Parlamentskorrespondenz Nr. 675 vom 15.10.2001

EIN GLÜCKLOSER MILITÄR ALS ERFOLGREICHER GESCHICHTSSCHREIBER

Gaius Sallustius Crispus (86 - 35 oder 34 v.Chr.)

Wien (PK) - Ein Zeitgenosse Cäsars, der als Historiograph erfolgreicher war denn als Soldat, teilt mit Cäsar (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 651) den Platz auf der dem Burgtheater zu gelegenen Seite der Rampe des Parlaments: Sallust . Sein Standbild aus Laaser Marmor wurde von Wilhelm Seib geschaffen.

Gaius Sallustius Crispus wurde im Todesjahr des Marius in Amiternum im Sabinerland geboren. Aus guter Familie stammend, strebte er schon in jungen Jahren eine politische Karriere an. In jenen für die Römische Republik kritischen Zeiten parteipolitischen Haders schien ihm der Anschluss an eine der Fraktionen die sicherste Gewähr für den Weg nach oben zu sein, und so fand der junge Sallust Zugang zu Marcus Licinius Crassus, der 60 v.Chr. ein Triumvirat mit Cäsar und Pompeius geschlossen hatte.

Wenig später erklomm Sallust die erste Sprosse der Karriereleiter und wurde Quästor, was die Grundvoraussetzung für einen Einzug in den Senat bedeutete. Im Jahr 52 v.Chr. war Sallust Tribun und unterstützte in dieser Funktion Cäsar in dessen Kampf gegen die Nobilität. Diese Haltung unterstrich er auch in zwei politischen Pamphleten ("Briefe an Caesar"), in denen er sich bedingungslos für dessen Ziele einsetzte. Damit aber schuf er sich in Appius Claudius einen hartnäckigen politischen Gegner, der eine vermeintliche Affäre Sallusts (es war von Ehebruch die Rede) dazu benützte, im Jahr 50 v.Chr. dessen Ausschluss aus dem Senat durchzusetzen.

Derart aus dem Cursus Honorum gerissen, wandte sich Sallust nur noch mehr an Cäsar, der ihn als Truppenkommandanten in Illyrien (49 v.Chr.) einsetzte. Da Sallust sich dort nicht durchsetzen konnte, versetzte ihn Caesar 47 v.Chr. nach Kampanien, wo er eine Meuterei afrikanischer Legionen niederschlagen sollte. Auch dort blieb Sallust der Erfolg versagt.

46 v.Chr. rehabilitierte sich Sallust als militärischer Führer jedoch mit seinem Sieg bei Cercina, der entscheidend zum positiven Ausgang von Cäsars Afrikafeldzug beitrug. Sallust wurde daraufhin Statthalter der neu geschaffenen Provinz in Afrika.

Die Ermordung Cäsars zwei Jahre später bedeutete aber das endgültige Ende aller politischen Ambitionen Sallusts. Er zog sich ins Privatleben auf die in Rom berühmten "sallustischen Gärten" zurück und widmete sich dort der Schriftstellerei. Ende 35 oder Anfang 34 v.Chr. starb er.

DAS WERK

Wiewohl auch Sallust "Historiae" verfasste - die freilich nur den Zeitraum von 78 bis 61 v.Chr. umfassten und nur noch in Bruchstücken erhalten sind, wurde er primär durch zwei andere Werke berühmt, den "Bellum Jugurthinum" ("Der jugurthinische Krieg") und vor allem die "Coniuratio Catilinae" ("Die Verschwörung des Catilina"). Schildert Sallust in ersterem den Kampf der Römer gegen den afrikanischen Monarchen, der zugleich in den Augen Sallusts auch ein Kampf zwischen der Zivilisation und der Barbarei war, so hat letzteres die kritische Phase der Geschichte der Römischen Republik vor dem Auftreten der ersten Triumviren zum Inhalt. Die "Verschwörung" ist auch zugleich Sallusts erstes Werk, wobei er, wie auch bei "Krieg gegen Jugurtha", als Zeit- und Augenzeuge aus den eigenen Erfahrungen schöpfen konnte.

Catilina wird dabei, wohl entgegen der historischen Wahrheit, als skrupelloser Machtmensch geschildert, der Rom seine Diktatur aufzwingen will und der in Cicero seinen Meister findet. Die vier Reden Ciceros gegen Catilina (deren erste mit den berühmten Worten "Wie lange noch, Catilina, willst du unsere Geduld missbrauchen?" beginnt) sind denn auch der Auftakt zur erfolgreichen Vereitelung der Verschwörung. Catilina sieht sich zur Flucht gezwungen und geht schließlich im Kampf gegen die loyal zur Republik stehenden Truppen unter.

König Jugurtha wiederum, Nachfolger alter römischer Verbündeter wie etwa König Massinissa im Kampf gegen Karthago, wird Rom zum Feind, als er versucht, sein eigenes Reich auf Kosten Roms zu vergrößern. Auch in diesem Falle betätigt sich Sallust nicht nur als bloßer Chronist, sondern macht das Geschehen durch seine lebendige Sprache zeitnah und anschaulich. Vor allem aber die "Catilinarische Verschwörung" wurde zum Klassiker Sallustschen Schreibens, deren Rezeption noch bis in unsere Tage Historiker wie Schriftsteller gleichermaßen bewegt und anregt.

(Schluss)