Parlamentskorrespondenz Nr. 511 vom 28.06.2001

ABÄNDERUNGSANTRAG BRINGT UMSTRUKTURIERUNG DES HAUPTVERBANDES

99 Fragen der SP an Haupt, Marathon-Reden von G-Mandataren

Wien (PK) - Die beabsichtigte Neustrukturierung des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, von den beiden Regierungsparteien als Abänderungsantrag zur 58. ASVG-Novelle eingebracht, sorgte im Sozialausschuss bei der Behandlung des Sozialpaketes für Aufregung, umgeht man doch mit dieser Vorgangsweise - argumentierten die Oppositionsparteien - das Begutachtungsverfahren. Auch wurde von FPÖ und ÖVP die Abhaltung eines Hearings mit Experten mit der Begründung, die Umstände und Argumentationen seien seit Wochen hinlänglich bekannt, abgelehnt.

Hinter der 58. Novelle zum ASVG verbergen sich für so manche Versicherte wesentliche Neuerungen: Kunstschaffende sollen nun endgültig von der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 4 ASVG ausgenommen werden, da dieser Personenkreis überwiegend eine selbständige Tätigkeit ausübt und somit eine spezifische Einbeziehung der dienstnehmerähnlichen Tätigkeit in die Pflichtversicherung nicht erforderlich scheint; um die grenzüberschreitende Mobilität junger Menschen zu fördern und Auslandsaufenthalte im Rahmen von EU-Programmen nicht durch sozialrechtliche Nachteile zu behindern, ist geplant, Freiwillige, die im Zuge des Aktionsprogramms "Europäischer Freiwilligendienst" aus einem anderen Mitgliedstaat nach Österreich kommen, als Volontäre von der Unfallversicherungspflicht zu befreien. Seitens der Kommission gibt es eine Zusicherung, für die Betreffenden ein Versicherungspaket zusammenzustellen, das diese umfassend absichert. Vor allem ermöglicht die Novelle die Einbettung ärztlicher Gruppenpraxen in das bestehende Vertragssystem der Ärzte. Darüber hinaus wird die "irrtümliche" Einbeziehung der Leistungen der psychologischen Diagnostik in die Bestimmungen über den 20 %igen Selbstbehalt wieder rückgängig gemacht.

Weitere Neuregelungen betreffen die Ermächtigung der Pensionsversicherungsträger, Geldleistungen der Länder gegen vollen Kostenersatz auszuzahlen, eine Klarstellung der Gesamtvertrags-Abschlusskompetenz für Privatspitäler, eine neuerliche Aussetzung der Neuregelung der Sachleistungszuständigkeit bei mehrfacher Krankenversicherung bis zum Ablauf des Jahres 2002 sowie eine Neuregelung der Gesamtrentenbildung nach § 210 ASVG in Folge eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes.

Analog zur 58. ASVG-Novelle werden in Teilbereichen geändert: die 25. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, die 24. Novelle zum Bauern-Sozialversicherungsgesetz und die 28. Novelle zum Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz.

NEUSTRUKTURIERUNG DES HAUPTVERBANDES

Von den Regierungsparteien wurde der bereits erwähnte Abänderungsantrag hinsichtlich der Umstrukturierung des Hauptverbandes eingebracht. Gemäß diesem Antrag sind die Verwaltungskörper des Hauptverbandes: die Hauptversammlung, der Verwaltungsrat, die Geschäftsführung, die Controllinggruppe und das Sozial- und Gesundheitsforum Österreich.

Die Hauptversammlung wählt aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden und zwei Stellvertreter, denen die Vertretung der Hauptversammlung gegenüber den anderen Verwaltungskörpern des Hauptverbandes, gegenüber den Versicherten und nach außen obliegt.

Der Verwaltungsrat besteht aus 12 Mitgliedern, die auf vier Jahre entsendet werden; wiederholte Entsendungen sind zulässig. Je sechs Mitglieder werden von der Wirtschaftskammer Österreich und von der Bundesarbeitskammer entsendet. Die drei stimmenstärksten Fraktionen im satzungsgebenden Organ der jeweiligen Interessenvertretung müssen im Verwaltungsrat mit zumindest je einem Mitglied vertreten sein. Der Verwaltungsrat wählt aus seiner Mitte einen Präsidenten und einen Vizepräsidenten. Es ist vorgesehen, dass während der vierjährigen Funktionsperiode des Verwaltungsrates die gewählten Präsidiumsmitglieder immer abwechselnd für ein Jahr die Funktion des Präsidenten und des Vizepräsidenten übernehmen.

Ferner sollen laut einer Ausschussfeststellung ein Vertreter der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreich und ein Vertreter der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst in den Verwaltungsrat entsendet werden.

Dem Verwaltungsrat gehören darüber hinaus ein Vertreter des Sozialministers und des Finanzministers an. Gegen Beschlüsse des Verwaltungsrates, die finanzielle Auswirkungen haben werden, darf der Vertreter des Finanzministers, gegen sonstige Beschlüsse der Vertreter des Sozialministers schriftlich Einspruch erheben. Langt ein solcher Einspruch innerhalb von längstens fünf Werktagen schriftlich beim Verwaltungsrat ein, gilt der Beschluss als nicht gefasst. Das ihnen zustehende Vetorecht ist notwendig, um sozialpolitische Fehlentwicklungen oder nicht finanzierbare Ausgaben rechtzeitig zu vermeiden, lautet die Begründung für diese Maßnahme. Der Gedanke der Selbstverwaltung gebietet es, das Veto lediglich als Ausnahme zu gestalten.

Die Geschäftsführung besteht aus einem Sprecher der Geschäftsführung und zwei bis vier zusätzlichen Mitgliedern. Künftig soll es möglich sein, dass auch ein befähigter und erfolgreicher Manager aus der Privatwirtschaft ohne Funktionen in den Trägern der sozialen Selbstverwaltung zum Geschäftsführer des Hauptverbandes berufen werden kann. Diese Öffnung des operativen Führungsgremiums ermöglicht es dem Hauptverband auch, ausländische Führungskräfte auf dem Gebiet der sozialen Selbstverwaltung nach Österreich zu holen und von deren Erfahrungsschatz zu profitieren.

Zur Beratung der Geschäftsführung, des Verwaltungsrates und des Sozialministers wird das Sozial- und Gesundheitsforum Österreich eingerichtet, dessen Mitglieder vom Sozialminister auf vier Jahre bestellt werden. Aufgabe dieses Gremiums soll es sein, aktuelle und künftige sozialpolitische Entwicklungen zu verfolgen, zu erforschen und auf dieser Grundlage, Vorschläge zur Verbesserung der sozialen Leistungen oder der Kostenminimierung an Bundesminister, Verwaltungsrat und Geschäftsführung zu unterbreiten.

Enthalten ist in diesem Antrag auch eine Unvereinbarkeitsbestimmung. Demnach ruht für die Dauer der Ausübung einer Funktion im Verwaltungsrat, in der Geschäftsführung oder in der Controllinggruppe des Hauptverbandes eine allfällige Funktion als Versicherungsvertreter in einem Versicherungsträger. Die Obmänner und Obmann-Stellvertreter der dem Hauptverband angehörenden Versicherungsträger sind ebenso wie die leitenden Organe kollektivvertragsfähiger Körperschaften und Vereine von einer Bestellung zum Mitglied des Verwaltungsrates, der Geschäftsführung oder der Controllinggruppe ausgeschlossen. Kein Mitglied eines Verwaltungskörpers des Hauptverbandes darf gleichzeitig einem anderen Verwaltungskörper des Hauptverbandes als stimmberechtigtes Mitglied angehören. Mitglieder des Nationalrates, des Bundesrates, eines Landtages, der Bundesregierung, einer Landesregierung oder Arbeitnehmer einer politischen Partei dürfen nicht Mitglieder des Verwaltungsrates, der Geschäftsführung oder der Controllinggruppe sein.

In der Begründung des Abänderungsantrages heißt es, die bisherigen Erfahrungen hätten gezeigt, dass wesentliche Ineffizienzen in der Verwaltung des Hauptverbandes und der Versicherungsträger nicht nur durch ungenaue Kompetenzabgrenzungen der einzelnen Organe, sondern vor allem in den Mehrfachzugehörigkeiten der Organwalter begründet waren. Der Ausschluss der leitenden Organe kollektivvertragsfähiger Körperschaften oder Vereine sei deshalb notwendig, um z.B. im Falle eines Abschlusses von Kollektivverträgen Interessenkonflikte möglichst hintanzuhalten.

Die Geschäftsführer sind hauptamtlich tätig; in begründeten Ausnahmefällen kann der Verwaltungsrat seine Zustimmung zu nebenberuflichen Tätigkeiten geben.

SPÖ VERLANGT SOFORTMASSNAHMENPAKET ZUR SENKUNG DER MEDIKAMENTENPREISE

In einem Entschließungsantrag fordern die SPÖ-Abgeordneten die Bundesregierung auf, dem Nationalrat bis September 2001 ein Sofortmaßnahmenprogramm zur Senkung der Medikamentenkosten um 3 Mrd. S vorzulegen. Insbesondere müssten die Großhandelsspannen und die Apothekerspannen auf EU-Niveau gesenkt, der Direkteinkauf der Hausapotheken beim Großhandel ermöglicht und die Direktmedikamentenabgabe in Spitalsambulanzen an die Patienten vorgesehen werden. Des weiteren enthält der Antrag folgende Maßnahmen: Direkteinkauf der Sozialversicherung für chronisch kranke Menschen, den vollen Ausgleich der Mehrwertsteuer auf Medikamente, die Beschleunigung der Zulassung von Generika und die Einholung chefärztlicher Bewilligung per Fax oder e-mail.

In einem Abänderungsantrag verlangen die Abgeordneten der SPÖ die gesetzliche Verankerung des barrierefreien Zugangs zu Gruppenpraxen. So soll die Auswahl zwischen mindestens zwei in angemessener Zeit ereichbaren Vertragsärzten freigestellt werden, denn es sei unzumutbar, dass der Behandlungsbeitrag bezahlt werden muss, weil die Artpraxis nicht barrierefrei erreichbar ist, Krankenhausambulanzen aber barrierefrei sind, heißtes in der Begründung. Außerdem sei darauf zu achten, dass eine ausreichende Zahl von Vertragsordinationen mit barrierefreiem Zugang besteht.

In einer Ausschussfeststellung zur Chipkarte heißt es, dass in Hinkunft die Anwendungsmöglichkeiten der Chipkarte in voller Übereinstimmung mit dem Datenschutz und dem Einvernehmen der Betroffenen auch für eine über die derzeit festgelegten Anwendungen hinausgehende Verwendung zur Verfügung stehen wird.

Abänderungsanträge von FPÖ und ÖVP zur GSVG- und BSVG-Novelle beinhalten vor allem um die geschlechtsneutrale Ausgestaltung der Teilzeitbeihilfe, die mit 1. Juli 2001 in Kraft treten wird.

In einem §-27-Antrag zum Landarbeitsgesetz 1984 geht es um die Erweiterung des Geltungsbereiches dieses Gesetzes.

DIE 99 FRAGEN DER SPÖ AN MINISTER HAUPT

Die Abgeordneten der SPÖ im Sozialausschuss richteten beinahe 100 Fragen an Sozialminister Haupt. Unter anderem wollten sie wissen, wie Haupt zum Prinzip der Selbstverwaltung stehe und wie er die Bedeutung der Selbstverwaltung in der Sozialversicherung sehe, welche Auswirkungen die Einbeziehung der Vertragsbediensteten in die Beamten-Kranken- und Unfallversicherung auf die Einnahmen der neun Gebietskrankenkassen habe, welche Maßnahmen er im Bereich der betrieblichen Gesundheitsförderung plane und ob weitere Leistungseinschränkungen in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung geplant seien. Zudem stellten sie die Frage, welchen sozialpolitischen Fortschritt die 58. ASVG-Novelle überhaupt enthalte.

Abgeordnete Silhavy sprach im Zusammenhang mit dem Abänderungsantrag von einer Anlassgesetzgebung und davon, dass die Regierung eine "unbequeme" Person "wegbringen" wolle. Sie erkundigte sich auch, warum man vor dem Sommer diese Neuregelung "durchpeitschen" möchte, weshalb man nicht die Sozialpartnereinigung als Grundlage für die Neuorganisation des Hauptverbandes genommen habe und man ohne Begutachtungsverfahren derartige inhaltliche Änderungen vornehme.

Auch ihre Fraktionskolleginnen Sophie Bauer und Barbara Prammer übten scharfe Kritik an der Vorgangsweise der Regierung. So warf Bauer Haupt vor, von demokratischen Entscheidungen abgehen zu wollen und in Wirklichkeit die Demontage der Sozialversicherung im Auge zu haben. Abgeordnete Prammer wies darauf hin, dass die WHO dem österreichischen Gesundheitssystem ein sehr gutes Zeugnis ausstelle und die österreichischen Kassen im Vergleich zu privaten Versicherungen sehr geringe Verwaltungskosten hätten.

Abgeordnete Beate Hartinger beurteilte namens der FPÖ die Reform des Hauptverbandes hingegen als zukunftsweisend und gut. Eine effiziente Struktur sei notwendig, bekräftigte sie. Darüber hinaus machte Hartinger darauf aufmerksam, dass die 58. ASVG-Novelle in einzelnen Bereichen zahlreiche Verbesserungen für die Versicherten bringe. Unter anderem nannte sie die Verpflichtung zu einer flächendeckenden qualitätsvollen medizinischen Versorgung, die Einführung von Gruppenpraxen und die Schaffung von Voraussetzungen für eine Public-Private-Partnership im Bereich der Sozialversicherungen. Gerade vom letzten Punkt erwartet sie sich eine Effizienzsteigerung.

Sozialminister Herbert Haupt verteidigte die Vorgangsweise der Regierung in Sachen Hauptverband und bekräftigte, es sei an der Zeit, "zur Reform zu schreiten". Alle am Verhandlungsprozess Beteiligten seien sich darin einig gewesen, dass das System zukunftsorientiert reformiert werden müsse und die Selbstverwaltung gestärkt werden solle. In diesem Sinn habe man in allen wichtigen Punkten auch Übereinstimmung erzielt, Differenzen in ein paar Detailfragen hätten die Regierung aber schlussendlich gezwungen, "eine gesetzliche Lösung zu versuchen".

Keine Übereinstimmung hat es Haupt zufolge insbesondere dabei gegeben, "Parteiinteressen aus dem Hauptverband durch Unvereinbarkeitsbestimmungen zu eliminieren". Genau das ist seiner Meinung nach aber wesentlich. Die Versicherten hätten, so Haupt, ein Recht darauf, in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vertreten zu werden, ohne dass es zu einer Vereinnahmung der Kassen für Parteiinteressen komme.

Was den Einfluss des Sozialministers auf die Bestellung des Präsidenten des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger betrifft, bekräftigte Haupt, er sei durchaus bereit, sich zurückzunehmen, wenn gewährleistet sei, dass jene, die im Verwaltungsrat sitzen, frei von parteipolitischen Einflüssen seien. Audrücklich begrüßt wurde von Haupt die Einrichtung des Sozial- und Gesundheitsforums zur begleitenden Fortentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems.

Massive Kritik übte der Sozialminister am Hauptverband der Sozialversicherungsträger, aber auch an einigen Kassen. Er habe das Vertrauen verloren, dass Hauptverbands-Präsident Sallmutter, aber auch andere Spitzenfunktionäre tatsächlich an einer Reform des Systems interessiert seien, sagte er. Haupt wies in diesem Zusammenhang etwa darauf hin, dass zwischen der früheren Sozialministerin Elisabeth Sickl und dem Hauptverband interne Einsparungen von insgesamt mehr als 300 Mill. S vereinbart worden seien, wovon der Hauptverband bisher genau 0,02 % realisiert habe. Es könne nicht sein, meinte der Minister, dass man zwar im äußeren Bereich - etwa bei den Medikamentenkosten oder den Ärzten - durchaus erfolgreich spare, im Inneren die vereinbarten Sparmaßnahmen aber nicht einhalte und etwa Gehälter erhöhe. Zudem seien durch die Untätigkeit des Hauptverbandes in den Jahren 2000 und 2001 wichtige Umstrukturierungsschritte unterblieben. Weiters warf Haupt Sallmutter vor, den Verlust der Krankenkassen im Jahr 2000 viel zu hoch angesetzt zu haben.

Aber auch die Zurückhaltung des Hauptverbandes gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse hat in Haupt, wie er sagte, Zweifel aufkommen lassen, ob "die Herren des Hauptverbandes" überhaupt noch an den Versicherten interessiert seien. Die Wiener Gebietskrankenkassa sei trotz gegenteiliger Aussagen ihres Obmanns immer ausreichend liquid gewesen, konstatierte er, es wäre Aufgabe des Hauptverbands gewesen, der entstandenen Verunsicherung entgegenzuwirken. Haupt vermutet außerdem, dass die Pressekonferenzen des Wiener Obmanns zu einer Erhöhung der Kreditzinsen für die WGKK geführt hättten, was einen enormen Schaden für die Versicherten bedeute.

Haupt hinterfragte aber nicht nur die Aktivitäten des Hauptverbandes, sondern auch den Solidarausgleich zwischen den Krankenkassen in der bestehenden Form. Es könne nicht sein, dass manche Kassen ihren MitarbeiterInnen Einsparungen zumuten, um die Leistungen für die Versicherten aufrechtzuerhalten, während andere Kassen diesen Weg nicht gehen und sich die notwendigen Mittel über den Ausgleichsfonds zurückholten, erklärte er. Kritisch äußerte sich der Minister außerdem dazu, dass die Bauernkrankenkasse von den anderen Kassen lange Jahre "gänzlich im Regen stehen gelassen wurde".

In weiterer Folge ging Haupt in seiner Stellungnahme auf die anderen Punkte der 58. ASVG-Novelle ein und wies u.a. darauf hin, dass damit Gruppenpraxen eingeführt, weitere Schritte für Kunstschaffende gesetzt und ZiviltechnikerInnen von Doppelversicherungen befreit würden. Zudem komme es zu einer legistischen Absicherung der Erntehelferregelung im Sozial- und Pensionsversicherungsrecht, Verwaltungserleichterungen für Betriebe im Lohnsummenverfahren, einer Rücknahme des Selbstbehalts bei der psychologischen Diagnostik, einer Weiterentwicklung der Chip-Card und Verbesserungen für Behinderte. Insgesamt ist die ASVG-Novelle für den Sozialminister "ein rundes Paket".

Im Rahmen der Beantwortung der 99 Fragen der SPÖ-Abgeordneten unterstrich Minister Haupt, dass er das Begutachtungsverfahren für ein ganz wesentliches demokratiepolitisches Instrument halte. Schon aus diesem Grunde wurde die 58. ASVG-Novelle samt den Nebengesetzen in Begutachtung versendet. Im Zusammenhang mit dem Abänderungsantrag zur Neustrukturierung des Hauptverbandes sind neben Gesprächen mit Spitzenrepräsentanten auch politische Gespräche erfolgt, sodass er, Haupt, eine Begutachtung nicht mehr für erforderlich erachtete.

Zu der Frage, ob das Beugen von Erkenntnissen eines obersten Gerichtshofes dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit entspreche, sagte der Minister, er halte es für unseriös, eine seit langem angekündigte Strukturreform des Hauptverbandes mit der Entscheidung eines Gerichtes im Einzelfall zu vermengen.

Nur die Vertragsbediensteten, die nach dem 31.12.2000 Vertragsbedienstete eines Landes, eines Gemeindeverbandes oder einer Gemeinde waren, werden in den Versichertenkreis nach dem BKUVG eingebunden; keine "Altfälle" sind davon betroffen. Gravierende Auswirkungen auf die Versichertenzahl sind nach Ansicht von Haupt nicht zu erwarten. Beachtet man, dass auch in der Landes- und Gemeindeverwaltung viele Aufgaben ausgegliedert werden und damit der Zuständigkeitsbereich der Gebietskrankenkassen wieder erweitert wird, kann von einer maßvollen, verwaltungsorganisatorisch sinnvollen Maßnahme gesprochen werden, fügte der Ressortleiter hinzu.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) befasste sich in seiner mehr als zweistündigen Wortmeldung mit dem Abänderungsantrag der Regierungsparteien, machte darauf aufmerksam, dass damit eine entscheidende Veränderung des Kräfteverhältnisses innerhalb des Hauptverbandes vollzogen werde, ohne dass Ziele und Zwecke der Eingriffe öffentlich diskutiert werden, und sprach von einer "Lex Sallmutter". Harsche Kritik äußerte er im Zusammenhang mit dem Rotationsprinzip, gehe es doch um die Führung einer Einrichtung, die 300 bis 400 Mrd. S zu verwalten habe, sagte er.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) äußerte sich zu den Ausführungen Haupts skeptisch. Er wolle den Hauptverband und die Kassen "nicht auf Biegen und Brechen verteidigen", sagte er, da sicher nicht immer alles optimal gelaufen sei, es sei aber niemals so schlecht gelaufen, dass das, was Haupt vorgelegt habe, gerechtfertigt wäre. Auch den Vorwurf an die Kassen, nicht zu internen Einsparungen bereit zu sein, aber Leistungen zurückzunehmen, erachtet Grünewald angesichts der geringen Verwaltungskosten der Krankenkassen für nicht fair. Einsparungen, wie Haupt sie sich vorstelle, sind seiner Auffassung nach nicht möglich. Das vorgesehene Rotationsprinzip läuft ihm zufolge außerdem jedem Bestreben nach Professionalität entgegen. Kein wettbewerbsfähiger Betrieb könne es sich leisten, die Spitze jedes Jahr auszutauschen.

Was die Finanzierung der Krankenkassen betrifft, geht es dem Gesundheitssprecher der Grünen nicht zusammen, dass auf der einen Seite die medizinischen Leistungen ständig verbessert werden, auf der anderen Seite die Einnahmen aber stagnierten. Zudem wandte er sich dagegen, Gesundheitspolitik nur mit den Augen eines Buchhalters zu sehen. In seiner zweieinhalbstündigen Rede sprach Grünewald darüber hinaus wichtige Probleme im Gesundheitsbereich, aber auch Fragen der Ethik an. (Fortsetzung)