mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu legen ist. Lohnfestsetzungsmechanismen sollten der Wirtschaftsleistung der verschiedenen Regionen und Sektoren Rechnung tragen. Die Mitgliedstaaten sollten den sozialen Dialog und Tarifverhandlungen im Hinblick auf die Lohnfestsetzung fördern. Die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner sollten unter Beachtung der nationalen Verfahren und der Autonomie der Sozialpartner gewährleisten, dass alle Arbeitnehmer — als direkte oder indirekte Begünstigte von Tarifverträgen oder Bezieher eines angemessenen gesetzlichen Mindestlohns — angemessene und gerechte Löhne erhalten, und deren Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Armut trotz Erwerbstätigkeit berücksichtigen.

Leitlinie 6: Verbesserung des Arbeitskräfteangebots und des Zugangs zu Beschäftigung, Fähigkeiten und Kompetenzen

Vor dem Hintergrund technologischer und ökologischer Übergangsprozesse und des demografischen Wandels sollten die Mitgliedstaaten Nachhaltigkeit, Produktivität, Beschäftigungsfähigkeit und das Humankapital fördern, indem einschlägige Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen während des gesamten Arbeitslebens gefördert werden und auf aktuelle und künftige Bedürfnisse des Arbeitsmarkts reagiert wird. Die Mitgliedstaaten sollten auch ihre Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung anpassen und in sie investieren, um hochwertige und inklusive Bildung, einschließlich der beruflichen Aus- und Weiterbildung, und den Zugang zu digitalen Lernangeboten bereitzustellen. Die Mitgliedstaaten sollten gemeinsam mit den Sozialpartnern, den Trägern der allgemeinen und beruflichen Bildung, Unternehmen und anderen Interessenträgern an der Beseitigung struktureller Schwächen in den Systemen der allgemeinen und beruflichen Bildung arbeiten und deren Qualität und Relevanz für den Arbeitsmarkt verbessern, auch um den Weg für den ökologischen und digitalen Wandel zu ebnen. Besondere Aufmerksamkeit sollte den Herausforderungen gewidmet werden, denen der Lehrerberuf gegenübersteht, indem unter anderem in die digitalen Kompetenzen von Lehrkräften investiert wird. Die Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung sollten alle Lernenden mit Schlüsselkompetenzen ausstatten, einschließlich Grund- und digitaler Kompetenzen sowie Querschnittskompetenzen, damit sie über die Grundlagen für lebenslange Anpassungsfähigkeit und Resilienz verfügen. Die Mitgliedstaaten sollten sich darum bemühen, die Bestimmungen über individuelle Aus-, Fort- und Weiterbildungsansprüche zu stärken und deren Übertragbarkeit bei beruflicher Neuorientierung, gegebenenfalls auch über individuelle Lernkonten, sicherzustellen. Sie sollten es allen ermöglichen, den Bedarf des Arbeitsmarktes zu antizipieren und sich besser an ihn anzupassen, insbesondere durch kontinuierliche Weiterqualifizierung und Umschulung und integrierte Orientierungs- und Beratungsangebote, und so einen fairen und gerechten Übergang für alle unterstützen, soziale Ergebnisse stärken, den Arbeitskräftemangel beheben, die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft gegenüber Schocks insgesamt verbessern und den nach der COVID-19-Krise nötigen Anpassungen den Weg ebnen.

Die Mitgliedstaaten sollten die Chancengleichheit für alle fördern, indem sie gegen Ungleichheiten in der allgemeinen und beruflichen Bildung vorgehen, unter anderem durch Gewährleistung des Zugangs zu hochwertiger frühkindlicher Erziehung und Bildung. Sie sollten das Bildungsniveau insgesamt anheben, die Zahl der jungen Menschen, die die Schule frühzeitig verlassen, verringern, den Zugang zu Berufsbildung und Tertiärbildung verbessern und die Zahl der betreffenden Abschlüsse erhöhen sowie die Teilnahme Erwachsener an Weiterbildungsmaßnahmen, insbesondere von Lernenden aus benachteiligten Verhältnissen, die am geringsten qualifiziert sind, steigern. Unter Berücksichtigung der neuen Anforderungen digitaler, grüner und alternder Gesellschaften sollten die Mitgliedstaaten das Lernen am Arbeitsplatz in ihren Berufsbildungssystemen stärken, unter anderem durch eine hochwertige, nachhaltige Lehrlingsausbildung, und die Zahl der Absolventen, insbesondere der Absolventinnen, von MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) sowohl in der Berufsbildung als auch in der Tertiärbildung erhöhen. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten die Arbeitsmarktrelevanz der Tertiärbildung und gegebenenfalls der Forschung erhöhen, die Überwachung und Prognostizierung des Qualifikationsbedarfs verbessern, die Darstellung von Kompetenzen verbessern und die Vergleichbarkeit von Qualifikationen — auch der im Ausland erworbenen — erhöhen sowie mehr Möglichkeiten für die Anerkennung und Validierung von Fähigkeiten und Kompetenzen schaffen, die außerhalb der formalen allgemeinen und beruflichen Bildung erworben werden. Sie sollten das Angebot und die Nutzung flexibler beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen verbessern und ausweiten. Ferner sollten die Mitgliedstaaten gering qualifizierte Erwachsene dabei unterstützen, langfristig beschäftigungsfähig zu werden bzw. zu bleiben, indem sie für einen besseren Zugang zu hochwertigen Lernangeboten und für deren stärkere Nutzung sorgen, und zwar durch die Umsetzung von Weiterbildungspfaden, die eine Bewertung der Kompetenzen, den Chancen am Arbeitsmarkt entsprechende Bildungs- bzw. Berufsbildungsangebote und die Validierung und Anerkennung erworbener Kompetenzen umfassen.

Die Mitgliedstaaten sollten Arbeitslosen und Nichterwerbstätigen effiziente, frühzeitige, koordinierte und bedarfsgerechte Hilfsangebote unterbreiten, die auf Unterstützung bei der Arbeitssuche, Fortbildung und Umschulung und dem Zugang zu anderen Unterstützungsdiensten basieren, und dabei ein besonderes Augenmerk auf schutzbedürftige Gruppen und jene Menschen richten, die vom ökologischen und digitalen Wandel und der COVID-19-Krise in besonderem Maße betroffen sind. Um Langzeitarbeitslosigkeit und strukturelle Arbeitslosigkeit deutlich zu verringern und ihr vorzubeugen, sollten möglichst bald, spätestens nach 18 Monaten Arbeitslosigkeit, umfassende Strategien verfolgt werden, die eine eingehende individuelle Bewertung der Arbeitslosen umfassen. Auf Jugendarbeitslosigkeit und das Phänomen der jungen Menschen, die weder arbeiten noch eine Schule besuchen oder eine Ausbildung absolvieren (NEET), sollte weiterhin mit Maßnahmen zur Verhinderung eines vorzeitigen Schulabgangs und strukturellen Verbesserungen beim Übergang von der Schule ins Berufsleben reagiert werden; dazu gehört auch die uneingeschränkte Umsetzung der Jugendgarantie.

Die Mitgliedstaaten sollten sich um den Abbau von Hindernissen und Negativanreizen und die Schaffung von Anreizen für die Erwerbsbeteiligung vor allem von Geringverdienern, Zweitverdienern sowie denjenigen bemühen, die dem Arbeitsmarkt am fernsten sind. Sie sollten die Bereitstellung eines an die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen angepassten Arbeitsumfelds fördern, unter anderem durch gezielte finanzielle Unterstützung und durch Dienstleistungen, die Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft ermöglichen.

Das geschlechtsspezifische Beschäftigungs- und Lohngefälle sollte angegangen werden. Die Mitgliedstaaten sollten die Gleichstellung der Geschlechter und eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen sicherstellen, indem sie unter anderem für Chancengleichheit und für gleiche Möglichkeiten bei der Laufbahnentwicklung sorgen und Hindernisse für die Übernahme von Führungsrollen auf allen Ebenen der Entscheidungsfindung beseitigen. Gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit und Lohntransparenz sollten sichergestellt werden. Die Vereinbarkeit von Berufs-, Privat- und Familienleben sowohl für Frauen auch als für Männer sollte insbesondere durch den Zugang zu erschwinglicher, hochwertiger Langzeitpflege und zu erschwinglichen, hochwertigen Diensten für frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung gefördert werden. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass Eltern und Menschen mit Betreuungs- oder Pflegepflichten im Hinblick auf eine bessere Vereinbarkeit von Arbeits-, Privat- und Familienleben Zugang zu angemessenem Urlaub aus familiären Gründen und zu flexiblen Arbeitszeitregelungen haben, und sie sollten eine ausgewogene Inanspruchnahme dieser Ansprüche durch Frauen und Männer fördern.

Leitlinie 7: Verbesserung der Funktionsweise der Arbeitsmärkte und der Wirksamkeit des sozialen Dialogs

Um Nutzen aus dynamischen und produktiven Arbeitskräften sowie neuen Arbeits- und Geschäftsmodellen zu ziehen, sollten die Mitgliedstaaten gemeinsam mit den Sozialpartnern auf faire, transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen hinwirken und dabei auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Rechten und Pflichten achten. Sie sollten die Segmentierung der Arbeitsmärkte verringern und ihr präventiv entgegenwirken, nicht angemeldete Erwerbstätigkeit und Scheinselbstständigkeit bekämpfen und den Übergang in unbefristete Beschäftigungsformen fördern. Durch die Vorschriften für den Beschäftigungsschutz, das Arbeitsrecht und die einschlägigen Einrichtungen sollte ein Umfeld geschaffen werden, das sowohl die Rekrutierung von Arbeitskräften begünstigt als auch gewährleistet, dass die Arbeitgeber über die notwendige Flexibilität verfügen, um sich schnell an sich verändernde wirtschaftliche Rahmenbedingungen anpassen zu können, während gleichzeitig die Arbeitnehmerrechte geschützt sind und für Sozialschutz, ein angemessenes Sicherheitsniveau und gesunde, sichere und geeignete Arbeitsumfelder für die Arbeitnehmer gesorgt ist, und zwar auch im Hinblick auf die mit der COVID-19-Krise verbundenen Risiken. Die Förderung flexibler Arbeitsregelungen wie Telearbeit ist vor dem Hintergrund der COVID-19-Krise wichtig, damit Arbeitsplätze erhalten bleiben und die Produktion aufrechterhalten werden kann. Beschäftigungsverhältnisse, die zu prekären Arbeitsbedingungen führen, sollten, auch bei Plattformarbeitern und durch Maßnahmen gegen den Missbrauch atypischer Verträge, unterbunden werden. In Fällen einer ungerechtfertigten Entlassung sollte ein Zugang zu wirkungsvoller, unparteiischer Streitbeilegung und ein Anspruch auf Rechtsbehelfe einschließlich einer angemessenen Entschädigung gewährleistet werden.

Die politischen Maßnahmen sollten auch in strukturschwachen Regionen darauf abzielen, die Erwerbsbeteiligung, die Abstimmung von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt sowie Arbeitsmarktübergänge zu verbessern und zu unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten diejenigen, die am Arbeitsmarkt teilhaben können, aktivieren und unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten die Wirksamkeit der aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen verstärken, indem sie diese in Bezug auf Ausrichtung, Reichweite und Umfang verbessern und enger mit Sozialleistungen und Einkommensbeihilfen für Arbeitslose während der Arbeitssuche verknüpfen, und zwar auf der Grundlage der Rechte und Pflichten Arbeitsloser. Die Mitgliedstaaten sollten sich bemühen, die Wirksamkeit und die Effizienz der öffentlichen Arbeitsverwaltungen zu steigern, indem sie Arbeitssuchenden frühzeitig maßgeschneiderte Hilfsangebote bereitstellen, den aktuellen und künftigen Bedarf am Arbeitsmarkt unterstützen und leistungsorientiertes Management umsetzen.

Die Mitgliedstaaten sollten Arbeitslosen entsprechend ihren Beiträgen und den nationalen Bestimmungen zur Anspruchsberechtigung über einen angemessenen Zeitraum angemessene Leistungen gewähren. Während eine vorübergehende Lockerung der Anspruchsvoraussetzungen und eine Verlängerung der Leistungsdauer in Erwägung gezogen werden sollten, um die Auswirkungen von COVID-19 abzufedern, sollten die Leistungen für Arbeitslose nicht von einer unverzüglichen Rückkehr ins Erwerbsleben abhalten, und sie sollten von aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen flankiert werden.

Die Mobilität von Lernenden und Arbeitskräften sollte angemessen unterstützt werden, um Kompetenzen und Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern und das Potenzial des europäischen Arbeitsmarkts voll auszuschöpfen; gleichzeitig sollten auch für alle, die eine grenzüberschreitende Tätigkeit ausüben, faire Bedingungen gewährleistet werden, und in Bezug auf mobile Arbeitskräfte, die von der neu eingerichteten Europäischen Arbeitsbehörde unterstützt werden, sollte die Verwaltungszusammenarbeit zwischen den nationalen Verwaltungen intensiviert werden. Die Mobilität von Arbeitskräften, die systemrelevante Funktionen wahrnehmen, sowie von grenzüberschreitend erwerbstätigen Personen, Saisonarbeitskräften und entsandten Arbeitnehmern sollte in Abhängigkeit von Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit unterstützt werden, wenn Grenzen aufgrund der COVID-19-Pandemie vorübergehend geschlossen werden. Hindernisse für die Mobilität in der allgemeinen und beruflichen Bildung, für die Übertragung von betrieblichen und privaten Altersversorgungsansprüchen und für die Anerkennung von Qualifikationen sollten beseitigt werden, und die Anerkennung von Qualifikationen sollte erleichtert werden. Die Mitgliedstaaten sollten Maßnahmen ergreifen, um zu verhindern, dass Verwaltungsverfahren die Aufnahme einer Beschäftigung durch Arbeitskräfte aus anderen Mitgliedstaaten unnötig erschweren, einschließlich für grenzüberschreitend erwerbstätige Personen. Ferner sollten die Mitgliedstaaten einen Missbrauch der geltenden Regeln verhindern und den zugrunde liegenden Ursachen einer Abwanderung hoch qualifizierter Kräfte aus bestimmten Regionen entgegenwirken, unter anderem durch geeignete regionale Entwicklungsmaßnahmen.

Um einen effektiveren sozialen Dialog zu erreichen und die sozioökonomischen Ergebnisse zu verbessern, sollten die Mitgliedstaaten entsprechend den einzelstaatlichen Gepflogenheiten dafür sorgen, dass die Sozialpartner rechtzeitig und sinnvoll in die Gestaltung und Umsetzung von beschäftigungs-, sozial- und gegebenenfalls auch wirtschaftspolitischen Reformen und Maßnahmen eingebunden werden, auch indem sie den Ausbau der Kapazitäten der Sozialpartner unterstützen. Die Mitgliedstaaten sollten den sozialen Dialog und Kollektivverhandlungen fördern. Die Sozialpartner sollten darin bestärkt werden, Kollektivverträge über sie betreffende Fragen auszuhandeln und zu schließen, und zwar unter uneingeschränkter Wahrung ihrer Autonomie und des Rechts auf Kollektivmaßnahmen.

Gegebenenfalls sollten die Mitgliedstaaten entsprechend den einzelstaatlichen Gepflogenheiten die Erfahrungen der einschlägigen Organisationen der Zivilgesellschaft in beschäftigungs- oder sozialpolitischen Fragen berücksichtigen.

Leitlinie 8: Verbesserung der Chancengleichheit für alle, Förderung der sozialen Inklusion und Bekämpfung der Armut

Die Mitgliedstaaten sollten durch die Einführung wirksamer Maßnahmen zur Bekämpfung aller Formen der Diskriminierung und zur Förderung der Chancengleichheit aller, insbesondere von auf dem Arbeitsmarkt unterrepräsentierten Gruppen, inklusive Arbeitsmärkte unterstützen, die allen Menschen offenstehen; dabei ist der regionalen und territorialen Dimension gebührend Rechnung zu tragen. Sie sollten im Hinblick auf Beschäftigung, sozialen Schutz, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege, Bildung und Zugang zu Waren und Dienstleistungen für Gleichbehandlung sorgen, und zwar unabhängig von Geschlecht, Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung.

Die Mitgliedstaaten sollten die Sozialschutzsysteme modernisieren, um einen angemessenen, wirksamen, effizienten und nachhaltigen sozialen Schutz aller in allen Lebensphasen zu gewährleisten, und dabei die soziale Inklusion und den sozialen Aufstieg fördern, Anreize für die Teilhabe am Arbeitsmarkt schaffen, soziale Investitionen unterstützen, Armut bekämpfen und Ungleichheiten beseitigen, auch durch die Gestaltung ihrer Steuer- und Sozialleistungssysteme und Bewertung der Verteilungswirkung politischer Maßnahmen. Wenn allgemeine Ansätze durch selektive Ansätze ergänzt werden, steigert dies die Wirksamkeit der Sozialschutzsysteme. Die Modernisierung der Sozialschutzsysteme sollte auch zum Ziel haben, dass diese Systeme einer Vielfalt von Herausforderungen, beispielsweise den Problemen infolge des COVID-19-Ausbruchs, besser gewachsen sind.

Die Mitgliedstaaten sollten die drei Pfeiler der aktiven Inklusion integrieren und weiterentwickeln: angemessene Einkommensunterstützung, inklusive Arbeitsmärkte und Zugang zu hochwertigen, auf den individuellen Bedarf abgestimmten Unterstützungsdiensten. Die Sozialschutzsysteme sollten gewährleisten, dass jede Person, die nicht über ausreichende Mittel verfügt, angemessene Mindesteinkommensleistungen erhält, und sie sollten die soziale Inklusion fördern, indem sie die Menschen zu einer aktiven Teilhabe am Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft ermutigen, unter anderem durch Bereitstellung gezielter Sozialleistungen.

Die Verfügbarkeit bezahlbarer, zugänglicher und hochwertiger Dienstleistungen, beispielsweise frühkindliche Betreuung, Bildung und Erziehung, außerschulische Betreuung, allgemeine Bildung, Berufsbildung, Wohnraum sowie Gesundheitsdienste und Langzeitpflege, ist notwendig für die Gewährleistung von Chancengleichheit. Auch im Hinblick auf die Auswirkungen der COVID-19-Krise sollte ein besonderes Augenmerk auf die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung, einschließlich der Armut trotz Erwerbstätigkeit und der Kinderarmut, gerichtet werden. Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass alle Menschen — auch Kinder — Zugang zu essenziellen Dienstleistungen haben. Bei Personen, die hilfsbedürftig sind oder sich in einer prekären Lage befinden, sollten sie dafür sorgen, dass Zugang zu angemessenen Sozialwohnungen oder zu angemessener Unterstützung bei der Wohnraumbeschaffung besteht, und Energiearmut entgegenwirken. Die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, unter anderem im Hinblick auf Barrierefreiheit, sollten im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen berücksichtigt werden. Zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit sollten spezifische Maßnahmen ergriffen werden. Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Menschen rechtzeitig Zugang zu einer hochwertigen und bezahlbaren Gesundheitsvorsorge, Heilbehandlung und Langzeitpflege erhalten, und zugleich die langfristige Tragfähigkeit der entsprechenden Systeme sicherstellen.

Vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung und des demografischen Wandels sollten die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Rentensysteme für Arbeitnehmer und Selbstständige nachhaltig und angemessen sind; dabei sollten sie für Chancengleichheit für Frauen und Männer beim Erwerb von Ruhegehaltsansprüchen, auch durch Zusatzsysteme, sorgen, sodass für ein angemessenes Einkommen im Alter gesorgt ist. Rentenreformen sollten durch Maßnahmen zur Verringerung des geschlechtsbedingten Rentengefälles und zur Verlängerung des Erwerbslebens, wie beispielsweise die Heraufsetzung des tatsächlichen Renteneintrittsalters, unterstützt und von Strategien für aktives Altern flankiert werden. Die Mitgliedstaaten sollten einen konstruktiven Dialog mit den Sozialpartnern und anderen relevanten Interessenträgern aufnehmen und bei der Einführung von Reformen angemessene Übergangsphasen vorsehen.