Parlamentskorrespondenz Nr. 920 vom 12.10.2011

Hauptausschuss beschließt Libanon-Einsatz

Leistungen des Bundesheeres im Ausland genießen hohe Anerkennung

Wien (PK) – Mit der Mehrheit von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen genehmigten heute die Mitglieder des Hauptausschusses die Entsendung eines Logistikkontingents zur Interimstruppe der UNO (UNIFIL) in den Libanon. Bis zu 160 Angehörige des Bundesheeres sowie bis zu 50 weitere HeeresmitarbeiterInnen für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten sollen zunächst bis 31. Dezember 2012 in dieser Krisenregion ihren Dienst versehen.

Weder Außenminister Michael Spindelegger noch Verteidigungsminister Norbert Darabos verhehlten, dass der Einsatz gefährlich ist. Die Teilnahme an der Mission sei aber in einem größeren Zusammenhang zu sehen, betonte Spindelegger und verwies auf die jahrzehntelangen Erfahrungen Österreichs auf dem Golan und in der gesamten Region des Nahen Ostens. Das österreichische Bundesheer bringe daher viel Expertise mit und habe ein gutes Gespür für die Bevölkerung entwickelt. Deshalb sei der Einsatz bewältigbar und das Engagement Österreichs außerordentlich willkommen, hielt der Außenminister fest.

Auch Verteidigungsminister Darabos bekräftigte, es sei kein Zufall, dass die UNO an Österreich herangetreten ist, zumal die bisherige Tätigkeit des Bundesheeres im Ausland außerordentlich positiv bewertet werde. Trotz kritischer Stimmen hätten sich in kürzester Zeit eine ausreichende Zahl an SoldatInnen für den Einsatz gemeldet, darunter auch Milizsoldaten.

Die beiden Minister hoben explizit die hohe Anerkennung hervor, die die Tätigkeit sowie die Leistungen und Professionalität des österreichischen Bundesheeres bei Auslandseinsätzen genießen. Dieses Lob wurde uneingeschränkt von den Abgeordneten geteilt.

Sie freuten sich auch über die breite Zustimmung im Ausschuss zu dieser Mission und konnten die Argumentation des Abgeordneten Kurt List (B) nicht nachvollziehen. Für das BZÖ macht laut List der Einsatz keinen Sinn, es bestehe ein hohes Sicherheitsrisiko und die finanziellen Mittel für diesen Einsatz sollten vielmehr dem Bundesheer im Inland zugutekommen.

Für die Grünen befürwortete Abgeordneter Wolfgang Zinggl die Entsendung, da diese durch UNO-Resolutionen gedeckt ist und sich das Bundesheer seit langem in diesem Raum engagiert. Unterstützung kam auch von der FPÖ. Im Gegensatz zum Tschad-Einsatz könne man bei der Libanon-Mission von einer nachhaltigen Wirkung im Friedensprozess ausgehen, argumentierte Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F). Grundsätzlich meinte er jedoch, dass bei all diesen Auslandseinsätzen eine höhere finanzielle Refundierung für das Heer notwendig wäre.

Positiv äußerten sich auch die Abgeordneten Stefan Prähauser (S) und Oswald Klikovits (V). Die österreichischen Soldatinnen und Soldaten bringen für diesen sensiblen Einsatz die besten Voraussetzungen mit, meinte etwa Abgeordneter Klikovits. Auf die hohe Reputation Österreichs durch das starke Engagement in friedenserhaltenden Einsätzen machte Abgeordneter Prähauser aufmerksam. 

Grundlage für UNIFIL bilden die Resolutionen 425 und 426 vom März 1978. Das Mandat wurde nach dem Libanonkonflikt 2006 ausgeweitet (Resolution 1701/2006 und 2004/2011). Aufgabe der Mission ist es, die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Israel und dem Libanon zu verhindern und die Einstellung der Kampfhandlungen zu überwachen. Weiters sollen die Libanesischen Streitkräfte bei ihrer Stationierung im Süden des Libanon sowie bei der Schaffung einer Zone zwischen der Blauen Linie und dem Litani-Fluss, die frei von bewaffnetem Personal, Material und Waffen ist, begleitet und unterstützt werden. Die Mission umfasst auch humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung, darüber hinaus ist die sichere Rückkehr von Vertriebenen zu gewährleisten.

Derzeit nehmen rund 12.100 Personen aus 36 Staaten, darunter 13 EU-Länder, an der Mission teil.

Dem österreichischen Kontingent wird die Aufgabe zufallen, Transporte und Versorgungstätigkeiten durchzuführen. Der Einsatzraum umfasst den Libanon sowie Bewegungslinien und Räume mit UN-Einrichtungen in Israel, Jordanien, Syrien und Zypern. Darüber hinaus werden einige Personen auch im Hauptquartier tätig sein.

Humanitäre Hilfe für Zypern

Die Beteiligung Österreichs am Hilfseinsatz in Zypern im Rahmen des Europäischen Zivilschutz-Mechanismus (EUCPM) wurde im Nachhinein einstimmig zur Kenntnis genommen. Der kurzfristige Einsatz von zwei Angehörigen des Bundesheeres erlaubte keinen Aufschub, nachdem die Energieversorgung Zyperns im Zuge der Explosion vom 11. Juni 2011 gefährdet war.

Auf der Flottenbasis der Zypriotischen Nationalgarde "Evangelos Florakis" westlich von Larnaca waren mehrere mit Sprengstoff bzw. Munition befüllte Container explodiert, wobei das Vassiliakos-Kraftwerk, das 60% des elektrischen Energiebedarfs Zyperns abdeckt, sowie die angeschlossenen Entsalzungsanlagen schwer beschädigt wurden.

In diesem Zusammenhang unterstrichen die Abgeordneten Stefan Prähauser (S), Wolfgang Gerstl (V) und Mario Kunasek (F), das österreichische Bundesheer habe seine Bereitschaft und seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, rasch, flexibel und unbürokratisch zu reagieren.

BZÖ-Antrag auf Abhaltung einer Enquete zur Verwaltungsreform vertagt

Vertagt wurde schließlich mit S-V-G-Mehrheit der Antrag der BZÖ-Abgeordneten Josef Bucher und Ewald Stadler nach Abhaltung einer Parlamentarischen Enquete zum Thema "Verwaltungsreform in Österreich, Teil 1: Gemeindeebene".

Die Abgeordneten Reinhold Lopatka (V) und Stefan Prähauser (S) begründeten ihren Vertagungsantrag mit dem Hinweis darauf, dass für die Gemeindeorganisation die Länder zuständig seien. Außerdem habe vor kurzem ein Diskussionsprozess mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern über neue Gemeindestrukturen begonnen. Die beiden Abgeordneten erinnerten auch an die bereits beschlossene Initiative des Bundesrats, womit eine Rechtsgrundlage für Gemeindekooperationen geschaffen wurde.  

Abgeordneter Ewald Stadler (B) führte ins Treffen, dass die 2537 Gemeinden in Österreich auf einem enormen Schuldenberg sitzen und darüber hinaus Haftungen und ausgelagerte Gesellschaften in Milliardenhöhe halten. Es sei davon auszugehen, dass man mit rund 70% an "Abgangsgemeinden" zu rechnen habe, weshalb eine Zusammenlegung von Gemeinden mit unter 2500 EinwohnerInnen notwendig sei. Immer mehr Gemeinden würden in die Unfinanzierbarkeit hineinschlittern, mahnte Stadler, die Folge seien weitere Gebührenerhöhungen für Bürgerinnen und Bürger. Er brachte kein Verständnis dafür auf, dass die Verwaltungsreform noch weiter hinausgezögert wird. Es sei richtig, dass die Landtage für die Gemeindeorganisation zuständig seien, sagte er, die Grundsatzgesetzgebung dazu obliege aber dem Bund.

Die Forderung nach Abhaltung einer Enquete wurde auch von Abgeordnetem Mario Kunasek (F) unterstützt. Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) thematisierte vor allem die Belastung der Gemeinden durch deren Aufgaben im Sozialbereich und im Bildungsbereich und stellte fest, es gehe darum, zu klären, wie man in Zukunft überhaupt Kompetenzen verteilen will.

Seitens der Grünen konnte sich Abgeordneter Albert Steinhauser (G) grundsätzlich die Abhaltung einer Enquete vorstellen. Er plädierte aber dafür, einen gemeinsamen Vorschlag zu erarbeiten. (Schluss)