Parlamentskorrespondenz Nr. 239 vom 05.04.2002

SCHÖNBRUNN-ERFOLGSSTORY SOLL IM MARCHFELD FORTGESETZT WERDEN

Bautenausschuss für Marchfeldschlösser-Betriebsgesellschaft

Wien (PK) - Im heutigen Bautenausschuss unter dem Vorsitz von Obmann Walter Tancsits stand zunächst die Restaurierung, Erhaltung, Öffnung und Belebung der Marchfeldschlösser SchloßHof und Niederweiden zur Debatte. Als erster Schritt zur Errichtung einer in Zukunft vielleicht sogar grenzüberschreitenden "Schlösser-Straße" Marchfeld-Ungarn-Südmähren beschlossen SPÖ, FPÖ und ÖVP auf Antrag der Koalitionsparteien die Errichtung einer "Marchfeldschlösser Revitalisierungs- und Betriebsgesellschaft m.b.H." als gemeinsame Tochtergesellschaft der Schloss Schönbrunn Kultur- und Betriebsgesellschaft und der Schönbrunner Tiergarten-Gesellschaft mit Sitz in Engelhartstetten (628/A). Abgeordnete Evelin Lichtenberger (G) begrüßte den Beschluss grundsätzlich, behielt sich eine Zustimmung aber für das Plenum vor, da es für sie noch offene Fragen hinsichtlich einer ökologisch verantwortbaren Verkehrsanbindung für das Projekt gab. 

In der Debatte fragte Abgeordnete Lichtenberger grundsätzlich, ob ein "Disneyland auf Barockniveau" oder Seminarzentren geplant seien und erkundigte sich nach den geplanten Grundstückstauschgeschäften mit den Bundesforsten sowie nach allfälligen Privatisierungen öffentlichen Eigentums.

Abgeordneter Reinhard Firlinger (F) brachte einen ebenfalls abgenommenen Abänderungsantrag ein, der den Grundantrag um die Institutionalisierung eines Beirats und eines Aufsichtgremiums erweitert. Für Firlinger ging es um die Revitalisierung von brachliegendem Kulturgut und um einen ersten Schritt in Richtung einer zukünftigen Schlösserstraße. Die Frage, ob die Verkehrsanbindung per Straße oder Bahn erfolgen werde, sei nicht notwendigerweise heute schon zu klären, widersprach der Abgeordnete seiner Vorrednerin.

Abgeordneter Kurt Eder (S) sah die Chance, die "Erfolgsstory Schönbrunn" im Marchfeld fortzusetzen und verwies ausdrücklich auf das Beispiel der weltbekannten Loire-Schlösser in Frankreich. Die von Abgeordneter Lichtenberger angesprochene Straße müsse im Zusammenhang der EU-Osterweiterung ohnedies gebaut werden, meinte Eder, der keineswegs die Gefahr sah, dass im Osten Wiens ein Disneyland entstehen könnte. Seine Fragen richteten sich auf die Finanzierung des Projekts, den Beitrag Niederösterreichs und allfällige Privatisierungen, wobei Eder grundsätzlich dafür eintrat, die Schlösser im Bundesbesitz zu belassen. Die SPÖ stimme diesem Projekt zu.

Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) betonte den regionalpolitischen Aspekt des Projekts und die Bedeutung des Tourismus für die Region Weinviertel. Es sei sinnvoll, die beiden erfolgreichen Schönbrunn-Gesellschaften einzubinden, eine Verknüpfung mit Verkehrsfragen dürfe nicht dazu führen, dass die Verabschiedung dieses Antrags verzögert werde.

Abgeordnete Andrea Wolfmayr (V) machte darauf aufmerksam, dass es sich bei den Marchfeldschlössern um Barockschlösser handle, die als Gesamtkunstwerke erbaut wurden, und begrüßte ausdrücklich, dass im vorliegenden Antrag die Möglichkeit angesprochen werde, die Schlösserstraße grenzüberschreitend nach Südmähren fortzusetzen. Auch Wolfmayr sah keine Gefahr, dass ein Disneyland entstehen könnte, es handle sich um ein Projekt des sanften Tourismus.

Abgeordneter Robert Rada (S) trat dafür ein, die öffentliche Schienenverbindung auszubauen und die bestehende Bahn nach Engelhartstetten nicht einzustellen. Es gelte, Staus auf den Straßen zu vermeiden, sagte Rada, der Formen des sanften Tourismus mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Marchfeld schon deshalb für geboten hielt, weil die Schlösser im Bereich des Nationalparks Donauauen liegen.

Abgeordneter Werner Fasslabend (F) machte geltend, dass SchlossHof in unmittelbarer Nähe der slowakischen Hauptstadt Bratislava liege. Die Marchfeldschlösser böten somit zwei Großstädten ein kulturelles und touristisches Angebot. Fasslabend begrüßte ausdrücklich die Einbindung des "Marketing-Genies Pechlaner" und bezifferte die Beteiligung des Landes Niederösterreich an diesem Projekt mit 3 bis 4 Mill. €.

Abgeordneter Detlev Neudeck (F) sprach von einem Erfolg versprechenden Projekt für die Region Weinviertel und hielt es angesichts der Lage der Bauwirtschaft für den richtigen Zeitpunkt, 28 Mill. € in arbeitsintensive Hochbauprojekte zu investieren.

Bundesminister Martin Bartenstein verwies ebenfalls auf die Erfolgsgeschichte in Schloss und Tiergarten Schönbrunn und äußerte die Absicht, die dort erfolgreichen Führungsteams ihre Arbeit fortsetzen zu lassen. Gelinge es, die beiden in Schönbrunn tätigen Geschäftsführer zu motivieren, in die Vermarktung der Marchfeldschlösser einzusteigen, sei dies eine Erfolgsgarantie, sagte der Minister. Mit dem nunmehr vorliegenden Abänderungsantrag werde fixiert, dass ein alleiniger Geschäftsführer von den beiden Eigentümergesellschaften bestellt werde. Auch Bartenstein sah die Zukunftsperspektive einer grenzüberschreitenden Erweiterung des Projekts in Richtung Slowakei und Ungarn. Auch für ihn drängte sich der Vergleich mit den Loire-Schlössern auf. 

Hinsichtlich der Finanzierung teilte der Minister mit, dass Mittel aus der Hochbaumilliarde der Zweckwidmung zur Verfügung gestellt werden und in Zukunft umweltverträgliche Verkehrsträger geschaffen werden sollen, wobei der Minister das Beispiel des Radweges um den Neusiedlersee als Vorbild nannte.

Am Bundeseigentum an den Schlössern und Grundstücken wolle er nichts ändern, wohl aber privaten Eigentümern die Möglichkeit bieten, bei diesem Projekt mitzumachen.

Ein Experte des Ressorts informierte über die geplante Übertragung des Fruchtgenusses an die Betriebsgesellschaft und über die Absicht, landwirtschaftlich genutzte Flächen, die sich derzeit im Besitz des Landwirtschaftsministeriums befinden, zu erwerben. Die Nutzungsrechte an Flächen der Bundesforste sollen im Tausch gegen die Einbeziehung des den Bundesforsten gehörenden Schlosses Eckartsau in das Marketing-Konzept erworben werden. Der Experte gab auch Auskunft über den geplanten Tierparks für historische Jagdwildrassen und hielt es für möglich, dass die Betriebsgesellschaft den Break-even-point bereits in fünf Jahren erreicht, sofern es gelinge, 200.000 Besucher pro Jahr zu gewinnen.

EIN EINFACHERES, BILLIGERES UND EU-KONFORMES EICHWESEN

Eine R egierungsvorlage zur Änderung des Maß- und Eichgesetzes sowie des Akkreditierungsgesetzes bringt die Harmonisierung beider Gesetze mit dem Gemeinschaftsrecht und zielt auf eine Entlastung der öffentlichen Haushalte durch die erweiterte Heranziehung privater Eichstellen. Der Entfall der Inspektoren der Eichaufsichtsbezirke soll zu flacheren Strukturen im Eichwesen führen (786 d.B.).

In der Debatte bemängelte Abgeordnete Evelin Lichtenberger (G), dass sich die Bundesregierung nicht dazu habe durchringen können, die Grundsatzentscheidung für die Beibehaltung staatlicher Organe oder für das anglo-amerikanische Modell privater Stellen zu treffen, sondern eine Lösung dazwischen ohne ausreichende Kontrolle und Strafen anpeile, die die Schwächen beider Modelle verbinde. Dies sei "weder Fisch noch Fleisch" - die Grünen könnten nicht zustimmen, weil die Konsumenteninteressen zu kurz kommen.

Abgeordneter Johann Maier (S) äußerte schwere Bedenken gegen den Weg der Privatisierung im Bereich des Eich- und Vermessungswesens und kritisierte, dass die Bundesregierung vorhandene nationale Handlungsspielräume bei der Formulierung des Gesetzes nicht ausgeschöpft habe. Meier vertrat daher entschieden den eingangs der Sitzung auf die Tagesordnung gesetzten Entschließungsantrag 628/A[E] für eine Novelle des Maß- und Eichgesetzes seiner Fraktion, der auf eine flächendeckende österreichische Marktbeobachtung, Erhöhung der Strafen bei Gesetzesverstößen wie "schlampigen Abfüllungen" und die Abschöpfung unlauter erzielter Gewinne von Herstellern zielte. Weiters trat Maier dafür ein, eine "Mindestmengenregelung" zu schaffen, eine "Mogelpackungsverordung" zu erlassen und dafür zu sorgen, dass die Einhaltung der Schankgefäßverordnung in Abendlokalen kontrolliert wird. Darüber hinaus verlangt die SPÖ ein harmonisiertes Informationsverfahren auf europäischer Ebene. Die Regierungsvorlage werde diesen Forderungen nicht gerecht, die Sozialdemokraten könnten ihr daher nicht zuzustimmen, führte Abgeordneter Johann Maier aus.

Abgeordneter Heribert Donnerbauer (V) sah demgegenüber keinen Anlass zu grundsätzlichem Misstrauen gegenüber privaten Kontrollstellen, da diese den Vorteil hätten, wesentlich billiger zu arbeiten, was letztlich den Konsumenten zugute komme. Die von Meier verlangten Änderungen seien nicht notwendig und teilweise EU-widrig. Für die Marktbeobachtung seien ausreichende Vorkehrungen getroffen und die vorgesehenen Strafen für Verstöße hoch genug.

Abgeordneter Herbert Graf (F) wies darauf hin, dass private Kontrollstellen für die Akkreditierung hohe Qualititätskriterien erfüllen müssen und überdies Haftungsbestimmungen vorgesehen seien.

Abgeordneter Johann Maier (S) sprach von keineswegs adäquaten Strafen und nannte Beispiele für zahlreiche Fälle von "legalem und illegalem Betrug am Konsumenten".

Staatssekretärin Mares Rossmann sagte den Abgeordneten zu, dass die Marktbeobachtung ausgeweitet werde und schloss sich der Auffassung an, dass der vorgesehene Strafrahmen für Gesetzesverstöße ausreichend sei. Die Einführung einer Mogelpackungsverordnung nach deutschem Vorbild werde im Wirtschaftsressort geprüft.

Die Regierungsvorlage wurde unter Berücksichtigung eines Abänderungsantrages, der das Inkrafttreten der Gesetzes mit 1.1.2004 fixiert, mit F-V-Mehrheit verabschiedet. SP-Entschließungsantrag 628/A[E] blieb in der Minderheit der Oppositionsparteien.

DIE GRÜNEN FÜR ÖKOLOGISCHES BAUEN UND SOZIAL GERECHTES WOHNEN

Jeweils einstimmig vertagt wurden schließlich zwei Entschließungsanträge der Grünen. Im Antrag (413/A[E] ) ging es um e ine unverzügliche Aufnahme von Verhandlungen zwischen dem Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit und den Bundesländern zur Vereinheitlichung der neun unterschiedlichen Bauordnungen auf einem hohen ökologischen Niveau. Die Grünen wollen die Kyoto-Ziele erreichen und Einsparungspotenziale im Ausmaß von zwei bis vier Prozent nutzen.

In einem Zwischenbericht informierte Staatssekretärin Mares Rossmann über die in ihrem Ressort seit vielen Jahren betriebenen Bemühungen für eine Vereinheitlichung der Bauordnungen und nannte die Vorarbeiten für eine Musterbauordnung und eine Studie zum Binnenrechtsvergleich. Fortschritte konnten im Bereich der technischen Vorschriften, etwa bei den Bauprodukten erzielt werden. Weitere Fortschritte erwartet die Staatsekretärin durch die Vereinheitlichung der Genehmigungsverfahren im Zuge der Verwaltungsreform.

Die Abgeordneten Evelin Lichtenberger (G) und Detlev Neudeck (F) argumentierten für die Vertagung, um die Fertigstellung der von der Staatssekretärin in Aussicht gestellte Studie für eine Musterbauordnung abzuwarten. Den Optimismus der Staatssekretärin, dass künftig weitere Schritte zu Vereinheitlichung der Bauordnungen gesetzt werden können, teilte Abgeordnete Lichtenberger (G) ausdrücklich nicht.

Ein weiterer Entschließungsantrag der Grünen (485/A[E]) zielt auf weitreichende Reformen in der Wohngesetzgebung. Unter anderem tritt die kleinere Oppositionsfraktion dafür ein, eine Informationsbörse für alle Wohnformen zu schaffen, die Mietzinse einfacher, transparenter und gerechter zu regeln, die Maklerprovisionen für Wohnungen zu senken und die Zuschläge im System der Richtwertzinsbildung zu begrenzen. Weitere grüne Forderungen: Erweiterung des Geltungsbereichs des MRG, Begrenzung der Hausbetreuungskosten und eine Reform der Wohnbauförderung.

Abgeordneter Mathias Ellmauer (V) sah positive Auswirkungen der jüngsten Wohnrechtsnovellen und machte insbesondere darauf aufmerksam, dass der Index der Wohnungskosten erstmals seit 1980 sinke. Da die jüngste Wohnrechtsgesetz-Novelle in ihren Auswirkungen noch nicht vollständig abschätzbar sei, beantragte der Abgeordnete, die Beratungen des gegenständlichen Antrages zu vertagen.

Abgeordnete Ilse Burket (F) nannte den Entschließungsantrag ein unbrauchbares Sammelsurium von Wünschen, Anregungen und Beschwerden und plädierte für die Fortsetzung des erfolgreichen Weges der Bundesregierung in der Wohnungspolitik.

Abgeordnete Doris Bures (S) wies Versuche der Koalitionsparteien zurück, die Entwicklung auf dem Mietwohnungssektor "schönzureden". Die Mietengestaltung werde immer undurchschaubarer, die Rechtsdurchsetzung wurde in den letzten beiden Jahren massiv verschlechtert und das Mietrecht ausgehöhlt, klagte die Abgeordnete und äußerte ihr Bedauern darüber, dass sich innerhalb der Regierung niemand finde, der sich auf die Seite der Mieter stelle. (Schluss)