Parlamentskorrespondenz Nr. 396 vom 23.05.2007

Oppositionelle Initiativen im Sozialausschuss

Alle Anträge wurden vertagt bzw. abgelehnt

Wien (PK) – Auf der umfangreichen Tagesordnung der heutigen Sitzung des Sozialausschusses stand auch eine Reihe von oppositionellen Anträgen, die entweder vertagt oder abgelehnt wurden. So forderten die Grünen etwa eine sozialrechtliche Absicherung von Menschen in Beschäftigungstherapie, die Freiheitlichen wiederum traten für eine gerechtere Schwerarbeiterregelung sowie für die Durchführung einer Studie über die finanziellen Auswirkungen der Zuwanderung in Österreich ein. Das BZÖ sprach sich dafür aus, jenen alleinstehenden Frauen, die das 60. Lebensjahr vollendet und keine ausreichende Altersversorgung aus Eigenmitteln haben, als Anerkennung für die Erziehung ihrer Kinder eine monatliche Unterstützung zukommen lassen (maximal 150 € und zunächst für ein Jahr). Außerdem setzte sich das BZÖ für ein freiwilliges Sozialdienstjahr ein, das als Teil der Berufsausbildung anerkannt wird.

Einstimmig angenommen wurde schließlich auch noch die Änderung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes, bei dem es vor allem um die Organisationsreform der Verwaltungsorgane der BUAK sowie der regionalen Verwaltungseinheiten ging.

Grüne monieren fehlende sozialrechtliche Absicherung von Menschen in Beschäftigungstherapie

In einem G-Entschließungsantrag wird der Sozialminister ersucht, bis Ende des Jahres einen Entwurf für die Schaffung einer bundeseinheitlichen sozialrechtlichen Absicherung für Menschen, die in einer Beschäftigungstherapie tätig sind, vorzulegen. Man geht davon aus, dass derzeit ca. 40.000 Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in Österreich leben. Davon arbeiten ca. 15.000 im sekundären Arbeitsmarkt, der so genannten Beschäftigungstherapie.

Da diese Personen nur ein Taschengeld erhalten, welches weit unter der Geringfügigkeitsgrenze liegt, sind sie nicht eigenständig kranken-, pensions-, unfall- und arbeitslosenversichert, argumentiert die G-Abgeordnete Theresia Haidlmayr. Neben der mangelnden rechtlichen Absicherung bestehe das Problem, dass es in allen neun Bundesländern unterschiedliche Regelungen gibt.

Mit dieser Thematik beschäftige sich eine Arbeitsgruppe der LandessozialreferentInnen gemeinsam mit dem Sozialministerium, erinnerte Abgeordnete Christine Lapp (S). Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, diese Menschen in den Bereich der bedarfsorientierten Mindestsicherung überzuführen. Wichtig sei vor allem, dass das neue Modell nicht zu einer Verschlechterung führe. Sie stellte sodann einen Vertagungsantrag.

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) betonte noch einmal, dass die Betroffenen weder in Urlaub noch in die Arbeitslose gehen können, wie dies für andere Arbeitnehmer ganz normal sei. Die Grünen drängen nun schon seit über 16 Jahren darauf, eine Lösung in diesem Bereich zu finden.

Abgeordneter Herbert Kickl (F) unterstützte den Antrag der Grünen. Er verstehe nicht, warum die Regierung diesen vernünftigen Forderungen nicht nachkomme; dies sei eine Frage der Menschenwürde.

Bundesminister Erwin Buchinger verwahrte sich dagegen, dass Menschen, die in einer Beschäftigungstherapie tätig sind, dort "gehalten" werden. Aus eigener persönlicher Erfahrung wisse er, dass es sehr viele gute Einrichtungen gibt, wo sich die Menschen wohl fühlen. Wie bereits angekündigt werde eine Arbeitsgruppe mit den Landessozialreferenten versuchen, neue Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Sein Ziel sei es, das Betreuungsverhältnis in ein Beschäftigungsverhältnis umzuwandeln. Allerdings gebe es einige "Pferdefüße", auf die man achten müsse, da durch diese Umstellung gewisse finanzielle Ansprüche (z.B. Familienbeihilfe) erlöschen.

Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt.

FPÖ-Antrag betreffend "gerechtere Schwerarbeiterregelung"

Die Freiheitlichen kritisieren in einem Antrag die aus ihrer Sicht unsoziale Schwerarbeiterregelung und fordern, dass Schwerarbeiter auf Grundlage notwendiger Versicherungszeiten ohne Abschläge mit 60 Jahren einen Pensionsanspruch erhalten. Derzeit werde Schwerarbeit nämlich nur dann berücksichtigt, wenn sie in den letzten 20 Berufsjahren für eine Dauer von mindestens 10 Jahren geleistet wurde. Und auch in diesem Fall könne man nicht abschlagsfrei mit 60 in Pension gehen, zeigen die F-Abgeordneten auf. Die Pension werde – trotz Einstufung als Schwerarbeiter – um 9 % gekürzt.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) schloss sich den Forderungen der Freiheitlichen an, da es ein Zynismus sei, wenn eine "Schwerarbeiterregelung" dazu führt, dass man mit 60 Jahren nur mit einem Abschlag in Pension gehen kann. In vielen Berufen werde dieses Antrittsalter gar nicht erreicht, da vorher Invaliditätspensionen in Anspruch genommen werden müssen.

Er habe schon in den letzten Jahren diese Regelung heftig kritisiert, da viele schwer arbeitende Menschen diese Maßnahme gar nicht in Anspruch nehmen können, meinte Abgeordneter Dietmar Keck (S). Er sei der Auffassung, das das gesamte Gesetz sehr rasch novelliert werden müsse.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) sprach von einer europaweit einmaligen Regelung, da sie schwer arbeitenden Menschen ermögliche, zu besseren Bedingungen in den Ruhestand zu gehen. Da sie erst seit dem 1.1.2007 in Kraft sei, könne man noch nicht endgültig beurteilen, welchen Änderungsbedarf es gebe.

Seine Fraktion werde sich einer Diskussion nicht verschließen, erklärte Abgeordneter August Wöginger (V). Grundsätzlich halte er die Regelung für vernünftig, etwaige Verbesserungen können eingearbeitet werden.

Es sei richtig, dass die Lösung hinsichtlich der Schwerarbeiter sehr problematisch sei, konstatierte Sozialminister Erwin Buchinger. Es wurde weder der Personenkreis genau festgelegt noch seien die Zugangsbedingungen und die Abschläge verständlich. Eine umfassende und rasche Korrektur sei daher notwendig; eine entsprechende Arbeitsgruppe habe ihre Tätigkeit bereits aufgenommen.

Der Antrag wurde mehrheitlich vertagt.

FPÖ fordert Studie über die Kostenwahrheit der Zuwanderung

Statistiken, die von über 470.000 aufrechten Aufenthaltstiteln von Drittstaatsangehörigen, von über 125.000 gestellten Asylanträgen seit 2002, von über 40.000 offenen Asylverfahren, von einem Zuwanderungsplus von über 50.000 Personen pro Jahr und von über 200.000 Verleihungen der österreichischen Staatsbürgerschaft in den letzten fünf Jahren ausgehen, und die Tatsache, dass Zuwanderer etwa Deutschland pro Kopf durchschnittlich 2.400 € pro Jahr kosten, veranlassen FPÖ-Abgeordnete, für eine Studie über die fiskalische Wirkung der Zuwanderung in Österreich und die sich daraus ergebenden Belastungen für das österreichische Sozialsystem einzutreten.

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (S) warf den Freiheitlichen vor, Ressentiments zu schüren und die Sozialschmarotzer-Debatte wieder anheizen zu wollen. Es wäre viel sinnvoller, die Energie dafür aufzuwenden, sich Maßnahmen zu überlegen, wie man die Integration der ausländischen Mitbürger im Bildungssektor oder am Arbeits- und Wohnungsmarkt verbessern könne. Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) fragte die freiheitlichen Antragsteller konkret, bei welchen Sozialleistungen sie einsparen wollen.

Er frage sich, wovor man Angst habe, wenn sich die finanziellen Auswirkungen der Zuwanderung im Rahmen einer Studie anschaue, meinte Abgeordneter Herbert Kickl (F). Er kam auch noch auf das dänische Modell zu sprechen, das eine Differenzierung vornehme, wodurch Ausländer erst nach einigen Jahren Zugang zu den vollen Sozialleistungen haben. Dieses Thema sei eines der drängendsten Fragen in den nächsten Jahrzehnten und seine Partei werde der Regierung eine Diskussion darüber sicher nicht ersparen.

Abgeordneter Karl Öllinger (G) gab zu bedenken, dass die meisten Ausländer und Migranten zu den einkommensschwächeren Bevölkerungsgruppen gehören und dadurch natürlich ein Recht auf Sozialleistungen haben. Außerdem gebe es auch in Österreich Zugangsbeschränkungen; manche Sozialleistungen können von ausländischen Staatsbürgern erst nach einer gewissen Übergangszeit bezogen werden.

Abgeordnete Ursula Haubner (B) konnte sich vorstellen, dass eine Studie zum Thema Migration und Integration durchgeführt wird, verwahrte sich allerdings gegen gewisse Formulierungen im F-Antrag.

Der Antrag wurde abgelehnt.

Abgelehnt wurde schließlich auch noch ein Antrag des B-Abgeordneten Westenthaler, der darauf abzielte, jenen alleinstehenden Frauen, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und keine ausreichende Altersversorgung aus Eigenmitteln haben, als Anerkennung für die Erziehung ihrer Kinder eine monatliche Unterstützung zukommen lassen. Diese Unterstützung soll maximal 150 € betragen und zunächst für ein Jahr gewährt werden. In einem weiteren Antrag, der vertagt wurde, forderte das BZÖ die Einführung eines freiwilligen Sozialdienstjahrs.

Geht es nach dem BZÖ, dann soll ein freiwilliges Sozialdienstjahr als Teil der Berufsausbildung (samt Auszahlung der Familienbeihilfe an Stelle der jetzigen Förderung des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz) anerkannt und auf einschlägige Ausbildungsteile für nachfolgende Pflege- und Betreuungsberufe angerechnet werden.

Organisationsreform der Verwaltungsorgane der BUAK einstimmig beschlossen

Zentraler Gegenstand der Änderung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes ist die Organisationsreform der Verwaltungsorgane der BUAK sowie der regionalen Verwaltungseinheiten. Bisher gab es für die Sachbereiche der Urlaubs- und Abfertigungsregelung je einen Ausschuss, einen Vorstand und einen Kontrollausschuss, und die Verwaltungsorgane tagten getrennt nach Sachbereichen. Der Entwurf bringt nun eine Zusammenlegung der jeweiligen Verwaltungsorgane. Es gibt nur mehr einen Vorstand, einen Ausschuss und einen Kontrollausschuss. Darüber hinaus sieht die Vorlage eine Erweiterung der Zugriffsmöglichkeit der BUAK auf die Daten der Krankenversicherungsträger vor. In Hinkunft wird eine direkte Abfrage sämtlicher Beschäftigungsverhältnisse eines Arbeitgebers möglich sein. Damit wird – heißt es in den Erläuterungen – die BUAK in die Lage versetzt, zu überprüfen, ob Arbeitgeber Arbeitnehmer auch korrekt bei der BUAK gemeldet haben. Um eine volkswirtschaftlich nachteilige Erhöhung der Lohnnebenkosten im Baubereich zu vermeiden, soll im Rahmen des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes für eine Übergangszeit von drei Jahren an Stelle des bisherigen ergebnisabhängigen Beitrags ein Pauschalbeitrag von jeweils 2,5 Mill. € aus der Gebarung Arbeitsmarktpolitik geleistet werden.

Nach zustimmenden Wortmeldungen der Abgeordneten Josef Muchitsch (S) und August Wöginger (V) signalisierte auch Abgeordneter Karl Öllinger (G) seine Unterstützung, kritisierte aber die weiterhin differenzierte Behandlung ausländischer Bauarbeiter gegenüber Inländern und lehnte das Argument ab, eine Beitragserhöhung bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse wäre volkswirtschaftlich schädlich. Staatssekretärin Christine Marek erläuterte die vorgesehene Übergangsregelung und hielt fest, dass in drei Jahren neue Regelungen gefunden werden müssen.

Die Regierungsvorlage ist in der Fassung eines von Abgeordneten August Wöginger (V) eingebrachten Abänderungsantrages mit dem 1. Oktober 2007 als neuem Termin des Inkrafttretens einstimmig verabschiedet worden. (Fortsetzung/Hausbetreuungsgesetz)


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