31.8.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 282/19


BESCHLUSS (EU) 2020/1236 DER KOMMISSION

vom 25. August 2020

zur Ermächtigung der Niederlande, bestimmte in den Artikeln 2 und 3 der Verordnung (EU) 2020/698 des Europäischen Parlaments und des Rates genannte Zeiträume zu verlängern

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2020) 5745)

(Nur der englische Text ist verbindlich)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2020/698 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 2020 zur Festlegung besonderer und vorübergehender Maßnahmen im Hinblick auf den COVID-19-Ausbruch hinsichtlich der Erneuerung oder Verlängerung bestimmter Bescheinigungen, Lizenzen und Genehmigungen und der Verschiebung bestimmter regelmäßiger Kontrollen und Weiterbildungen in bestimmten Bereichen des Verkehrsrechts (1), insbesondere auf Artikel 2 Absatz 6 und Artikel 3 Absatz 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Mit Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/698 werden die Fristen für den Abschluss einer Weiterbildung durch den Inhaber eines Befähigungsnachweises verlängert, die andernfalls zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. August 2020 abgelaufen wären oder andernfalls ablaufen würden. Nach Artikel 2 Absatz 2 jener Verordnung wird die Gültigkeitsdauer des entsprechenden Vermerks des harmonisierten Codes „95“ der Union verlängert.

(2)

Nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/698 wird die Gültigkeitsdauer von Führerscheinen, die andernfalls zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. August 2020 abgelaufen wären oder ablaufen würden, verlängert.

(3)

Mit Schreiben vom 1. Juli 2020 stellten die Niederlande einen begründeten Antrag auf Ermächtigung zur Verlängerung bestimmter in den Artikeln 2 und 3 der Verordnung (EU) 2020/698 genannter Zeiträume. Mit Schreiben vom 29. Juli 2020 übermittelten die Niederlande eine überarbeitete Fassung ihres begründeten Antrags. Mit diesem überarbeiteten Antrag ersuchen sie erstens um eine Ermächtigung zur Verlängerung des in Artikel 2 Absatz 1 und in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/698 genannten Zeitraums zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. August 2020 um drei Monate für die in Artikel 2 Absätze 1 und 2 genannten Zwecke. Zweitens beantragen die Niederlande eine Ermächtigung zur Verlängerung der in Artikel 2 Absätze 1 und 2 sowie in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/698 genannten 7-Monats-Zeiträume um zwei Monate. Die Niederlande haben am 30. Juli 2020 zusätzliche Informationen zur Untermauerung ihres Antrags vorgelegt.

(4)

Den von den Niederlanden übermittelten Informationen zufolge dürften der Abschluss von Weiterbildungen, der Eintrag des Vermerks mit dem harmonisierten Code „95“ der Union und die Erneuerung der Führerscheine in den Niederlanden aufgrund der zur Verhinderung bzw. Eindämmung von COVID-19 ergriffenen Maßnahmen über den 31. August 2020 hinaus undurchführbar bleiben.

(5)

Insbesondere haben die Niederlande vorübergehend alle Weiterbildungen gemäß der Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (2) ausgesetzt. Dies führte zur Annullierung von etwa 30 000 Kursen, die unter normalen Umständen angeboten worden wären. Infolgedessen konnten etwa 2 400 Berufskraftfahrer ihren Befähigungsnachweis nicht rechtzeitig erneuern.

(6)

Mittlerweile werden wieder Weiterbildungskurse angeboten und neben den bereits von Mai 2020 bis Ende 2020 geplanten regulären Schulungen sind zusätzliche Kurse geplant. Die zur Eindämmung von COVID-19 erforderlichen Maßnahmen führen jedoch nach wie vor zu Einschränkungen in diesem Bereich. Die Ausbildungseinrichtungen müssen die einschlägigen Anforderungen des Nationalen Instituts für öffentliche Gesundheit und Umwelt (3) erfüllen‚ z. B. indem sie dafür sorgen, dass die Abstandsvorgaben von mindestens 1,5 Metern möglichst eingehalten werden können.

(7)

Besonders problematisch ist die Situation bei der Weiterbildung von Busfahrern. Nach den von den Niederlanden vorgelegten Informationen erhielten viele Fahrer, die am 10. September 2008 die Tätigkeit eines Fahrers von Fahrzeugen zur Personenbeförderung ausübten, als erworbenes Recht nach Artikel 4 der Richtlinie 2003/59/EG einen Befähigungsnachweis. Nach Artikel 4, Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie 2003/59/EG verloren viele der so gewährten Befähigungsnachweise in der ersten Septemberhälfte 2015 praktisch ihre Gültigkeit, da die Niederlande von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hatten, den in Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 2003/59/EG genannten Zeitraum auf bis zu sieben Jahre zu verlängern. Fahrer mit einem Führerschein der Klasse D1, D1 + E, D oder D + E, die ihre Befähigungsnachweise kurz vor deren Ablauf im Jahr 2015 erneuert hatten, müssen jedoch ihre Befähigungsnachweise erneut verlängern, bevor sie am 10. September 2020 ablaufen. In dieser Situation befindet sich die überwiegende Mehrheit der Busfahrer in den Niederlanden. Es ist ungewiss, ob die Kapazitäten der Ausbildungseinrichtungen ausreichen, allen einen rechtzeitigen Abschluss ihrer Weiterbildung zu ermöglichen. Angesichts der Wiederaufnahme des öffentlichen Verkehrs nach dem üblichen Fahrplan steht den Fahrern zudem weniger Zeit für die Teilnahme an den Kursen zur Verfügung.

(8)

In Bezug auf die nach der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (4) ausgestellten Führerscheine verweisen die Niederlande auf die vorübergehenden Beschränkungen für die Ausübung von Berufen mit körperlichem Kontakt. Diese Einschränkungen hatten Auswirkungen auf die ärztlichen Untersuchungen, die erforderlich sind, um die körperliche und geistige Eignung einer Person zum Führen des Fahrzeugs festzustellen („ärztliche Untersuchungen“). So ist die durchschnittliche Anzahl der der nationalen Genehmigungsbehörde (CBR (5)) wöchentlich vorgelegten medizinischen Berichte über solche Untersuchungen erheblich zurückgegangen. Aufgrund der zur Vermeidung bzw. Eindämmung der Ausbreitung von COVID-19 in den Niederlanden ergriffenen Maßnahmen wurden 28 000 medizinische Untersuchungen verschoben und müssen noch durchgeführt werden — zusätzlich zu den Untersuchungen, die jetzt und in naher Zukunft für die Ausstellung der in Kürze ablaufenden Führerscheine durchgeführt werden müssen.

(9)

In den Niederlanden führen etwa 25 000 Ärzte ärztliche Untersuchungen durch. Wieviel Zeit für die Durchführung der 28 000 ärztlichen Untersuchungen, die verschoben wurden, benötigt wird, hängt in hohem Maße davon ab, in welchem Umfang und mit welchem Tempo die Ärzte diese Tätigkeiten wieder aufnehmen können. Für viele Ärzte in den Niederlanden ist die Durchführung ärztlicher Untersuchungen zur Erneuerung des Führerscheins nur eine ihrer zahlreichen Aufgaben. Aufgrund der durch den Umgang mit der COVID-19-Pandemie bedingten zusätzlichen Arbeitsbelastung konnten Ärzte nicht so viele ärztliche Untersuchungen wie üblich durchführen.

(10)

Nach den von den Niederlanden vorgelegten Informationen ist unklar, in welchem Umfang und in welchem Tempo die Ärzte die notwendigen Tätigkeiten wieder aufnehmen können. Es ist zwar davon auszugehen, dass die medizinischen Kapazitäten wieder schrittweise ausgeweitet werden, doch steigt auch die Nachfrage nach ärztlichen Untersuchungen, die infolge der Kontaktsperren zurückgestellt worden waren. Daher dürfte auch nach einer Normalisierung der Anzahl der medizinischen Untersuchungen auf Vor-COVID-19-Niveau sich der Rückstau bei den Untersuchungen nicht vor Mai 2021 aufgelöst haben.

(11)

Nach Ansicht der Niederlande lässt sich nicht genau vorhersagen, wie viele Personen ihre Führerscheine, die zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. August 2020 abgelaufenen sind oder ablaufen werden, nicht verlängern können. Dies hängt in hohem Maße von der Verfügbarkeit von Ärzten ab, die teilweise auf regionaler Ebene festgelegt wird. Auf jeden Fall ist es unvermeidlich, dass einige der Personen, die eine Verlängerung ihres Führerscheins beantragen, aufgrund von Wartelisten im Gesundheitssystem Verzögerungen hinnehmen müssen, insbesondere die etwa 15 % der Personen, die mehrere Ärzte konsultieren müssen. Die durchschnittliche Dauer für die Erneuerung eines Führerscheins für Personen, die eine ärztliche Untersuchung zum Nachweis ihrer Fahrtauglichkeit benötigen, beträgt 125 Tage, wenn ein Arzt konsultiert wird, und 179 Tage, wenn mehrere Ärzte konsultiert werden.

(12)

Auf der Grundlage der vom CBR vorgelegten Daten geht das Ministerium für Infrastruktur und Wasserwirtschaft (6) davon aus, dass sich der Rückstau bei den ärztlichen Untersuchungen am 1. Dezember 2020 auf etwa 20 000 belaufen wird. Unter der Annahme, dass es noch bis zum ersten Quartal 2021 dauern wird, bis sich die medizinischen Kapazitäten wieder normalisieren werden, dürften Fahrer, deren Führerscheine am 1. Dezember 2020 auslaufen, sich weiterhin mit dem Rückstau konfrontiert sehen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die beantragte Verlängerung sowohl des Zeitraums zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. August 2020 als auch der Fristen für die Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Führerscheine, die andernfalls ablaufen oder abgelaufen wären, ausreichen wird, um sicherzustellen, dass alle Betroffenen die geltenden Anforderungen erfüllen können.

(13)

Die Niederlande sollten daher ermächtigt werden, den Zeitraum zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. August 2020 sowie die in Artikel 2 Absatz 1 und in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/698 genannten 7-Monats-Zeiträume zu verlängern.

(14)

Die Niederlande haben zugestimmt, dass dieser Beschluss in englischer Sprache angenommen und notifiziert wird —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Niederlande werden ermächtigt, die in Artikel 2 Absätze 1 und 2 sowie in Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/698 genannten Zeiträume wie folgt zu verlängern:

a)

den in Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2020/698 genannten Zeitraum zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. August 2020 für die Zwecke von Artikel 2 Absätze 1 und 2 jener Verordnung um drei Monate;

b)

die in Artikel 2 Absätze 1 und 2 jener Verordnung genannten 7-Monats-Zeiträume um zwei Monate;

c)

den in Artikel 3 Absatz 1 jener Verordnung genannten Zeitraum zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 31. August 2020 um drei Monate;

d)

den in Artikel 3 Absatz 1 jener Verordnung genannten 7-Monats-Zeitraum um zwei Monate.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an das Königreich der Niederlande gerichtet.

Brüssel, den 25. August 2020

Für die Kommission

Adina-Ioana VĂLEAN

Mitglied der Kommission


(1)  ABl. L 165 vom 27.5.2020, S. 10.

(2)  Richtlinie 2003/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2003 über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates und der Richtlinie 91/439/EWG des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 76/914/EWG des Rates (ABl. L 226 vom 10.9.2003, S. 4).

(3)  Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu (RIVM).

(4)  Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über den Führerschein (ABl. L 403 vom 30.12.2006, S. 18).

(5)  Centraal Bureau Rijvaardigheidsbewijzen.

(6)  Ministerie van Infrastructuur en Waterstaat.