Parlamentskorrespondenz Nr. 190 vom 20.04.1999

PARLAMENT: INFORMATIONEN FÜR LEHRER ÜBER WAHL ZUM EU-PARLAMENT

Präsident Fischer hofft auf hohe Wahlbeteiligung am 13. Juni

Wien (PK) – Nationalratspräsident Dr. Heinz FISCHER begrüsste heute vormittag rund 130 Lehrer des Faches Politische Bildung aus Niederösterreich zu einer Informationsveranstaltung über die Wahlen zum Europäischen Parlament am 13. Juni im Parlament. Gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Tagung, Schulrat Anton SALESNY, blickte Fischer zunächst auf eine 25-jährige erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Politikern und Pädagogen in der politischen Bildung zurück und unterstrich seine Bereitschaft, diese Zusammenarbeit auch in der Zukunft fortzusetzen. Es ist wichtig, so der Parlamentspräsident, den jungen Menschen Kenntnisse über das demokratische System und die politische Kultur zu vermitteln.

Vom Thema der heutigen Tagung hätte vor 25 Jahren niemand zu träumen gewagt, sagte Dr. Fischer. Das Europäische Parlament habe den vollen Namen eines Parlaments noch nicht verdient und Österreich war von einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union weit entfernt. Der Nationalratspräsident schilderte dann die seit 1989 dramatisch beschleunigten Veränderungsprozesse in Europa und liess die Schritte Österreichs auf dem Weg in die Europäische Union Revue passieren. Vor allem ging er auf die dafür notwendigen Änderungen in der österreichischen Verfassung ein und informierte über die Teilnahme des österreichischen Parlaments an Entscheidungen der Europäischen Union. Alle Dokumente über EU-Vorhaben müssen dem Nationalrat bzw. dem Hauptausschuss als dem für die Mitwirkung in europäischen Angelegenheiten zuständigen Organ vorgelegt werden, wobei dem Hauptausschuss das Recht zukomme, Empfehlungen abzugeben. Mit diesem System wurden Regierungsentscheidungen in europäischen Angelegenheiten an das Parlament "angedockt".

Hinsichtlich der bevorstehenden Wahl zum Europäischen Parlament, für die er sich eine hohe Beteiligung wünschte, machte Präsident Fischer auf die schrittweise vergrösserten Mitwirkungsrechte des EP aufmerksam und wies darauf hin, dass dies für Österreich die erste Wahl sei, bei der die 21 österreichischen Abgeordneten gleichzeitig mit den anderen EU-Mitgliedstaaten gewählt werden.

Der Präsident des Landesschulrates für Niederösterreich, Hofrat Adolf STRICKER, unterstrich die Notwendigkeit, die jungen Menschen zu engagierten Teilnehmern unserer parlamentarischen Demokratie zu machen. Dazu gehört seit dem EU-Beitritt die Erweiterung des Ansatzes der politischen Bildung um die europäische Dimension.

In einem Grusswort, das Hofrat Stricker verlas, ermutigte der Präsident des Europäischen Parlaments, José María Gil-Robles, die Tagungsmitglieder, die Idee eines humanen Europas, in dessen Mittelpunkt der Mensch steht, als engagierte Pädagogen zu verfechten und den Weg für ein gemeinsames, bürgernahes Europa weiterzugehen. "Im Europäischen Parlament werden Sie stets einen verlässlichen Partner finden", schrieb Präsident Gil-Robles. 

Über Funktion und Arbeitsweise des Europäischen Parlaments referierte daraufhin der Leiter des Informationsbüros des Europäischen Parlaments in Österreich, Dr. Michael REINPRECHT.

Hauptaufgaben des 626 Mitglieder umfassenden Parlaments, in dem kleinere Mitgliederstaaten wie Österreich (21 Mitglieder) überproportional vertreten sind, stellen demokratische Kontrolle, Budgetpolitik und Gesetzgebung dar. Kontrollfunktionen übe das EP gegenüber der Kommission und den Mitgliedstaaten aus, vor allem hinsichtlich der Frage, wie Gelder ausserhalb des Agrarbudgets verteilt werden. In den Entscheidungen über diese Ermessensausgaben haben die EP-Abgeordneten eine starke Position, sagte Reinprecht. Auch in der Gesetzgebung komme dem EP mehr Mitsprache zu, als viele meinen.

In seinen weiteren Ausführungen informierte Dr. Reinprecht über die wesentlichen Veränderungen, die das Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages am 1. Mai für die Europäische Union mit sich bringen werde. Schon in der ersten Maiwoche werde der von den Staats- und Regierungschefs designierte Kommissionpräsident Romano Prodi sich der Abstimmung im Europäischen Parlament stellen, wobei er bei Anwesenheit von zwei Drittel der Abgeordneten 314 Stimmen (absolute Mehrheit plus eine Stimme) erreichen müsse. Als ein gegenüber seinen Vorgängern wesentlich stärkerer Präsident werde er dann die Mitglieder seiner Kommission auswählen. Eine möglichst hohe Wahlbeteiligung am 13. Juli sei wichtig, um dem Europäischen Parlament den Rücken zu stärken, sagte der Leiter des EP-Informationsbüros in Österreich.

Auf dem weiteren Programm der Tagung stand eine Diskussion mit den EU-Abgeordneten Dr. Hannes Swoboda (SP), Daniela Raschhofer (FPÖ) und Johannes Voggenhuber (G) sowie mit den Kandidaten Mag. Othmar Karas (VP) und Dr. Johannes Strohmayer (L).

Am Nachmittag sind Gespräche mit Bundeskanzler Mag. Klima und Vizekanzler Dr. Schüssel geplant. (Schluss)