Parlamentskorrespondenz Nr. 131 vom 18.03.1999

JUSTIZAGENDEN PASSIEREN DEN BUNDESRAT

In der Fragestunde steht Minister Fasslabend Rede und Antwort

Wien (PK) - Bundesratspräsident JAUD eröffnet die 651. Sitzung des Bundesrates und nimmt zunächst die Angelobung des neuen Wiener Bundesrates Dr. Ferdinand MAIER (VP) vor, der an die Stelle des aus der Länderkammer ausscheidenden Prof. Dr. h.c. Manfred MAUTNER MARKHOF tritt.

Weiters teilt der vorsitzführende Präsident mit, dass die niederösterreichischen VP-Bundesräte Ing. Walter Grasberger, Friedrich Hensler, Johann Ledolter, Engelbert Schaufler, Alfred Schöls und Mag. Karl Wilfing ihre Mandate zwecks Umreihung zurückgelegt haben. Die Angelobung wird noch heute, nach der Wahl durch den Niederösterreichischen Landtag, stattfinden.

FRAGESTUNDE MIT VERTEIDIGUNGSMINISTER FASSLABEND

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Bundesrat BIERINGER (VP): Was sind die wesentlichen Inhalte des von Ihnen am 23. Februar 1999 dem Ministerrat vorgelegten Entwurfs betreffend ein Militärbefugnisgesetz?

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Verteidigungsminister Dr. Fasslabend nennt zunächst die Verrechtlichung und Neufassung der Wach- und Sicherungsaufgabe sowie die Verrechtlichung der Dienste und die Neufassung des Leistungsrechts. Dazu gehören auch Raumschutzverfahren im Katastrophenfall, wie sie etwa bei der Errichtung von Hubschrauberlandeplätzen notwendig sind.

Zur Kontrolle der Dienste über den dafür zuständigen parlamentarischen Unterausschuss hinaus ist an die Einrichtung eines zusätzlichen, politisch völlig unabhängigen Kontrollmechanismus gedacht. Die Einsetzung eines Rechtsschutzbeauftragten bezeichnete der Minister als entscheidenden Schritt in Richtung Objektivierung dieses wichtigen Bereichs der Regierungsgewalt.

Die Stellungnahme des Justizressorts im Begutachtungsverfahren sei positiv aufgenommen und in den Text eingearbeitet worden, berichtet der Minister. Dadurch habe der Entwurf an Qualität gewonnen. Das Justizministerium stehe dem Entwurf nun positiv gegenüber.

Bundesrat Dr. LUDWIG (SP): Welche Kasernen bzw. Liegenschaften des Bundesheeres sind zum Verkauf vorgesehen?

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Minister FASSLABEND macht auf den Verkauf von 60 Liegenschaften im Umfang von insgesamt 3.500 ha einschliesslich der Auflösung externer Mob-Lager aufmerksam. Die Verkaufsliste für Kasernen umfasst folgende Liegenschaften: Troyer-Kaserne in Spittal/Drau, Kaserngrund Völkermarkt, Industriegründe Schwarzenberg-Kaserne/Salzburg, Pulverturm Innsbruck, Kaserne Thalgauberg/Salzburg, Innerkofler-Kaserne in Wörgl und die militärische Liegenschaft in Simmering. Zum Verkauf freigegeben wurden die Speckbacher-Kaserne in Hall/Tirol, die Prinz Eugen-Kaserne in Stockerau, die Verdross-Kaserne in Imst, die Babenberger-Kaserne in Wöllersdorf, die Unterkunfts- und Ausbildungsgebäude in Gainfarn, die Carl-Kaserne in Wien und die Rhomberg-Kaserne in Lochau. Aus der militärischen Nutzung entlassen werden die Wilhelm-Kaserne in Wien und das Kommandogebäude in der Glacisstrasse in Graz.

Mit dem Finanzminister sei vereinbart, dass 70 % der Verkaufserlöse des Jahres 1998 und 100 % der Erlöse des Jahres 1999 dem Bundesheer zugute kommen, teilt Minister Fasslabend mit.

Bundesrat Dr. BÖSCH (F): Weshalb haben Sie bisher immer verschwiegen, dass das österreichische Bundesheer nicht über die ausreichenden Mittel verfügt, um seinen Aufträgen ‑ insbesondere im Bereich der Lufttransportkapazität ‑ nachzukommen?

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Der Ressortleiter weist auf Beschlüsse von Parlament und Landesverteidigungsrat über notwendige Investitionen hin. Zur Frage Transporthubschrauber habe er die Einberufung eines speziellen Landesverteidigungsrates initiiert. Es sei kein Fehler gewesen, Leopard-Panzer statt Hubschraubern anzuschaffen, da eine Landarmee ohne moderne Kampfpanzer undenkbar sei, betont der Minister.

Bundesrat VINDL (VP): Wie viele Kräfte des österreichischen Bundesheeres wurden im Rahmen der Assistenzleistung aus Anlass der Schneekatastrophe in Westösterreich eingesetzt?

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Bundesminister Dr. Fasslabend: Beim Katastropheneinsatz in Westösterreich wurden 1.500 Soldaten und 47 Flugzeuge eingesetzt und insgesamt 18.000 Menschen aus dem Katastrophengebiet ausgeflogen. Der Ressortleiter lobt den Idealismus der eingesetzten Soldaten, die perfekte Organisation bei Unterbringung, Verköstigung und Transport der Menschen, die dreisprachig betreut wurden. Er weist auf die hervorragende Zusammenarbeit mit den Angehörigen mehrerer Armeen hin, mit der es möglich war, die Auswirkungen der grössten Lawinenkatastrophe der letzten Jahre zu lindern. Ohne Anforderung der Hubschrauber befreundeter Armeen wäre es nicht möglich gewesen, die in Tirol auftretenden Probleme zu lösen, sagt der Minister und dankt den USA, Frankreich, Deutschland und der Schweiz für die sofortige Bereitschaft, zu helfen. Der Ersatz der von Minister Fasslabend mit 30 Mill. S bezifferten Kosten des Katastropheneinsatzes sei bereits genehmigt.

Bundesrat MEIER (SP): Wann werden die am Ende ihrer Einsatztauglichkeit stehenden Transporthub­schrauber der Type AB 204 des Fliegerregiments 3 in Linz‑Hörsching durch neue Transporthubschrauber ersetzt?

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Der Minister teilt mit, dass diese Hubschrauber im Laufe der Jahre 1999 und 2000 ausser Dienst gestellt werden. Die Ersatzbeschaffung werde nach den Erfahrungen bei der jüngsten Lawinenkatastrophe vorgezogen, ein diesbezüglicher Landesverteidigungsrat werde einberufen. Fasslabend lässt seine Präferenz für einen Hubschraubertyp durchblicken, der sowohl militärischen Anforderungen als auch zivilen Transportaufgaben gerecht werden kann. Wo kein unmittelbarer Umstieg auf den neuen Typ möglich sei, werden Ersatzmöglichkeiten vorgesehen. Die österreichischen Hubschrauberpiloten gelten als die weltbesten Alpinpiloten, was grosse Armeen, etwa auch die USA dazu veranlasse, ihre Hubschrauberpiloten in Österreich auszubilden, sagt der Verteidigungsminister mit Stolz.

Bundesrat Dipl.‑Ing. MISSETHON (VP): Ist der Bestand des Munitionslagers in Hieflau inklusive Verwaltung auch weiterhin gesichert?

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Der Ressortverantwortliche stellt klar, dass das Munitionslager in Hieflau angesichts der stark wachsenden Anforderungen an die Qualität der Lagereinrichtungen auch in Zukunft seinen Stellenwert haben werde. Es gebe keine Überlegungen für Personalreduzierungen in der Steiermark.

Bundesrat Mag. GUDENUS (F): Sind Sie dafür, dem Bundesheer die Wahrnehmung der Grenzüberwachung abseits kontrollierter Grenzübergänge als eigenständige Aufgabe im Rahmen der Bundesverfassung und des Wehrgesetzes zu übertragen?

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Überlegungen in dieser Richtung werden derzeit nicht angestellt, teilt der Minister mit. Das Bundesheer werde den Assistenzeinsatz an der burgenländischen und an Teilen der niederösterreichischen Grenze auch in den nächsten Jahren leisten. Den Erfolg des Einsatzes illustriert der Minister mit dem Hinweis auf die 37.000 Aufgriffe illegaler Grenzgänger durch das Bundesheer bis Ende 1998. Zwei Drittel aller Aufgriffe erfolgen durch das Bundesheer. - Sollte der Einsatz ausgeweitet werden, wären dafür finanzielle Vorsorgen notwendig, unterstreicht Minister Fasslabend.

Bundesrätin CREPAZ (SP): In welchem Ausmass gibt es eine finanzielle Vorbelastung des Landesverteidigungsbudgets durch bereits getätigte Rüstungskäufe?

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Der Verteidigungsminister klärt darüber auf, dass sich der Beschaffungszeitraum im militärischen Bereich üblicherweise über mehrere Jahre erstreckt. Daraus resultieren in den Jahren 1999 bis 2007 Ausgaben von 6,7 Mrd. S. Gemäss dem kaufmännischen Grundsatz "Erst die Ware, dann das Geld" werden jeweils ein Drittel des Kaupreises bei Anzahlung, Lieferung und Abschluss des Geschäfts bezahlt. 

Das Bundesheer müsse am allgemeinen Sparkurs teilnehmen, unterstreicht Fasslabend, betont aber andererseits die Notwendigkeit, rechtzeitig Beschaffungen einzuleiten, um das Heer funktionsfähig zu halten.

Bundesrat RODEK (VP): Hat sich die seit 1.1.1998 bestehende Möglichkeit, Frauen in das österreichische Bundesheer aufzunehmen, bewährt?

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Diese Frage bejaht der Ressortchef uneingeschränkt. In allen Garnisonen, in denen Frauen ausgebildet werden oder bereits ihren Dienst versehen, habe man positive Auswirkungen auf das Arbeitsklima registriert. Alle Befürchtungen hinsichtlich des Einsatzes von Frauen beim Bundesheer haben sich als gegenstandslos erwiesen, sagt Fasslabend und kündigt für die nächste Gesetzgebungsperiode die Öffnung der Miliz für weibliche Mitglieder an.

Bundesrat PRÄHAUSER (SP): Durch welche Massnahmen wird die Nachtkampffähigkeit und somit die Einsatzbereitschaft des Jagdpanzers Jaguar sichergestellt?

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Der Bundesminister informiert über mittelfristige Massnahmen für die Nachtsichtfähigkeit des Jagdpanzers Jaguar in allen Einsatzbereichen. Die österreichische Wertschöpfung bei der Anschaffung von Kampfschützenpanzern und Radpanzern beziffert Fasslabend in einer Antwort auf eine Zusatzfrage mit jeweils mehr als 50 %.

Bundesrat STEINBICHLER (VP): Welche konkreten Massnahmen für die Modernisierung des österreichischen Bundesheeres haben Sie in den letzten Jahren gesetzt?

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Dr. Fasslabend weist darauf hin, dass das Bundesheer mit der Heeresgliederung Neu die erste Armee der Welt war, die sich strukturell auf die neue geostrategische Lage eingestellt hat. Ein Korpskommando wurde durch ein Kommando für Auslandsaufgaben ersetzt, eine neue Brigadenstruktur im Mech- und Jägerbereich geschaffen und damit eine höhere Präsenz und Spezialisierung herbeigeführt. Dazu kommt eine Totalreform der Ausbildung von Offizieren, Unteroffizieren und Grundwehrdienern und wesentliche Qualitätssteigerungen in der Ausrüstung durch die Anschaffung von Lenkwaffen, das Mech-Paket und die Verbesserung der Mannesausrüstung.

Auf eine Zusatzfrage sagt der Verteidigungsminister zu, bei den Durchfahrtmöglichkeiten durch den Truppenübungsplatz Allentsteig Pendlerinteressen besonders zu berücksichtigen.

Bundesrat WINDHOLZ (F): Mit wieviel Mann wäre das Bundesheer in der Lage, den zusätzlichen Assistenzeinsatz vor Ort an der niederösterreichischen Grenze nördlich der Donau aufzunehmen?

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Dr. Fasslabend nennt die Zahl von rund 150 Soldaten, die notwendig wären, um den Grenzabschnitt an der March zu sichern. Es sei aber kein Antrag für einen Assistenzeinsatz in Niederösterreich gestellt. Die allfälligen Kosten veranschlagt Fasslabend mit 45 Mill. S pro Jahr.

Bundesrat Dr. LIECHTENSTEIN (VP): Welche internationalen Aktivitäten hat das österreichische Bundesheer in den letzten drei Jahren gesetzt?

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Der Ressortleiter berichtet von internationalen Einsätzen, der Teilnahme an internationalen Übungen und den Aktivitäten des Heeres in internationalen Organisationen. Er erwähnt insbesondere die Einsätze auf den Golanhöhen, in Zypern, in Bosnien-Herzegowina, den im Jänner beendeten Einsatz in Kuwait, den temporären Einsatz in Albanien und die Katastrophenhilfe des Bundesheeres in Dalmatien, Polen und Tschechien.

Mit grossem Erfolg beteilige sich das Bundesheer auch am Übungsprogramm der Nato-Partnerschaft für den Frieden. Darüber hinaus sei das Bundesheer als WEU-Beobachter tätig und arbeite auf militärischer Ebene mit seinen mitteleuropäischen Nachbarn zusammen. Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen der internationalen Verpflichtungen des Heeres unterstreicht der Ressortleiter einmal mehr die Notwendigkeit finanzieller Vorsorgen für grössere Projekte.

Bundesrat GSTÖTTNER (SP): Wann wird der österreichische Teil des bereits Ende 1996 beschlossenen Mech‑Pakets, das heisst, die Beschaffung von Kampfschützenpanzern und Radpanzern, realisiert?

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Die Realisierung werde schrittweise erfolgen, da unterschiedliche Schwierigkeitsgrade vorgelegen sind, informiert der Verteidigungsminister. Derzeit stehe man kurz vor dem Abschluss der Beschaffung von Kampfschützenpanzern, danach werde das Projekt Radpanzer in Angriff genommen. Da es sich um sehr komplexe Fahrzeuge handelt, habe man bereits kurz nach dem entsprechenden Beschluss Fahrer nach Deutschland und Holland zur Ausbildung geschickt. Was den finanziellen Aspekt des Mech-Paketes betrifft, so gehe es seiner Ansicht nach nicht nur um den Ankaufs- und Betriebspreis, sondern auch um den volkswirtschaftlichen Nutzen, weshalb man sich entschlossen habe, österreichische Unternehmen zu beauftragen.

Bundesrat RICHAU (VP): Wie ist der Stand der Umsetzung der von der Bundesregierung beschlossenen Strukturanpassung der Heeresgliederung?

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In Kürze werden wesentliche Schritte zur Umsetzung der Strukturanpassung der Heeresgliederung gesetzt, führt Fasslabend weiter aus, und zwar sollen mit 1.4.1999 die neuen Brigadestrukturen im Jägerbereich sowie bei den Auslandseinsätzen realisiert werden. Seit dem Ende des Kalten Krieges haben sich die Rahmenbedingungen grundlegend verändert, gibt der Verteidigungsminister zu bedenken, und deshalb werde in Zukunft dem Auslandseinsatz, der neben der Landesverteidigung im engeren Sinne und der Assistenzleistung für andere Behörden zu den Hauptaufgaben des Bundesheeres gehört, grösseres Gewicht zukommen.

Bundesrat Dr. TREMMEL (F): Welche Notwendigkeiten ergeben sich aus Ihrer Sicht durch den Beitritt Polens, Tschechiens und Ungarns zur Nato für die österreichische Sicherheitspolitik?

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Er persönlich freue sich sehr, dass Polen, Tschechien und Ungarn der Nato beigetreten sind, weil dies zu einer weiteren Stabilisierung in Mitteleuropa beitragen werde, zeigt sich Fasslabend überzeugt. Da sich die EU-Integration der östlichen Nachbarländer aufgrund der komplexen Fragen als schwierig erweist, sei es umso mehr zu begrüssen, dass nunmehr die Nato diesen Schritt gesetzt habe. Durch den Beitritt ergeben sich für Österreich Auswirkungen in mehreren Bereichen, führt der Verteidigungsminister weiter aus. Einerseits im praktischen Bereich, nämlich dass die neuen Nato-Mitglieder an Österreich herantreten werden, um um Durchfuhrgenehmigungen zu ersuchen. Er vertrete in dieser Frage die Ansicht, dass der Integrationsprozess nicht gehemmt, sondern unterstützt werden solle. Andererseits ergebe sich folgende wesentliche Frage: "Wird Österreich rechtzeitig die Gelegenheit ergreifen, um an der Neubildung Mitteleuropas im sicherheitspolitischen Bereich aktiv mitzuwirken?"

Punkt 1 der Tagesordnung ist die

ÄNDERUNG DES WACHEBEDIENSTETEN-HILFELEISTUNGSGESETZES

Berichterstatter: Bundesrat RODEK (VP)

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Bundesrat GSTÖTTNER (SP) begrüsst den Gesetzentwurf, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Exekutivbeamten immer grösseren Anforderungen und Gefahren ausgesetzt sind. Bedauerlicherweise komme es immer wieder zu schweren und sogar tödlichen Unfällen, wovon besonders oft Jungfamilien betroffen sind. Deshalb sei es sehr erfreulich, dass nunmehr die Betroffenen auch dann besondere Hilfeleistungen bekommen, wenn der Wachebedienstete im Zuge seiner Ausbildung einen Unfall erleidet.

Auch Bundesrat RICHAU (VP) steht der Novellierung des Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetzes äusserst positiv gegenüber und dankt den Personalvertretern, den politisch Verantwortlichen und den Mitarbeitern des Ministeriums für das Zustandekommen dieser neuen Regelung. Damit werden die Familien der über 30.000 Exekutivbeamten in Zukunft besser abgesichert, hebt Richau hervor.

Die zwei wichtigsten Punkte dieses Bundesgesetzes sind die Ausdehnung des Kreises der Anspruchsberechtigten sowie die Erhöhung der Hilfeleistung von 1 Mill. S auf 1,5 Mill. S, unterstreicht Bundesrat WINDHOLZ (F). Er würde sich jedoch noch wünschen, dass das Schmerzensgeld in das Gesetz aufgenommen wird und ein Rechtsanspruch auf die finanzielle Unterstützung besteht.

Mit Stimmeneinhelligkeit kein Einspruch.

KOOPERATIONSÜBEREINKOMMEN MIT BELGIEN, DEUTSCHLAND, FRANKREICH, LUXEMBURG, DEN NIEDERLANDEN, ITALIEN, SPANIEN, PORTUGAL, GRIECHENLAND, ÖSTERREICH, DÄNEMARK, FINNLAND, SCHWEDEN, VERTRAGSPARTEIEN DES SCHENGENER ÜBEREINKOMMENS UND DES SCHENGENER DURCHFÜHRUNGSÜBEREINKOMMENS SOWIE ISLAND UND NORWEGEN BETREFFEND DEN ABBAU DER PERSONENKONTROLLEN AN DEN GEMEINSAMEN GRENZEN SAMT ERKLÄRUNGEN * PROTOKOLL ZUR ÄNDERUNG DER ARTIKEL 40, 41 UND 65 DES ÜBEREINKOMMENS ZUR DURCHFÜHRUNG DES ÜBEREINKOMMENS VON SCHENGEN * PROTOKOLLE ÜBER DEN BEITRITT DER FINNISCHEN, DÄNISCHEN UND SCHWEDISCHEN REGIERUNG ZU DEM ÜBEREINKOMMEN BETREFFEND DEN SCHRITTWEISEN ABBAU DER KONTROLLEN AN DEN GEMEINSAMEN GRENZEN, das 1985 IN SCHENGEN UNTERZEICHNET WURDE, SAMT ERKLÄRUNG * ÜBEREINKOMMEN ÜBER DEN BEITRITT FINNLANDS, DÄNEMARKS UND SCHWEDENS ZU DEM 1990 IN SCHENGEN UNTERZEICHNETEN ÜBEREINKOMMEN ZUR DURCHFÜHRUNG DES ÜBEREINKOMMENS VON SCHENGEN VON 1985 BETREFFEND DEN SCHRITTWEISEN ABBAU DER KONTROLLEN AN DEN GEMEINSAMEN GRENZEN SAMT SCHLUSSAKTE UND ERKLÄRUNGEN

Berichterstatter: Bundesrat Rodek (VP)

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Bundesrat Dr. BÖSCH (F) nimmt die Behandlung der Übereinkommen zum Anlass, eine grundlegende Reform der EU zu fordern, denn das Scheitern des Schengen-Abkommens sei repräsentativ für die Lage aller Politikfelder in der Europäischen Union. Deshalb setzt sich Bösch u.a. dafür ein, den österreichischen Nettobeitrag zu senken, die Beschäftigungspolitik zu verbessern, die Forschungs- Entwicklungsquote anzuheben, die Rahmenbedingungen für die Klein- und Mittelbetriebe zu verbessern, die Landwirtschaftspolitik zu renationalisieren sowie die Betrugsfälle effizient zu bekämpfen. Was die Osterweiterung betrifft, so kann es nach freiheitlicher Auffassung keine weitere Integration geben, solange sich die Kandidatenländer nicht den westlichen Standards angenähert haben.

Grössere Freiheiten dürfen sich nicht nur auf Waren und Kapital beschränken, sondern müssen auch den Bürgern Europas zugute kommen, betont Bundesrat Mag. REPAR (SP). Aus diesem Grund begrüsse er die vorliegenden Übereinkommen, weil damit den Menschen eine grössere Reisefreiheit ermöglicht werde. Dies heisse aber auch, dass die Aussengrenze der EU entsprechend geschützt werden müsse, und Österreich komme aufgrund seiner geographischen Lage dabei eine besondere Bedeutung zu. In den letzten Jahren wurden mehr als 3 Mrd. S in diesen Bereich investiert und auch von den Beamten wurde eine hervorragende Arbeit geleistet, unterstreicht Repar.

Das Schengener Abkommen sei im Sinne der grösseren Reisefreiheit sehr zu begrüssen, konstatiert Bundesrat Dr. LIECHTENSTEIN (VP), der zudem darauf hinweist, dass gleichzeitig auch die Informationssysteme gestärkt und die Zusammenarbeit der Sicherheitskräfte intensiviert werden. Man sollte auch die Hoffnung hegen, dass in Zukunft die Aussengrenzen des freien, demokratischen Europas weiter in den Osten verschoben werden. Auf der internationalen Ebene sollte zudem seiner Meinung nach u.a. der Datenbestand des zentralen Fahndungscomputers in Strassburg wesentlich erweitert, die Europol-Konvention realisiert, die Drogenpolitik sowie die waffen- und visarechtlichen Bestimmungen harmonisiert und die Zusammenarbeit mit den osteuropäischen Staaten verstärkt werden.

Er persönlich freue sich, dass neue Staaten dem Schengener Abkommen beitreten, erklärt Bundesrat Mag. GUDENUS (F). Aber angesichts des Nicht-Funktionierens von Schengen müsse man sich fragen, ob es nicht gereicht hätte, die vorhandenen Instrumentarien auszubauen. Seiner Ansicht nach handle es sich bei diesem Abkommen um ein idealistisches Konzept, das aufgrund der "geographischen, politischen und verwaltungsspezifischen Wirklichkeiten" gar nicht funktionieren könne.

Bundesrat Dr. TREMMEL (F) spricht von einem zahnlosen und bürgerfernen Instrument, das zudem zu exorbitanten Steigerungen bei den Personal- und Sachkosten führe. In einem Entschliessungsantrag fordert er deshalb die Bundesregierung auf, sich in der EU für folgende Massnahmen einzusetzen: klare Kompetenzverteilung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, Stärkung des Einflusses der nationalen Parlamente, Ausweitung der Kontrollrechte des Europäischen Parlaments, Abschaffung der Kommission in der derzeitigen Form sowie keine weitere Aufweichung des Einstimmigkeitsprinzips.

Bundesrat EISL (F) weist auf die seines Erachtens negativen Folgen des EU-Beitritts auf die Landwirtschaft hin. Österreich werde für seine guten landwirtschaftlichen Produkte bestraft, und es sei klar, dass dies alles auf Kosten der Bauern gehe.

Gegen die in Diskussion stehenden Tagesordnungspunkte wird toto modo kein Einspruch erhoben, ein Entschliessungsantrag der Freiheitlichen wird in einer namentlichen Abstimmung mit 12 zu 36 Stimmen abgelehnt.

STRAFPROZESSNOVELLE 1999 * ÄNDERUNG DES GERICHTSORGANISATIONSGESETZES

Berichterstatter: Bundesrat GSTÖTTNER (SP)

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Bundesrat Dr. BÖHM lehnt seitens der F-Fraktion diese sehr systemveränderte Vorlage ab. Er fürchtet, dass in der Strafrechtssektion Illusionisten am Werk seien, die, zwar aus noblen Motiven, Vorschläge erarbeitet hätten, die man zurückweisen müsse. Der aussergerichtliche Tatausgleich werde in völlig überzogener Art und Weise ausgeweitet. Was beim Jugendstrafrecht, das ja immer noch ein Erziehungsstrafrecht sei, angemessen sei, könne nicht einfach auf das Erwachsenenstrafrecht, zumal wenn man sich dabei nicht auf die Kleinkriminalität beschränke, übertragen werden. Der Redner konstatiert eine ideologische Voreingenommenheit der Schöpfer dieser Novelle und tritt dafür ein, gegen diese Vorlage Einspruch zu erheben. Sie bringe den Opfern keine wirkliche Genugtuung und bedeute einen „revolutionären Abbau des Strafrechts“.

Bundesrat Dr. HUMMER (VP) äussert sein Vertrauen in die zur Ausführung dieser Gesetze berufenen Organe, sodass er die Befürchtungen seines Vorredners nicht teilen könne. Es gebe Fälle, in denen ein Strafurteil ein stumpfes Instrument sei, womit der eigentliche Zweck der Sanktion nicht erreicht werde, weshalb man neue, effizientere Wege gehen müsse. Die Intention der Vorlage sei eine gute, so der Redner, der sich von dieser Novelle positive Auswirkungen auf die Gesellschaft erwartet, zumal man davon ausgehen dürfe, dass hier verantwortungsbewusst vorgegangen werde. Hier wurde also ein Weg eingeschlagen, der vor allem im Bereich der Kleinkriminalität richtungsweisend sei, so Hummer abschliessend.

Bundesrat Dr. LUDWIG (SP) bezeichnet die Novelle als eine wesentliche Weiterentwicklung unseres Rechtssystems, die vergleichbar sei mit der grossen Reform der siebziger Jahre. In diesem Zusammenhang könne man auf die Erfahrungen Deutschlands verweisen, wo die Diversion keineswegs zu einer Erosion des Rechtssystems geführt habe. Hilfe für die Opfer, Sicherheit für die Gesellschaft und das dem Täter Vor-Augen-Führen der Folgen seiner Tat seien die grundsätzlichen Ziele des Strafrechts, und in allen drei Aspekten bringe diese Novelle Verbesserungen. Überdies dürfe man ja nicht vergessen, dass eine Diversion nur dann zustande komme, wenn niemand dagegen Einspruch erhebe, widrigenfalls ja das ganz normale Strafverfahren zu laufen beginne. Diese Novelle stelle also eine bedeutende Innovation dar, weshalb seine Fraktion ihr zustimmen werde.

F-Bundesrat Dr. TREMMEL knüpft an seinen Fraktionskollegen Böhm an und widerspricht der Ansicht, die Diversion komme nur bei der Kleinkriminalität zur Anwendung. Weiters sei es bedenklich, dass zu befürchten stehe, die Opfer blieben wirklich Opfer, weil auf ihre Ansprüche nicht adäquat eingegangen werde. Diese Novellierung gehe seiner Fraktion entschieden zu weit, weshalb sie abgelehnt werden müsse.

Bundesminister Dr. MICHALEK nennt dieses Gesetz einen Meilenstein, der es ermögliche, auf Strafverhalten rascher, wirksamer und effizienter zu reagieren. Ausserdem werde dieses Gesetz den Opfern gerecht, gehe es doch um eine grundsätzliche Wahrung der Interessen des Opfers und seiner Einbeziehung in das Verfahren. Dabei bestehe keineswegs die Gefahr, dass das Opfer „über den Tisch gezogen“ werde, wie dies von manchen Abgeordneten im Nationalrat befürchtet worden sei. Entsprechende Vorsorge sei jedenfalls getroffen. Auch bei der Anwendung der Diversion gebe es klare Richtlinien, die sicherstellten, dass sie massvoll und sinnstiftend eingesetzt werde.

Bundesrat VINDL (VP) schliesst sich der Einschätzung an, die Novelle bewirke eine Verbesserung der Stellung des Opfers und weist, wie Ludwig, auf die deutschen Erfahrungen mit der Diversion hin, die, wie jene bei österreichischen Jugendlichen, äusserst ermutigend für eine Fortsetzung des Weges seien.

Bundesrätin KAINZ (SP) geht davon aus, dass diese Novelle eine sinnvolle Ergänzung des bisherigen Rechtssystems sei, in der sowohl eine Besserstellung der Opfer als auch eine Erleichterung einer Wiedereingliederung der Täter gewährleistet werde. Zahlen belegten, dass die Rückfallquote bei der Diversion wesentlich geringer sei als bei herkömmlichen Strafen.

Gegen die Vorlagen wird kein Einspruch erhoben.

5. NOVELLE ZUM BEZIRKSGERICHTS-ORGANISATIONSGESETZ FÜR WIEN

Berichterstatterin: Bundesrätin KAINZ (SP)

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Bundesrat Dr. LUDWIG (SP) meint, es sei wichtig, den Bürgern einen optimalen Zugang zum Recht zu gewährleisten, wofür auch die gesellschaftlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen zu schaffen seien. Dem diene die gegenständliche Novelle, welche auf die bevölkerungspolitischen Veränderungen des gegenständlichen Raumes Bedacht nehme und eine bürgerfreundliche Neuorganisation umsetze.

Bundesrat Dr. TREMMEL (F) schliesst sich seinem Vorredner an, würdigt die Verbesserung des Zugangs der Menschen zum Recht und kündigt die Zustimmung seiner Fraktion an. Für sein Bundesland Steiermark deponiert Tremmel den Wunsch, Bezirksgerichte nicht aufzulösen, sondern vielmehr ins Auge zu fassen, die materielle Zuständigkeit der Bezirksgerichte zu ändern, indem man sie zu Eingangsgerichten macht.

Justizminister Dr. MICHALEK zeigt sich erfreut über die breite Zustimmung zu dem neuen Gericht, in dem 15 Richter arbeiten werden. In diesem Zusammenhang macht der Ressortleiter darauf aufmerksam, dass Gerichte - wie andere Betriebe auch - eine optimale Grösse haben sollen, also weder zu gross noch zu klein sein dürfen. Bezirksgerichte mit weniger als einem voll ausgelasteten Richter will der Justizminister daher aus Gründen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zusammenlegen. Bedenken der Länder, etwa der Steiermark, hält Minister Michalek die durchwegs positiven Erfahrungen mit der Zusammmenlegung von Bezirksgerichten in Niederösterreich, insbesondere sinkende Anwaltskosten, entgegen. 

Bundesrat MEIER (SP) macht auf den Bevölkerungsrückgang und die Zentralisierung der Verwaltung und der Kultur in der Obersteiermark aufmerksam und ersucht den Justizminister, bei der Schliessung von Bezirksgerichten ins Kalkül zu ziehen, dass wachsende Entfernungen zu zentralen Einrichtungen die Bevölkerung im ländlichen Raum belasten.

Der Beschluss, keinen Einspruch zu erheben, fällt einstimmig.

Sodann nimmt Bundesratspräsident JAUD die Angelobung der im Zusammenhang einer Umreihung zurückgetretenen niederösterreichischen VP-Bundesräte vor. Deren Liste lautet nunmehr: Schaufler, Hensler, Grasberger, Mag. Wilfing, Schöls, Ledolter.

KONZERNABSCHLUSSGESETZ

Berichterstatterin: Bundesrätin KAINZ (SP)

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Bundesrat Dr. MAIER (VP) begrüsst in seiner ersten Rede in der Länderkammer die Möglichkeit, internationale Rechnungslegungsvorschriften bei Konzernabschlüssen anzuwenden und es den Unternehmern damit leichter zu machen, internationales Kapital anzusprechen. Gleichzeitig gehe es darum zu verhindern, dass österreichisches Kapital ins Ausland abfliesst. Daher lehnt Maier die von der SPÖ vorgeschlagene Aktiensteuer ab, die die Wiener Börse schwächen würde. Unternehmen könnten nach Frankfurt oder Brüssel abwandern, deren Börsen grössere Liquidität und niedrigere Gebühren aufweisen. Maier weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Telekombranche zunehmend dazu tendiere, an den Börsen von Budapest, Laibach und Warschau zu notieren.

Bundesrat KRAML (SP) macht gegenüber seinem Vorredner auf den Grundsatz der Steuergerechtigkeit aufmerksam, der einen wichtigen Wert für die Bürger des Landes darstellt. Die neuen Rechnungslegungsbestimmungen für Konzerne seien zu begrüssen, weil sie teure Doppelgeleisigkeiten und unnötige Verwirrungen bei den Investoren vermeiden lassen. So werde es leichter, internationales Kapital nach Österreich zu holen; die SPÖ stimmt daher gerne zu.

Bundesrat Dr. d'ARON (F) teilt die Auffassung nicht, dass die Zulassung der IAS- und GAP-Richtlinien für Konzernabschlüsse die Kapitalbeschaffung erleichtere, er rechne eher mit Kostensenkungen bei Versicherungen, Banken und internationalen Konzernen. Da die Freiheitlichen grundsätzlich für einfachere Rechnungslegungsvorschriften und Kostensenkungen eintreten, etwa mit ihrem Flat Tax-Vorschlag, stimmen sie auch diesem Gesetz zu.

Bundesrat Dr. HARRING (F) spricht von einer Modernisierung der Finanzierungsgrundsätze, die, wie er im Unterschied zu seinem Fraktionskollegen d'Aron festhält, durchaus zu einer Stärkung des Kapitalmarktes führen werde. In seiner letzten Rede vor dem Bundesrat dankt Harring allen Mitgliedern der Länderkammer sowie den Präsidenten und Fraktionsvorsitzenden für die vielen anregenden Gespräche und wünscht der Länderkammer noch mehr Akzeptanz als bisher.

Präsident JAUD dankt dem scheidenden Bundesrat Harring für seinen Einsatz und für die moderate Art, in der er die politische Auseinandersetzung geführt und damit zu dem besonderen Klima im Bundesrat beigetragen hat.

Kein Einspruch.

Einstimmig beschliesst der Bundesrat sodann, keinen Einspruch gegen die folgenden Gesetzesbeschlüsse zu erheben:

ÄNDERUNG DES KONSULARGEBÜHRENGESETZES 1992 * ABKOMMEN ÜBER WIRTSCHAFTLICHE PARTNERSCHAFT, POLITISCHE KOORDINIERUNG UND ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT UND IHREN MITGLIEDSTAATEN EINERSEITS UND DEN VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN ANDERERSEITS SAMT ANHANG UND SCHLUSSAKTE:

Als Berichterstatter fungiert Bundesrat Dipl.-Ing. MISSETHON (VP).

WIRTSCHAFTSTREUHANDBERUFSGESETZ * ÄNDERUNG DER GEWERBEORDNUNG 1994 * ÄNDERUNG DES VERWALTUNGSGERICHTSHOFGESETZES 1985

Berichterstatter: Bundesrat HENSLER (VP)

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Bundesrat Dr. d'ARON (F) bewertet den Entwurf eines Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes und die diesbezüglichen Änderungen in Gewerbeordnung und Verwaltungsgerichtshofgesetz in einigen Punkten durchaus positiv. Mit den neuen Berufsbildern könne sich die FPÖ durchaus identifizieren. Nicht zu übersehen seien aber deutliche Mängel und Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen den Selbständigen und Gewerblichen Buchhaltern. Für kritikwürdig hält d'Aron auch den breiten Raum, den die Bestimmungen über die Kammerorganisation und die kammermässige Einordnung der neuen Berufe einnimmt. Völlig unberücksichtigt sei das Anliegen geblieben, die Befugnisse der Steuerberater zu erweitern. - Die Freiheitlichen können diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen.

Bundesrat DROCHTER (SP) zeigt sich überzeugt, dass die Novellierung des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes und der Gewerbeordnung vielen hochqualifizierten Arbeitnehmern in der Buchhaltung, vor allem auch Frauen im ländlichen Raum, die Chance bietet, sich selbständig zu machen oder freiberuflich tätig zu werden. Zudem weist Drochter auf die Notwendigkeit hin, auch die Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder verstärkter Konkurrenz auszusetzen, um die zum Teil doch überhöhten Honorare zu senken und Menschen die Möglichkeit zu geben, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die sie sich bisher nicht leisten konnten.

Bundesrat Dr. LINZER (VP) befasst sich mit dem Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das, so der Redner, neben einer besseren Qualität der Ausbildung den Zugang zu den freien Berufen erleichtern und zu mehr Wettbewerb führen werde. Weiters hebt er die Einführung des "Selbständigen Buchhalters" und des "Gewerblichen Buchhalters" als positive Neuerungen hervor. Er hoffe jedoch, dass diese Regelung nicht zu einer Unübersichtlichkeit beitragen werde.

Mit der Einführung des "Gewerblichen Buchhalters" werden zwei Klassen von Berufen geschaffen und "gleiche Leistungen ungleich behandelt", kritisiert Bundesrat WEILHARTER (F). Es sei seiner Auffassung nach vielmehr notwendig, ein einfaches, gerechtes und durchschaubares Steuersystem auszuarbeiten.

Die Regierungsvorlagen enthalten zwar einige positive Aspekte, räumt Bundesrätin HAUNSCHMID (F) ein, aber letztlich haben sich doch wieder die Vertreter der Kammern durchgesetzt. Ihrer Ansicht nach gehe das WTBG und die Novellierung der Gewerbeordnung "ins Leere", denn von einer Liberalisierung könne keine Rede sein. Im besonderen bemängelt Haunschmidt das Abgehen von der Qualität und vom Akademikerprinzip.

Bei den Abstimmungen wird jeweils mehrheitlich kein Einspruch erhoben.

JUGENDWOHLFAHRTSGESETZ-NOVELLE 1998

Berichterstatter: Bundesrat MEIER (SP)

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Es sei ohne Zweifel notwendig geworden, Änderungen beim Jugendwohlfahrtsgesetz vorzunehmen, konstatiert Bundesrätin MÜHLWERTH (F). Die Rednerin spricht von einer Bankrotterklärung der Gesellschafts- und Familienpolitik der Bundesregierung, die "die Familie in den letzten 30 Jahren kaputtgemacht hat". Im konkreten kritisiert sie, dass der Opferschutz unzulänglich geregelt und die Strafrechtspflege behindert werde.

Ein grosser Vorteil des Jugendwohlfahrtsgesetzes sei es, unterstreicht Bundesrat Mag. WILFING (VP), dass die Massnahmen den jeweiligen Besonderheiten in den einzelnen Regionen praxisnah angepasst werden können, da den Bundesländern die Ausführungsgesetze obliegen. In der Folge skizziert er die wichtigsten Neuerungen und weist u.a. darauf hin, dass das Angebot an sozialen Diensten und an "niederschwelligen" Einrichtungen ausgebaut werden soll. 

Bundesrat HAGER (SP) nennt als die Schwerpunkte der vorliegenden Novelle die Professionalisierung der in der Jugendwohlfahrt Tätigen, die Ausweitung der sozialen Dienste sowie die Aufhebung der Verschwiegenheitspflicht, falls es Anzeichen eines Missbrauchs von Kindern gibt. Auch ungewöhnliche Formen der Erlebnispädagogik sollen vermehrt zum Einsatz kommen, da sie dazu beitragen, die soziale Verantwortung und das Selbstbewusstsein der Jugendlichen zu stärken, ist Hager überzeugt.

Bundesrat WEISS (VP) erinnert im Zusammenhang mit dem Jugendwohlfahrtsgesetz daran, dass - zunächst geplante - "überschiessende Regelungen" im Ausbildungswesen noch verhindert werden konnten. Dieses Beispiel zeige deutlich, wie wichtig die vorbeugende Einflussnahme der Länder auf die Gesetzgebung sei.

Das JWG basiere auf einer Entschliessung des Nationalrates, die die Schaffung einer zentralen Stelle für die Meldung von Verletzungen beim Jugendwohlfahrtsträger und die entsprechende datenschutzrechtliche Absicherung solcher Meldungen zum Inhalt hatte, ruft Bundesrat Mag. LEICHTFRIED (SP) in Erinnerung. Damit werde auch ein Schritt weg von der reinen Fürsorgeerziehung und der behördlichen Kontrolle hin zu freiwilligen Hilfsangeboten und ungewöhnlichen therapeutischen Massnahmen getan.

"Die Jugendwohlfahrt in Österreich ist eine kleine, aber feine Erfolgsgeschichte", meint eingangs Bundesminister Dr. BARTENSTEIN. Durch die Einrichtung einer zentralen Meldestelle soll es in Zukunft leichter möglich werden, "den Prügeleltern auf die Spur zu kommen". Bei diesem Rahmengesetz handle es sich seiner Meinung nach um eine sehr vernünftige und kind- und jugendgerechte Massnahme, die neben einer weitere Professionalisierung der Jugendwohlfahrt auch einen Ausbau der "niederschwelligen" Angebote mit sich bringe, wobei die Ausführungsgesetzgebung den Ländern überlassen werde.

Mehrheitlich kein Einspruch.

ÄNDERUNG DES SCHÜLERBEIHILFENGESETZES 1983

Berichterstatter: Bundesrat Dr. LIECHTENSTEIN (VP)

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Bundesrat MEIER (SP) hebt vor allem die positiven Punkte dieser Änderung hervor und nennt hierbei die Berücksichtigung der sozialen Situation der Eltern bzw. Erziehungsberechtigten, die besondere Beihilfe für den zweiten Bildungsweg, die Heimfahrtsbeihilfe und die Leistungsförderung für ausserordentliche Schulerfolge. Ausserdem macht er darauf aufmerksam, dass der Notendurchschnitt von 2,8 % auf 2,9 % erhöht wurde und von den Schülern auch erreicht werden kann.

Bundesrätin PÜHRINGER (VP) wirft die Frage auf, ob es gerechtfertigt ist, die Gewährung einer Beihilfe an den Nachweis einer Leistung zu knüpfen. Wenn die Studie der Unterrichtsministerin vorliegt, wird diese Frage wahrscheinlich nochmals releviert werden.

Bundesrat RAM (F) hält es auch für sinnvoller, die Beihilfe nicht an einen Notendurchschnitt zu binden, vielmehr sollte ein positiver Abschluss ausreichend sein. Gerade im Hinblick auf das Nachhilfewesen, das vor allem von besserverdienenden Eltern finanziert wird, sollte man nicht auf einem Notendurchschnitt beharren, unterstreicht der Ländervertreter.

Nach fast 10 Jahren beendet Bundesrätin LUKASSER (VP) ihre Tätigkeit in der Länderkammer. Diesen ihren Abschied nimmt sie zum Anlass, allen Bediensteten des Hauses, die ihr Unterstützung und Wohlwollen entgegengebracht haben, zu danken. Dankesworte findet sie auch für die SP- und F-Fraktion, die sie auf ihrem Weg im Bundesrat stets mit Achtung und angenehm begleitet haben.

Vizepräsidentin HASELBACH bedauert, dass Lukasser auf eigenen Wunsch das Gremium verlässt und sich in den wohlverdienten Ruhestand zurückzieht.

Auch Bundesministerin GEHRER wünscht der scheidenden Bundesrätin, die stets den Mut hatte, das zu sagen, was sie denkt, für die Zukunft alles Gute. Überleitend zur Vorlage hebt auch sie die Verbesserungen hervor und weist darauf hin, dass der Beihilfenbeitrag um 8 bis 10 % und die Einkommensgrenze um 10 % erhöht wurde. Das Schema wurde verflacht.

Es wird einhellig beschlossen, keinen Einspruch zu erheben.

Die nächste Sitzung der Länderkammer ist für den 15. April in Aussicht genommen. (Schluss)

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