Parlamentskorrespondenz Nr. 354 vom 02.05.2012

Litauens Parlamentsvizepräsidentin zu Besuch im Hohen Haus

Litauen will der Eurozone bis 2014/15 beitreten

Wien (PK) – Bundesratspräsident Gregor Hammerl empfing heute die Vizepräsidentin des litauischen Parlaments (Seimas), Virginija Baltraitiene, die dem Hohen Haus an der Spitze einer Parlamentarierdelegation einen Besuch abstattete. An dem Meinungsaustausch über europäische und bilaterale Themen nahm auch die Vizepräsidentin des Bundesrates, Susanne Neuwirth, teil.

Der Bundesratspräsident erinnerte in seinen Begrüßungsworten an die 40-jährige Partnerschaft zwischen dem Land Salzburg und Litauen  sowie an die langen historischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern aufgrund zahlreicher österreichischer Auswanderer nach Ostpreußen und Litauen. Die aus Salzburg stammende Bundesratsvizepräsidentin Susanne Neuwirth unterstrich das Interesse ihres Landes an einer Vertiefung der Zusammenarbeit mit Litauen, insbesondere auch auf der Ebene der Universitäten.

Aktuelle Themen bildeten zunächst energiewirtschaftliche Fragen und die relativ hohe Auswanderungsquote Litauens, die einerseits zeige, dass viele junge Menschen in Litauen keinen Arbeitsplatz finden, andererseits profitierten Eltern und Großeltern in Litauen von den Überweisungen ihrer Kinder und Enkel, die auf Arbeitsplätzen im Ausland ihre gute Ausbildung unter Beweis stellen, sagten die Mandatare aus Litauen.

Im weiteren Verlauf der Unterredung informierte Bundesratspräsident Hammerl die Gäste aus dem Baltikum über die Zusammensetzung des Bundesrates, die Entsendung der BundesrätInnen durch die Landtage und über die aktuelle politische Reformdiskussion in Österreich. Dabei sprach sich Hammerl für eine Politik "nahe am Bürger" aus und warnte davor, die Zahl der Abgeordneten und BundesrätInnen zu reduzieren. "Die Demokratie braucht eine ausreichende Zahl guter Mandatare", sagte der Bundesratspräsident. Ein weiteres Thema des lebhaften litauisch-österreichischen Meinungsaustauschs bildeten soziale Probleme im Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung, vor allem der zunehmenden Mangel an Pflegepersonal für die wachsende Zahl betagter MitbürgerInnen.

Litauische Parlamentarier im Gespräch mit heimischen KollegInnen

Vor dem Gespräch mit dem Bundesratspräsidenten waren die Gäste aus dem Baltikum mit KollegInnen aus dem Nationalrat zu einem Gespräch zusammengetroffen, das von Abgeordnetem Reinhold Lopatka geleitet wurde. Gesprächsteilnehmer waren die Abgeordneten Petra Bayr (S), Johannes Hübner (F) und Alexander van der Bellen (G). Im Mittelpunkt dieser Aussprache standen die Bemühungen Litauens, sein Budgetdefizit bis 2015 auszugleichen und der Eurozone beizutreten. Bei dieser Gelegenheit teilten die Gäste aus Vilnius mit, dass Litauen in der Konsolidierungspolitik auf Einsparungen in der Verwaltung, auf Maßnahmen gegen die Schattenwirtschaft und auf höhere Steuereinnahmen setze. Litauen habe sich in den acht Jahren seiner EU-Mitgliedschaft wirtschaftlich gut entwickelt, bilde aber energiewirtschaftlich und infrastrukturell nach wie vor eine Insel in der Europäischen Union, sagten die litauischen Abgeordneten, die dafür plädierten, die Bahnverbindung von Helsinki über das Baltikum, Berlin und Wien zur Adria auszubauen.

Die hohe Auswanderungsquote Litauens sprach Abgeordneter Alexander van der Bellen (G) an und erfuhr von den Abgeordnetenkollegen aus dem Baltikum, die hohe Auswanderungsquote beweise einerseits die große Mobilität der Litauer, andererseits bereite die hohe Jugendarbeitslosigkeit jedoch Sorgen. Es sei daher einer der Zwecke ihres Österreichbesuchs, die erfolgreichen Methoden kennenzulernen, mit denen Österreich seine Jugendarbeitslosigkeit niedrig und die Jugendbeschäftigung hoch halte, führten die litauischen Politiker aus.  

Abgeordnete Petra Bayr (S) interessierte sich für EZA-Projekte Litauens in Georgien und Armenien und schlug vor, Synergien zwischen Österreich und Litauen in der Entwicklungszusammenarbeit zu nutzen.

  

Auf eine Frage des Abgeordneten Johannes Hübner (F) appellierte der Stellvertretende Obmann des litauischen Ausschusses für Europäische Angelegenheiten und Vorsitzende der Parlamentarischen Freundschaftsgruppe Litauen-Österreich, Petras Austrevicius, an die österreichischen KollegInnen, sich dafür einzusetzen, dass Kriegsverbrecher künftig Vorbehalte in europäische Dokumenten nicht als "Schlupflöcher" verwenden können, um sich der Strafverfolgung in Europa zu entziehen.

Fotos von diesem Besuch finden Sie auf der Homepage des Parlaments im Fotoalbum. (Schluss)