9.2.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 34/36


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2017/224 DER KOMMISSION

vom 8. Februar 2017

zur Festlegung der technischen und operativen Spezifikationen, durch die es ermöglicht wird, dass der kommerzielle, von dem System, das im Rahmen des Programms Galileo errichtet wurde, erbrachte Dienst die in Artikel 2 Absatz 4 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates genannte Aufgabe erfüllen kann

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2013 betreffend den Aufbau und den Betrieb der europäischen Satellitennavigationssysteme und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 876/2002 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 683/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates (1), insbesondere auf Artikel 12 Absatz 3 Buchstabe d,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Nach Artikel 2 der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 soll der kommerzielle Dienst, der von dem im Rahmen des Programms Galileo errichteten System erbracht wird, die Entwicklung von Anwendungen für professionelle oder kommerzielle Zwecke aufgrund besserer Leistungen und Daten mit höherem Mehrwert als im offenen Dienst ermöglichen.

(2)

Der kommerzielle Dienst stellt insofern eines der Kernelemente des im Rahmen des Programms Galileo errichteten Systems dar, als einerseits die anderen globalen Satellitennavigationssysteme (GNSS) keinen derartigen Dienst umfassen und andererseits damit Einnahmen im Sinne des Artikels 10 der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 erzielt werden sollten. Der Zugang zu diesem Dienst sollte gebührenpflichtig sein. Die Gestaltung der Preise für den Zugang zum kommerziellen Dienst ist nicht Gegenstand dieses Beschlusses und sollte zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt werden.

(3)

Für die Erbringung des kommerziellen Dienstes sollten Aufträge an einen oder mehrere Dienstleister vergeben werden.

(4)

Es ist angezeigt, die technischen und operativen Spezifikationen des kommerziellen Dienstes jetzt festzulegen, da nach deren Festlegung noch mehrere Jahre bis zur tatsächlichen Erbringung des Dienstes erforderlich sein werden. In den vergangenen Jahren wurden verschiedene Studien, Versuche und Konsultationen der Interessenträger zur Ausarbeitung der Spezifikationen durchgeführt. Dies ist auch das Ergebnis eines Kompromisses zwischen dem Erfordernis, einerseits den Nutzern einen echten Mehrwert zu bieten, und andererseits der Absicht, die am System vorzunehmenden, einen Risikofaktor darstellenden Änderungen zu minimieren und den mit der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 aufgestellten Zeitplan einzuhalten.

(5)

Damit beruflichen und gewerblichen Zwecken dienende Anwendungen tatsächlich entwickelt werden können, ist es daher von entscheidender Bedeutung und zudem technisch machbar, dass der kommerzielle Dienst zwei wichtige Verbesserungen gegenüber dem offenen Dienst aufweist: einen höheren Präzisionsgrad bei der Positionsbestimmung und eine bessere Authentifizierungsfunktion. Zudem ist es von wesentlicher Bedeutung, dass diese beiden Verbesserungen den Nutzern unabhängig voneinander zur Verfügung gestellt werden, sodass den unterschiedlichen Erfordernissen der verschiedenen Nutzergruppen des kommerziellen Dienstes bestmöglich Rechnung getragen wird.

(6)

Durch einen hohen Präzisionsgrad bei der Positionsbestimmung dürften sich die Anwendungen der Satellitennavigationstechnologie deutlich erweitern. Zu diesem Zweck muss die Qualität der Daten, die von dem im Rahmen des Programms Galileo errichteten System bereitgestellt werden, soweit verbessert werden, dass der Fehler bei der Positionsbestimmung auf unter einen Dezimeter bei Verwendung unter Nennbedingungen verringert wird. Zur Erreichung dieses Zieles könnten auch die Signale anderer globaler Satellitennavigationssysteme wie das Global Positioning System (GPS) der Vereinigten Staaten durchaus beitragen.

(7)

Die Authentifizierungsfunktion sollte den Sicherheitsgrad erhöhen und vor allem die Fälschungs- und Betrugsrisiken beseitigen. Dazu müssen in die Satellitensignale zusätzliche Elemente aufgenommen werden, damit für die Nutzer gewährleistet ist, dass die Informationen, die sie empfangen, von dem im Rahmen des Programms Galileo errichteten System stammen und nicht aus einer unbekannten Quelle. Die Authentifizierungsfunktion des kommerziellen Dienstes würde somit zum einen aus der Funktion zur Authentifizierung der mit der Positionsbestimmung zusammenhängenden Daten bestehen, die in den Signalen des unentgeltlichen offenen Dienstes enthalten sein wird, und sie würde zum anderen für einen besseren Schutz zusätzlich eine gesonderte Identifizierung der Signale umfassen, die über das Auslesen ebenfalls in den Signalen enthaltener verschlüsselter und kostenpflichtig zugänglicher Codes erreicht wird.

(8)

Vor Beginn der operativen Entwicklung des kommerziellen Dienstes sollte eine umfassende Risikoanalyse durchgeführt werden. Diese Analyse sollte noch vor dem für den 1. Juni 2017 geplanten positiven Abschluss der GNSS Service Centre delta Critical Design Review vorgenommen werden.

(9)

Der kommerzielle Dienst sollte gegenüber dem offenen Dienst einen Mehrwert bieten, damit er die Entwicklung beruflichen und gewerblichen Zwecken dienender Anwendungen erlaubt, dadurch der größtmöglichen Anzahl von Nutzern zur Verfügung steht und eine kommerzielle Verschlüsselung umfasst. Die Verwendung von EU-Verschlusssachen (EU-VS) durch den Erbringer des kommerziellen Dienstes oder den Endnutzer ist dabei weder für den offenen Dienst noch für den kommerziellen Dienst vorgesehen. Sollte eine derartige Verwendung jedoch erforderlich werden, müsste darüber nach Maßgabe der in Artikel 17 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 genannten Sicherheitsvorschriften und insbesondere anhand einer Analyse der Sicherheitsrisiken sowie unter voller Berücksichtigung der Stellungnahmen der Experten aus den Mitgliedstaaten entschieden werden. Auch eine Kosten-Nutzen-Analyse sollte in diese Entscheidung einfließen.

(10)

Die Spezifikationen, die Gegenstand dieses Beschlusses sind, entsprechen den international festgelegten Vorschriften für Satellitennavigation, insbesondere den von der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) ausgearbeiteten Normen, sowie dem am 26. Juni 2004 zwischen der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten einerseits und den Vereinigten Staaten von Amerika andererseits geschlossenen Abkommen über die Förderung, Bereitstellung und Nutzung der Satellitennavigationssysteme Galileo und GPS und der mit ihnen verbundenen Anwendungen.

(11)

Es ist daher angezeigt, die technischen und operativen Spezifikationen festzulegen, damit der kommerzielle, von dem System, das im Rahmen des Programms Galileo errichtet wurde, erbrachte Dienst, die in Artikel 2 Absatz 4 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 genannte Aufgabe erfüllen kann, wobei der Beschluss 2014/496/GASP des Rates (2) im Übrigen uneingeschränkt anwendbar bleibt.

(12)

Die Maßnahmen dieses Beschlusses stehen im Einklang mit der Stellungnahme des gemäß Artikel 36 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 eingesetzten Ausschusses —

BESCHLIESST:

Artikel 1

Die technischen und operativen Spezifikationen, durch die es ermöglicht wird, dass der kommerzielle, von dem System, das im Rahmen dem Programms Galileo errichtet wurde, erbrachte Dienst die in Artikel 2 Absatz 4 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates genannte Aufgabe erfüllen kann, werden im Anhang festgelegt.

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Brüssel, den 8. Februar 2017

Für die Kommission

Der Präsident

Jean-Claude JUNCKER


(1)  ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 1.

(2)  Beschluss 2014/496/GASP des Rates vom 22. Juli 2014 betreffend die Gesichtspunkte der Einführung, des Betriebs und der Nutzung des europäischen Globalen Satellitennavigationssystems, die die Sicherheit der Europäischen Union berühren, und zur Aufhebung der Gemeinsamen Aktion 2004/552/GASP (ABl. L 219 vom 25.7.2014, S. 53).


ANHANG

Technische und operative Spezifikationen, durch die es ermöglicht wird, dass der kommerzielle, von dem System, das im Rahmen des Programms Galileo errichtet wurde, erbrachte Dienst die in Artikel 2 Absatz 4 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates genannte Aufgabe erfüllen kann

Der kommerzielle Dienst (im Folgenden „KD“) umfasst zwei bedeutende Verbesserungen gegenüber dem offenen Dienst (im Folgenden „OD“): eine höhere Präzision der Positionsbestimmung (im Folgenden „KD-Hochpräzision“) und eine bessere Authentifizierungsfunktion (im Folgenden „KD-Authentifizierung“), die den Nutzern unabhängig voneinander zur Verfügung gestellt werden können. Die entsprechenden technischen und operativen Spezifikationen sind der folgenden Tabelle zu entnehmen.

 

KD-Hochpräzision

KD-Authentifizierung

Dem OD und KD gemeinsame Spezifikationen: Authentifizierung der Positionsbestimmungsinformationen

Dem KD vorbehaltene Spezifikationen: Authentifizierung durch verschlüsselte Codes

Allgemeine Spezifikationen

Bereitstellung von Hochpräzisionsdaten, sodass der Fehler bei der Positionsbestimmung auf unter einen Dezimeter bei Verwendung unter Nennbedingungen verringert wird

Bereitstellung in den Signalen enthaltener Authentifzierungsdaten für die Positionsbestimmungsinformationen des OD

Signalauthentifizierung durch Zugang zu in den Signalen enthaltenen, verschlüsselten Codes

Verwendete Signalkomponenten

E6, Komponente E6-B für die Bereitstellung der Hochpräzisionsdaten

E1, Komponente E1-B für die Daten zur Authentifizierung der Positionsbestimmungsinformationen

E6, Komponente E6-B für die Daten zum Zugang zu den verschlüsselten Codes und Komponente E6-C (Pilot)

Spezifikationen des Nutzersegments

Hochpräzise Positionsbestimmung durch Präzisionspositionsbestimmungsalgorithmen, die in den Empfänger integriert sind und mit den in den Signalen übertragenen Daten arbeiten

Verifizierung der Datenauthentizität durch ein in den Signalen übertragenes, asymmetrisches Verschlüsselungsprotokoll und einen öffentlichen kryptografischen Schlüssel

Verifizierung der Signalauthentizität durch Entschlüsselung der mit einem privaten Schlüssel verschlüsselten Signalcodes

Geografische Abdeckung

weltweit

weltweit

weltweit

Systemarchitektur

Hochpräzisionsdaten werden von einem oder mehreren Dienstleistern bereitgestellt, den Nutzern über das GNSS-Dienstezentrum (GSC), das Bodensegment und die mit dem Bodensegment verbundenen Satelliten übermittelt

Authentifizierungsdaten werden in die freien Kapazitäten des EDBS-Felds der Signalkomponente E1-B eingespeist und von den mit dem Bodensegment verbundenen Satelliten verbreitet

Verschlüsselung der E6-Signalcodes durch die Galileo-Satelliten, Übertragung der vom Bodensegment generierten privaten Schlüssel über das GNSS-Dienstezentrum (GSC) an einen oder mehrere Dienstleister und

Übertragung der OTAR-Informationen in der E6-B-Signalkomponente

Erbringung der Dienste

Hochpräzisionsdaten werden von einem oder mehreren Dienstleistern bereitgestellt

Authentifizierungsdaten werden von dem im Rahmen des Programms Galileo errichteten System bereitgestellt

Verschlüsselte Signale werden von dem für den Systembetrieb Verantwortlichen bereitgestellt

Zugang zum Dienst

kostenpflichtiger Zugang je nach aktueller Preisgestaltung

von einem oder mehreren Dienstleistern kontrolliert

kostenpflichtiger Zugang zu Verschlüsselungscodes je nach aktueller Preisgestaltung

Zugang zu Verschlüsselungscodes von einem oder mehreren Dienstleistern mit Unterstützung des für den Systembetrieb Verantwortlichen kontrolliert

Einführung des Dienstes

Test- und Validierungsphase soll 2018 enden

Startphase des Betriebs des kommerziellen Dienstes zwischen 2018 und 2020

Phase des Vollbetriebs des kommerziellen Dienstes ab 2020

Test- und Validierungsphase soll 2018 enden

Startphase der Signalbereitstellung zwischen 2018 und 2020

Phase der vollen Erbringung des Dienstes ab 2020

Test- und Validierungsphase soll spätestens 2020 enden

Phase des kommerziellen Betriebs beginnt anschließend

Verwendung von EU-Verschlusssachen

keine Verwendung von EU-VS durch Erbringer des kommerziellen Dienstes oder Endnutzer; sollte dies allerdings notwendig werden, wird darüber gemäß den Sicherheitsvorschriften in Artikel 17 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 entschieden

keine Verwendung von EU-VS durch Erbringer des kommerziellen Dienstes oder Endnutzer; sollte dies allerdings notwendig werden, wird darüber gemäß den Sicherheitsvorschriften in Artikel 17 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 entschieden

keine Verwendung von EU-VS durch Erbringer des kommerziellen Dienstes oder Endnutzer; sollte dies allerdings notwendig werden, wird darüber gemäß den Sicherheitsvorschriften in Artikel 17 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 1285/2013 entschieden

Weitere Spezifikationen

Hochpräzisionsdaten werden für die Galileo- und ggf. für die Satelliten anderer Konstellationen bereitgestellt.

Die Übertragung der Authentifizierungsdaten darf mit keiner Verschlechterung des offenen Dienstes einhergehen.

Die Authentifizierungsdaten müssen für die Galileo- und ggf. für die Satelliten anderer Konstellationen bereitgestellt werden.

Die Nutzer des OD tragen die mit einer Verwendung der Authentifizierungsdaten verbundenen Risiken.

N. a.

Kurzbezeichnungen

E1-B

Kanal für die Signaldaten in der Frequenz E1 des Galileo-Systems (1 575,45 MHz)

E6

Frequenz E6 des Galileo-Systems (1 278,75 MHz)

E6-B

Komponente des E6-Signals, entspricht dem Datenkanal

E6-C

Komponente des E6-Signals, entspricht dem Pilotkanal

EDBS

„External Data Broadcast Service“

GNSS

Globales Satellitennavigationssystem

N. a.

Nicht anwendbar

OTAR

„Over-The-Air Rekeying“