Parlamentskorrespondenz Nr. 936 vom 25.11.2010

Überparteiliche parlamentarische Initiative gegen Gewalt

Gewalt gegen Frauen und weibliche Genitalverstümmelung stoppen

Wien (PK) - Am heutigen Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen rufen österreichische ParlamentarierInnen, die Mitglieder der AWEPA Sektion Österreich (European Parliamentarians with Africa)sind, dazu auf, die weltweite Kampagne von UNFPA (United Nations Population Fund) und UNICEF (United Nations Children`s Fund) zur "Beendigung der Praxis der Genitalverstümmelung innerhalb einer Generation" zu unterstützen.

In allen Ländern dieser Welt sind Frauen und Mädchen von Gewalt betroffen im öffentlichen oder privaten Bereich, in Friedens- oder Konfliktzeiten. Weltweit sind allein zwischen 100 und 140 Millionen Mädchen und Frauen Opfer verschiedenster Formen der Genitalverstümmelung. Diese Gewalt an Frauen stellt eine grobe Menschenrechtsverletzung und gleichzeitig ein massives Hindernis für das notwendige Erreichen der Gleichstellung der Geschlechter auf allen Ebenen und in allen Bereichen dar. Solange es Gewalt gegen Frauen gibt, kann kein echter Fortschritt in Bezug auf Entwicklung, Gleichheit und Frieden gemacht werden.

Auch in Afrika sind täglich Tausende von Frauen und Mädchen physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt. Oft fehlen die Möglichkeiten, diese innerhalb ihrer Gemeinschaften oder gegenüber einer staatlichen Autorität anzuzeigen, weil die dafür notwendigen gesetzlichen und institutionellen Vorkehrungen und Einrichtungen fehlen, oder weil dies negative Auswirkungen auf ihre Stellung innerhalb der Gemeinschaft hätte und die Frauen und Mädchen dadurch ihre ökonomische und soziale Absicherung verlieren würden.

Die Abgeordneten der AWEPA-Sektion im Österreichischen Parlament fordern deshalb weit reichende Maßnahmen und Aktionen im Kampf gegen FGM und Gewalt an Frauen und Mädchen weltweit, aber in Afrika im Speziellen.

Forderungen der ParlamentarierInnen

Im Einzelnen werden folgende Forderungen formuliert:

Die Ratifizierung bestehender internationaler und regionaler Abkommen und Mechanismen in Bezug auf Gewalt gegen Frauen durch die Parlamente in Österreich und Europa sowie die Unterstützung internationaler Strategien und Kampagnen, beispielsweise "UNite to End Violence Against Women" des Generalsekretariats der Vereinten Nationen, "Say NO to violence against women" von UNIFEM oder die allgemeinen UN-Kampagnen "Stop Rape Now: United Nations Action Against Sexual Violence in Conflict" und deren regionale Initiativen.

Aufforderung an die jeweiligen nationalen Parlamente, die bestehenden UN-Resolutionen in Bezug auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Friedens- und Konfliktzeiten und -zonen, konkret der Resolutionen 1325 (2000, Stärkung der Rolle der Frau bei der Prävention und Bewältigung von bewaffneten Konflikten), Resolution 1820 (2008, Sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten als eigener Straftatbestand), Resolution 1888 (2009, Verhängen von Sanktionen gegen Länder, in denen sexuelle Gewalt als Kriegswaffe angewandt wird) und Resolution 1889 (2009, Festlegung genauer Zeiträume für die Erfüllung bestimmter Bedingungen seitens der Mitgliedsstaaten) und der Konvention über die Eliminierung aller Formen der Diskriminierung gegen Frauen aus dem Jahr 1979 unverzüglich und in vollem Umfang zu ratifizieren und deren Maßnahmen effektiv zu implementieren. Dies inkludiert auch die Ausarbeitung nationaler Aktionspläne und Programme, die die Partizipation von Frauen in entscheidenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Funktionen fördern und den Schutz von Frauen und Mädchen gegenüber Gewalt gewährleisten, sowie der Ausarbeitung entsprechender Monitoringsysteme. Dafür müssen auch genügend finanzielle Mittel bereitgestellt und Humanressourcen geschult werden.

Verstärkte Aufklärungsarbeit und Bewusstseinsbildung innerhalb der Parlamente und der Bevölkerung für die negativen Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen und FGM im Speziellen.

Die Förderung von Ansätzen und Präventionsstrategien, die auf lokaler Ebene mit Frauen, der Zivilgesellschaft, traditionellen Autoritäten, medizinischen Fachkräften, LehrerInnen und VertreterInnen der Lokalregierungen zusammenarbeiten. Dies inkludiert auch öffentliche Diskussionen und Debatten, die die Abschaffung speziell von FGM aufzeigen und ein Anreizsystem für jene Gemeinschaften kreieren, die FGM abgeschafft haben oder abschaffen werden. Parallel dazu müssen Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der Frau in einzelnen Gesellschaften unterstützt werden.

Den Beschluss von Maßnahmenpaketen in den nationalen Parlamenten, die einen besseren Schutz von ZivilistInnen in bewaffneten Konflikten gewährleisten, sowie von entsprechenden Gesetzen gegen die Verursacher von Gewalt gegen Frauen und Kinder, inklusive strenger und klarer Maßnahmen für eine gerichtliche Verfolgung von Tätern und der Bereitstellung von Verfahrenshilfen für Opfer.

Die Reformierung von Strategien, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu beenden, sowie um eine gleichberechtigte Partizipation von Frauen zu gewährleisten, beispielsweise durch mehr Repräsentation von Frauen in Parlamenten, in öffentlichen Gremien, der Zivilgesellschaft und lokalen Gemeinschaften.

Durchführung von Informationskampagnen im Rahmen von Bildungsmaßnahmen und Trainings zum Thema geschlechterbezogene Gewalt bei allen relevanten öffentlichen Akteuren, insbesondere der Polizei und der Gerichtsbarkeit, sowie Gesundheitseinrichtungen. Im Zuge dessen muss auch die Rolle des Mannes in der Gesellschaft und die Notwendigkeit der Stärkung der Rolle der Frau thematisiert werden.

Die AWEPA-Sektion im Österreichischen Parlament unterstützt in vollem Umfang die Anstrengungen und Aktivitäten von AWEPA International. AWEPA International ist bemüht, einen interparlamentarischen Dialog in der Region der Großen Seen (Burundi, Ruanda, DR Kongo, Uganda, Kenia und Tansania) und am Horn von Afrika zum Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Konfliktzonen, sowie zwischen anderen Ländern, in denen Gewalt gegen Frauen und Mädchen und insbesondere FGM weit verbreitete Praktiken sind, zu initiieren und organisieren. AWEPA International ist weiters bestrebt, das Thema Gewalt in allen ihren Programmen und Partnerschaften in Afrika zu etablieren und mit der Unterstützung der jeweiligen Parlamente Lobbying bei europäischen Regierungen für die Bereitstellung der erforderlichen finanziellen Mittel zu betreiben, die für die Implementierung der Maßnahmen notwendig sind. (Schluss)

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments (www.parlament.gv.at) im Fotoalbum.