Parlamentskorrespondenz Nr. 194 vom 15.03.2012

Budgetausschuss gibt grünes Licht für Stabilitätsgesetze

Abgeordnete nahmen nur in Detailbereichen Abänderungen vor

Wien (PK) – Nach der gestrigen Anhörung von Budgetexperten setzte der  Budgetausschuss heute seine Beratungen über das insgesamt 27,9 Mrd. € umfassende Budgetkonsolidierungspaket der Bundesregierung fort. Nach einer lebhaften, mehrstündigen Debatte verabschiedete der Ausschuss die Entwürfe für die beiden Stabilitätsgesetze 2012 (1680 d.B. und 1685 d.B.) mit der Mehrheit der Regierungsparteien an das Nationalratsplenum, das am 28. März definitive Beschlüsse fassen wird. Abänderungen wurden lediglich in Detailbereichen vorgenommen. Ebenfalls mit S-V-Mehrheit passierten ein neuer Bundesfinanzrahmen 2013 bis 2016 samt Strategiebericht und begleitende Änderungen im geltenden Finanzrahmen sowie im laufenden Bundesfinanzgesetz (1681 d.B.) den Budgetausschuss.

Das Maßnahmenbündel zur Budgetkonsolidierung sieht unter anderem vor, den Zugang in die Frühpension erheblich zu erschweren, Gewinne aus Immobilienverkäufen stärker zu besteuern, eine befristete Solidarabgabe für Spitzenverdiener in Form einer höheren Besteuerung des Urlaubs- und Weihnachtsgelds einzuführen, die Pensionsbeiträge für Selbständige und Bauern zu erhöhen und die Bausparprämie zu kürzen. Außerdem sind eine Nulllohnrunde für Beamte, maßvolle Pensionserhöhungen, die Einführung einer Kündigungsabgabe, eine befristete Erhöhung der Bankensteuer und verschiedene Strukturreformen vereinbart (siehe PK-Nr. 162/2012 und PK-Nr. 173/2012).

Zwei von SPÖ und ÖVP vorgelegte Abänderungsanträge enthalten - neben der Beseitigung von Redaktionsversehen - auch Präzisierungen in Bezug auf die Berechnung der Kontoerstgutschrift am Pensionskonto, welche die Parallelrechnung im Pensionsrecht ersetzen soll, und in Bezug auf das Pensionskassengesetz. So soll sichergestellt werden, dass die Einnahmen aus der Vorwegbesteuerung von Zusatzpensionenen aus Pensionskassen in den Fonds für Maßnahmen gemäß Finanzstabilitätsgesetz fließen.

Außerdem fassten die Abgeordneten mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen eine Ausschussfeststellung, in der ausdrücklich die Unabhängigkeit der Parlamentsverwaltung und der Verwaltung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofs sowie die Verordnungsbefugnis der Nationalratspräsidentin in Verwaltungsangelegenheiten des Parlaments festgehalten wird.

FPÖ sieht Sparen auf Kosten der Exekutive und Budgetkosmetik

Im Rahmen der Diskussion wandten sich die Abgeordneten zunächst dem Themenblock Verwaltung und Dienstrecht zu. Abgeordneter Werner Herbert (F) eröffnete die Fragen der Abgeordneten an Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Staatssekretär Josef Ostermayer, indem er die geplante Streichung der 41. Wochenstunde beim Bundesheer thematisierte. Er erkundigte sich auch nach den Regelungen für die Jubiläumszulage bei Ressortwechsel und für das Zeitwertkonto bei der Exekutive und wollte wissen, ob geleistete Überstunden weiter finanziell abgegolten werden. Abgeordneter Christian Lausch (F) kritisierte die geplanten Personaleinsparungen beim Rechnungshof scharf. Er fragte auch nach den Konzepten für geplante Zusammenlegungen und kritisierte die Schließung der Heeresspitäler. Sein Fraktionskollege Abgeordneter Harald Stefan merkte an, dass mit der Volksanwaltschaft ein weiteres Kontrollorgan das Nationalrats von Kürzungen betroffen sei. Abgeordneter Maximilian Linder (F) fragte nach den Regelungen, die für das Überstundenkonto vorgesehen seien, und vermutete dahinter bloße Budgetkosmetik.

ÖVP: Heeresgeschichtliches Museum muss abgesichert werden

Von Seiten der ÖVP erkundigte sich Abgeordneter Oswald Klikovits danach, warum die Post die 41. Wochenstunde ihrerseits nicht gestrichen habe, und wie man diese Maßnahme beim Bundesheer abfedern werde. Was die Zusammenlegung von Staatsarchiv und Heeresgeschichtliches Museum betreffe, so sehe er darin selbst noch keine Kostenersparnis. Beim Heeresgeschichtlichen Museum handle es sich um eine wichtige Institution des Bundesheeres mit großer Tradition, das auch innerhalb der neuen Struktur als eigenständiges Museum bestehen bleiben sollte. Vor allem müsse seine anerkannte und wichtige wissenschaftliche Arbeit auch weiterhin abgesichert werden, forderte Klikovits.

Grüne: Nicht an Kontrollorganen, an Politikerpensionen sparen

Abgeordneter Werner Kogler (G) meinte, die geplanten Einsparungen ließen befürchten, dass das Budget des Rechnungshofs letztlich gekürzt werde. Es entspreche dabei nicht der Tradition von Budgetverhandlungen, dazu nicht im Vorfeld der Budgeterstellung das Gespräch mit den Kontrollorganen des Nationalrats und dem Nationalrat zu suchen. Das sei gänzlich inakzeptabel. Am Rechnungshof zu sparen, sei auch "gänzlich unsinnig". Seine Beamten würden dem Staat durch ihre Kontrollen letztlich viel Geld ersparen.

Auch Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) griff diese Kritik auf. Noch vor wenigen Monaten habe man der Volksanwaltschaft andere Budgetzusagen gemacht und sich gleichzeitig auf eine Ausweitung ihrer Tätigkeit geeinigt, die nun gefährdet sei. Abgeordneter Karl Öllinger (G) kritisierte, dass bei den hohen Politikerpensionen zu wenig eingegriffen werde. Hier sei gerade einmal eine Nullpensionsrunde herausgekommen, obwohl es viele ehemalige Politiker gebe, die nach dem alten Pensionssystem bis zu drei Pensionen beziehen könnten, aber nur einen geringen Pensionssicherungsbeitrag zu bezahlen haben. Auch bei den Pensionen der Nationalbank sei trotz bereits bestehender "Superpensionen" eine Erhöhung von 1 % zu verzeichnen.

SPÖ: Wirkungsziele müssen genau kontrolliert werden

Von Seiten der SPÖ interessierte sich Abgeordnete Angela Lueger für die Frage, ob der Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst auch die Aufnahme von Lehrlingen und behinderte Menschen betreffen werde. Sie wollte auch wissen, wie der "Papamonat" angenommen wird. Für dieses Thema interessierte sich auch Abgeordneter Kai Jan Krainer (S), der zudem die Frage der Wirkungs- und Gleichstellungsziele thematisierte. Er kündigte an, dass das Parlament über seinen Budgetausschuss hier sehr genau prüfen werde, ob der Output den vereinbarten Wirkungszielen auch entsprechen wird. SPÖ-Abgeordneter Otto Pendl thematisierte ebenfalls den Aufnahmestopp im öffentlichen Dienst und stellte die Frage, wie man hier ausgleichend wirken wolle.

BZÖ: Streichung der Überstunden für Polizei problematisch

BZÖ-Abgeordneter Christoph Hagen konzentriert sich auf die soziale Ausgewogenheit der vorgesehenen Maßnahmen im öffentlichen Dienst und sah vor allem auf die Polizei große Probleme zukommen, da die Überstunden dort für die Aufrechterhaltung des normalen Dienstbetriebes notwendig seien. Er wollte auch wissen, warum die Zusammenlegung von Staatsarchiv und Heeresgeschichtlichem Museum nicht schon heuer beginne, sondern erst 2013, und wo die Schwerpunkte des Aufnahmestopps liegen werden. Generell bezweifelt Hagen, dass die Lockerung des Versetzungsschutzes Einsparungen bringen könne.

Abgeordneter Ernest Windholz (B) befürchtet ebenfalls Probleme für die BeamtInnen der Exekutive. Die Zusammenlegung der Bezirksgerichte sollte zudem schneller erfolgen. Er verstehe nicht, warum eine Kürzung der Förderungen an Parteiakademien im Sparpaket ausgewiesen sei, aber keine Kürzung der Presseförderung des Bundeskanzleramts. Er frage sich auch, wie der Bund beim Fremdenwesen einsparen wolle.

 

Die Antworten der Bundesministerin und des Staatssekretärs

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek verwies auf Einsparungen von 72 Mio. €, die allein durch die Streichung der 41. Wochenstunde zu erwarten seien. Der Vorschlag sei aus dem Verteidigungsressort gekommen und die Umsetzung werde vom Verteidigungsministerium ressortintern geregelt. Es gebe bereits Gespräche mit der Personalvertretung, um die Maßnahmen in sozial verträglicher Weise umzusetzen. Heinisch-Hosek verwies auch darauf, dass die Post als ein ausgegliedertes Unternehmen andere Voraussetzungen als das Bundesheer habe. Dazu, wie stark der "Papamonat" im öffentlichen Dienst angenommen werde, könne sie aufgrund der schwierigen Datenermittlung derzeit keine Aussage machen.

Ein Ressortwechsel bringe keinen Verlust von Dienstjahren und beeinträchtige damit die Berechnung der Jubiläumszulage nicht. Das Zeitwertkonto werde mit der Innenministerin verhandelt, hier stehe man aber erst ganz am Anfang. Was die Planstellen des Rechnungshofs betrifft, stellte Bundesministerin Heinisch-Hosek fest, es habe dazu Gespräche mit dem Rechnungshof gegeben und eine Einigung erzielt werden können. Beim Rechnungshof gehe es nur um vier Planstellen, die bis 2016 einzusparen sind, bei der Volksanwaltschaft werden im selben Zeitraum zwei Planstellen eingespart. Man habe darauf geachtet, dass die Volksanwaltschaft ihre Aufgaben, zu denen man auch stehe, weiter optimal erfüllen könne. Bei den Pensionen könne der Bund der Nationalbank keine Vorschriften machen.

Wie Staatssekretär Ostermayer dazu ergänzte, sei ein Weg gesucht worden, Anfechtungen vor dem Verfassungsgerichtshof zu vermeiden. Daraus resultiere das vorliegende Ergebnis. Er merkte auch an, dass der Rechnungshof die ihn betreffenden Maßnahmen gutgeheißen habe. Teilbereiche des öffentlichen Dienstes müssten mehr an Belastungen tragen, damit in anderen Schwerpunkte für eine Wachstumspolitik gesetzt werden könnten. So spare auch das Bundeskanzleramt.

Die Frage der Politikerpensionen sei eine Angelegenheit des Sozialministeriums, meinte Ostermayer in Richtung von Abgeordnetem Öllinger. Was die Kritik der Opposition an der generellen Vorgangsweise der Erstellung des Budgetkonsolidierungspakets betraf, sagte Ostermayer, es sei Aufgabe der Bundesregierung, ein Budget für die Obersten Organe vorzulegen. Das Parlament werde diesem dann selbstverständlich erst die Zustimmung geben müssen.

Zur Frage, wie die Effekte des Aufnahmestopps abgefedert werden, hielt Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek fest, sie habe soeben eine Planstellen-Besetzungsverordnung erlassen, die vorsehe, dass bei Neubesetzungen erst bundesintern nach geeigneten Personen gesucht werde. Zusammen mit der Lockerung des Versetzungsschutzes werde das ein Mobilitätspaket ergeben, wobei sich die finanziellen Auswirkungen erst im Zusammenwirken aller Maßnahmen beziffern lassen werden. Prinzipiell sei der Aufnahmestopp bis Ende 2014 begrenzt, man werde diesen überschaubaren Zeitraum sicher bewältigen können, wie das auch schon in früheren Jahren der Fall gewesen sei. Der Aufnahmestopp werde vor allem den Verwaltungsbereich betreffen, bei LehrerInnen und Polizei werde es Ausnahmen geben. Es werde für die PolizistInnen sicher ein ganzes Bündel an Abfederungsmaßnahmen geben, diese seien aber im Bereich der Innenministerin zu planen und umzusetzen.

Allgemein bekräftigte Heinisch-Hosek, der öffentliche Dienst leiste einen beträchtlichen Beitrag zur Budgetstabilisierung. Die Nulllohnrunde bringe etwa 1,1 Mrd. €, dazu sollen etwa 700 Mio. € durch den Aufnahmestopp und weitere 700 Mio. € durch die Effekte von Zusammenlegungen kommen.

Staatssekretär Ostermayer bemerkte dazu noch, es gebe Bereiche, wo Zusammenlegungen leicht durchführbar sei, etwa bei den Bezirksgerichten. Ein Sonderfall seien kleine zweisprachige Bezirksgerichte in Südkärnten, die jedenfalls erhalten bleiben müssten. In anderen Fällen müsse man erst neue Strukturen schaffen, dies erfordere einen längeren Zeitraum. Das sei bei Staatsarchiv und Heeresgeschichtlichem Museum der Fall, wo man in Zukunft Synergien zu erzielen hoffe, etwa durch gemeinsame Nutzung von Ausstellungsflächen. Ein gutes Konzept dafür brauche aber sicher längere Zeiträume der Umsetzung, es könnte etwa in Richtung eines Nukleus für ein "Haus der Geschichte" gehen.

Die Förderung der Parteiakademien beruhe auf einem Gesetz, dieses müsse, so Ostermayer, daher geändert werden. Dem gegenüber werde die Kürzung der Presseförderung im Rahmen der Ermessensausgaben des Bundeskanzleramts erfolgen. Bei der Volksgruppen- und Frauenförderung werde hingegen nicht gespart.

Arbeit und Soziales: 750 Mio. € zusätzlich für Arbeitsmarktpolitik

Im Mittelpunkt der Beratungen zum Themenkomplex Arbeit und Soziales standen Änderungen im Pensionsrecht und damit verbundene Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Außerdem brachten die die Abgeordneten die von den Unternehmen künftig zu zahlende "Auflösungsabgabe" für Kündigungen und die optionale Vorabbesteuerung für Zusatzpensionen aus Pensionskassen zur Sprache. Sozialminister Rudolf Hundstorfer zeigte sich zuversichtlich, dass mit den geplanten Maßnahmen in seinem Zuständgikeitsbereich eine Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters erreicht werden kann, auf genaue Zahlen wollte er sich aber nicht festlegen.

Eingeleitet wurde die Diskussion durch Abgeordneten Herbert Kickl (F). Er bezeichnete die geplanten Budgeteinnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer und einem Abgeltungsabkommen mit der Schweiz als "Fata Morgana" und vermutet daher, dass weitere Einsparungen im Sozialbereich auf die Bevölkerung zukommen. Überdies kritisierte er, dass Pensionsprivilegien von PolitikerInnen unangetastet blieben. Sein Fraktionskollege Norbert Hofer wollte wissen, ob die geplanten Einsparungen im Gesundheitsbereich verwendet würden, um die Pflegefinanzierung sicherzustellen. Abgeordneter Werner Neubauer (F) äußerte sich kritisch zur Pensionskassenregelung. Er befürchtet überdies einen Anstieg der Arbeitslosigkeit durch den erschwerten Zugang zur Korridorpension.

Seitens der ÖVP wies Abgeordneter August Wöginger darauf hin, dass künftig auch im Bereich der Oesterreichischen Nationalbank ein Pensionssicherungsbeitrag zu zahlen sei. Überdies begrüßte er die Abschaffung der Parallelrechnung im Pensionsrecht, machte aber geltend, dass Betroffene hohe Abschläge befürchten. Weitere Fragen betrafen die Auswirkungen der Änderungen bei der Altersteilzeit.

Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) regte an, alle ArbeitnehmerInnen zwischen 40 und 50 Jahren einem "Berufs-Check" zu unterziehen. Dabei sollten berufliche Perspektiven geprüft und festgestellt werden, ob eine Umschulung oder andere Maßnahmen notwendig seien. Das würde den Menschen helfen, sich zu orientieren, zeigte sie sich überzeugt.

Die Grünen kritisierten insbesondere die geringe Beratungszeit im Parlament für das Sparpaket. Auf der einen Seite spreche die Regierung vom größten Sparpaket der Geschichte der Republik, auf der anderen Seite erhielten die Abgeordneten aber keine ausreichenden Informationen, weil ihnen zu wenig Zeit eingeräumt werde, um Fragen zu stellen und ihre Position darzulegen, meinte etwa Abgeordneter Werner Kogler (G). Ähnlich argumentierte auch sein Fraktionskollege Karl Öllinger. Er wies unter anderem darauf hin, dass es sich bei der Frage der Kontoerstgutschrift um eine komplexe Materie handle, die vom Prinzip her zwar richtig sei, deren Auswirkungen ohne Detailinformationen aber nicht beurteilt werden könnten.

Abgeordnete Birgit Schatz (G) äußerte sich positiv zur Auflösungsabgabe, hinterfragte angesichts der geringen Höhe und der vorgesehenen Ausnahmen aber deren Wirksamkeit.

Abgeordnete Renate Csörgits (S) wertete das Sparpaket insgesamt als ausgewogen. Alle Gruppen müssten einen Beitrag zur Budgetkonsolidierung leisten, der aber verträglich sei, meinte sie. Besonderes Augenmerk wird Csörgits zufolge auf die Situation am Arbeitsmarkt gelegt, hier stünden zusätzliche Mittel im Ausmaß von 750 Mio. € zur Verfügung. Abgeordneter Johann Hechtl (S) sprach Änderungen beim Tätigkeitsschutz an, Abgeordneter Dietmar Keck (S) erkundigte sich nach der Inanspruchnahme der Altersteilzeit.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) bezweifelte die Wirksamkeit der Maßnahmen im Bereich der Invaliditätspension und meinte, die Betroffenen würden künftig statt aus einem Topf einfach aus einem anderen Topf Leistungen erhalten. Seiner Ansicht nach gibt es außerdem große Defizite bei der Harmonisierung der Pensionssysteme. So könnten Beamte die "Hacklerregelung" künftig mit 42 statt mit 45 Beitragsjahren in Anspruch nehmen und dürften zudem in der Frühpension unbeschränkt dazuverdienen.

Die Abgeordneten Gerhard Huber (B) und Wolfgang Pirklhuber (G) brachten die ansteigenden Sozialversicherungsbeiträge für LandwirtInnen zur Sprache. Pirklhuber beklagte, dass gleichzeitig eine vorgezogene Feststellung der Einheitswerte und eine Datenübermittlung der Förderbeiträge durch die AMA vorgesehen seien, ohne dass die sozialen Auswirkungen dieser kumuierten Maßnahmen auf die Betroffenen dargestellt würden.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer betonte, die Abschaffung der Parallelrechnung im Pensionsrecht werde für die Betroffenen im Wesentlichen kostenneutral sein. Als Grenze für Gewinne bzw. Verluste gilt für den Jahrgang 1956 ein Deckel von plus/minus 1,5%, der bis zum Jahrgang 1965 und darüber progressiv auf plus/minus 3,5% ansteigt. Bei den der Kontoerstgutschrift zugrunde liegenden mathematischen Berechnungsgrundlagen handelt es sich laut Hundstorfer um Annäherungswerte. Man habe aber allein im Sozialministerium 6.000 Testfälle gerechnet, um zu überprüfen, ob die Formel stimmen könne, skizzierte er.

Ziel der Abschaffung der Parallelrechnung ist es Hundstorfer zufolge, die Pensionsberechnung nachvollziehbar zu machen und die Verwaltung zu vereinfachen. Für die Betroffenen werde es künftig klar ersichtlich sein, was es finanziell bringe, ein bis zwei Jahre länger in Beschäftigung zu bleiben, konstatierte er.

Der Gesetzentwurf zur Abschaffung der Invaliditätspension für Personen unter 50 soll nach Auskunft Hundstorfers Ende Juni bzw. Anfang Juli vorliegen. Es gehe um eine tiefgreifende Änderung im System, die gut vorbereitet werden müsse, meinte er. Für die Mittel, die notwendig sind, um die Betroffenen wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sei bereits vorgesorgt. Durch das Prinzip Rehabilitation vor Invalidität rechnet Hundstorfer allein bis zum Jahr 2016 mit einem späteren Pensionsantritt von durchschnittlich einem Jahr.

Die 750 Mio. €, die in den Jahren 2013 bis 2016 zusätzlich für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stehen werden, gliedern sich laut Hundstorfer wie folgt auf: 84 Mio. € für zusätzliche Eingliederungsbeihilfen für ältere ArbeitnehmerInnen, 430 Mio. € für Qualifizierungs- und Unterstützungsmaßnahmen, für gesundheitlich beeinträchtigte ältere ArbeitnehmerInnen, 45 Mio. € für Beratungsleistungen für Unternehmen und ArbeitnehmerInnen im Rahmen des Programms "Fit2Work", 61 Mio. € für Rehabilitationsmaßnahmen für Personen unter 50, 120 Mio. € für die Ausweitung der kontinuierlichen Variante der Altersteilzeit und 10 Mio. € für Personalaufwand.

Dass der erschwerte Zugang zur Korridorpension die Arbeitslosenrate erhöhen wird, fürchtet Hundstorfer nicht. Bis zum Jahr 2020 würden 90.000 Jugendliche weniger auf den Arbeitsmarkt drängen, argumentierte er. Der Minister ist auch überzeugt, dass die Anhebung der notwendigen Beitragsjahre für die Korridorpension von 37,5 auf 40 aufgrund der sechsjährigen Übergangsfrist verfassungskonform ist. 

Was die Altersteilzeit betrifft, rechnet Hundstorfer damit, dass die Blockvariante abnehmen und die kontinuierliche Altersteilzeit zunehmen wird. Im vergangenen Jahr haben ihm zufolge 2.800 Personen die Blockvariante in Anspruch genommen, für die Zukunft wird wegen des geringeren Zuschusses und der verpflichtenden Einstellung einer Ersatzkraft nur noch mit 1.600 Personen jährlich gerechnet. Für jene Arbeitnehmer, die in der Vergangenheit Altersteilzeit vereinbart haben, aufgrund der geänderten Zugangsvoraussetzungen zur Korridorpension aber mit einer Arbeitslücke von sechs bis zwölf Monaten rechnen müssen, ist ein Übergangsgeld vorgesehen. Abgeordneten Wöginger informierte Hundstorfer, dass es weiterhin möglich sein wird, mit 58 Jahren eine Altersteilzeitvereinbarung bis zum Antritt der Korridorpension abzuschließen.

Zur Frage der Politikerpensionen nach altem Pensionsrecht merkte Hundstorfer an, er halte die geltende Regelung der Pensionssicherungsbeiträge, die bis zu 14,6% ausmachen, für ausreichend. Überdies machte er geltend, dass die betroffene Personengruppe aufgrund der seit vier Jahren eingefrorenen Politikerbezüge schon länger keine Pensionserhöhung mehr bekommen habe.

Dass Beamte nur 42 Beitragsjahre für die Inanspruchnahme der "Hacklerregelung" brauchen, liege daran, dass für Beamte nur Erwerbsjahre nach dem 18. Lebensjahr zählen, unterstrich Hundstorfer. Es handle sich hierbei um kein Privileg. In Bezug auf die unbeschränkte Zuverdienstmöglichkeit von Beamten im vorzeitigen Ruhestand liege ein VfGH-Erkenntnis vor, das man zur Kenntnis nehmen müsse.

Die Auflösungsabgabe für Unternehmen wertete Hundstorfer als ersten Schritt in Richtung eines effektiven Bonus-Malus-Systems zur längeren Beschäftigung älterer Menschen. Mit der vorliegenden Abgabe zielt man ihm zufolge vor allem auf Leiharbeitsfirmen ab. Er hofft in diesem Bereich auf "einen gewissen Bremsfaktor" bei Kündigungen.

Von den verschärften Regelungen für die Geltendmachung des Tätigkeitsschutzes sind laut Hundstorfer 6.600 Personen pro Jahr betroffen. Die größte Berufsgruppe seien Bauern, gefolgt von Arbeitern und Angestellten. Im Bedarfsfall will Hundstorfer die derzeit bis zum Jahr 2015 befristete Härtefallklausel verlängern.

Durch die Pensionskassen-Regelung erwartet Hundstorfer nach wie vor Zusatzeinnahmen im Ausmaß von 900 Mio. € im heurigen Jahr. Dass vom Steuervorteil vor allem SpitzenverdienerInnen profitieren, wies er mit dem Hinweis zurück, dass die Durchschnittszusatzpension der Betroffenen lediglich 385 € pro Monat betrage. Weniger als 12% hätten eine Zusatzpension von mehr als 870 € pro Monat. Kleinstpensionen unter 2.000 € pro Jahr seien zudem bevorzugt, da für sie die Vorabsteuer nur 20% statt 25% betrage.

Jene Maßnahmen im Bereich der Sozialversicherung, die die Bauern treffen, wertete Hundstorfer als "maßvolles Paket". Angesichts des geringen Deckungsbeitrags der Pensionsversicherungsanstalt der Bauern sei eine Anhebung der Beiträge gerechtfertigt, argumentierte er. Gleichzeitig gab er zu bedenken, dass die Anhebung der land- und forstwirtschaftlichen Abgabe vor allem größere Betriebe treffe, da diese von der Höhe der Grundsteuer abhänge.

In Richtung Abgeordnetem Hofer hielt Hundstorfer fest, bevor man überlege, ob Einsparungen im Gesundheitsbereich der Pflegefinanzierung zugute kommen könnten, müssten die Kostendämpfungseffekte erst wirksam werden. Zum Vorschlag von Abgeordneter Aubauer nach einem "Berufs-Check" merkte der Minister an, es gebe bereits jetzt 62 Berufsinformationszentren des AMS, wo jeder hingehen könne. Zudem verwies er auf das bereits beschlossene Programm "Fit2Work" und die dazu geplante Informationskampagne.

Gesundheit: Opposition bezweifelt Erreichung der Einsparungsziele

Im Rahmen der Beratungen zum Themenkomplex Gesundheit äußerte die Opposition massive Zweifel daran, dass die im Budgetrahmen fixierten Einsparungen im Gesundheitsbereich tatsächlich zum Tragen kommen werden. Sowohl Abgeordnete der Grünen als auch der FPÖ machten darauf aufmerksam, dass derzeit lediglich Absichtserklärungen vorliegen, jedoch nichts fix vereinbart sei. So fürchtet etwa Abgeordneter Werner Kogler (G), dass die Länder die zur Erreichung des Einsparungsziels notwendigen Strukturreformen blockieren werden. Er regte in diesem Zusammenhang eine Fünf-Parteien-Initiative im Nationalrat zur Änderung der Bundesverfassung an, um Gesundheitsminister Alois Stöger den Rücken zu stärken und dem Bund die Steuerung des Gesundheitswesens zu ermöglichen. Man werde dann sehen, ob der Bundesrat bzw. die Länder diesen notwendigen Schritt tatsächlich blockieren, meinte er.

Ähnliche kritische Wortmeldungen kamen von den Abgeordneten Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) und Kurt Grünewald (G). Grünewald urgierte unter anderem eine Stärkung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, eine Stärkung des niedergelassenen Bereichs und eine bessere medizinische Versorgung für psychisch kranke Menschen und für Kinder. Überdies hinterfragte Grünewald die Sinnhaftigkeit von neun Ärztekammern.

Die Abgeordneten Sabine Oberhauser (S) und Wolfgang Spadiut (B) erkundigten sich nach den Auswirkungen einzelner im 2. Stabilitätsgesetz vorgesehenen Maßnahmen auf die Gebarung der Krankenversicherungen.

Gesundheitsminister Alois Stöger wies die Bedenken der Opposition zurück und bekräftigte, mit den Bundesländern sei sowohl ein "partnerschaftliches Zielsteuerungssystem" als auch eine Deckelung der Gesundheitsausgaben vereinbart. So habe man sich darauf geeinigt, die Steigerung der Gesundheitsausgaben an das allgemeine Wirtschaftswachstum zu koppeln. Das führe zu einer nominellen Obergrenze der Ausgaben von 25 Mrd. € im Jahr 2016. Kumuliert bis zum Jahr 2016 ergibt das Stöger zufolge einen Kostendämpfungseffekt von 3,4 Mrd. €. 40% dieser Kostendämpfung betreffen den Bereich der Sozialversicherung, 60% den Bereich der Krankenanstalten und damit der Länder und Gemeinden.

Um die Steuerung im Gesundheitswesen effizienter zu gestalten, strebt Stöger, wie er sagte, eine Änderung der Bundesverfassung an. Ziel sei ein bundeseinheitliches Spitalsgesetz, die Krankenhaussteuerung solle aber weiter den Trägern obliegen. Über diese Frage liefen intensive Verhandlungen mit den Bundesländern.

Zur finanziellen Lage der Krankenkassen hielt Stöger fest, bei seinem Amtsantritt als Gesundheitsminister hätten die Krankenkassen ein Defizit von zusammen 1,1 Mrd. € verzeichnet. Durch ein Sanierungspaket hätten die Kosten stark gedämpft werden können, 2010 und 2011 sei ein deutliches Plus erwirtschaftet worden. Für 2012 wird laut Stöger ein Gebarungsüberschuss von 66 Mio. € erwartet.

Die zusätzliche Belastung einzelner Krankenkassen durch verschiedene im Sparpaket verankerte Maßnahmen erachtet Stöger als verkraftbar. So rechnet er etwa damit, dass die für Beamte zuständige BVA trotz der geplanten befristeten Senkung der Dienstgeberbeiträge aufgrund der Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage weiter positiv bilanzieren wird. Ähnliches gilt für die Sozialversicherungsanstalt der Gewerbetreibenden. Stöger verwies außerdem auf die Rücklagen der Gewerblichen Sozialversicherungsanstalt und der Eisenbahn-Versicherungsanstalt.

Was das Thema psychische Erkrankungen betrifft, erachtet Stöger vor allem Präventivmaßnahmen für erforderlich. Man müsse in erster Linie bei der Ursache und nicht bei der Therapie ansetzen und etwa Arbeitslosigkeit vermeiden, erklärte er.

(Fortsetzung Budgetausschuss)