Parlamentskorrespondenz Nr. 356 vom 03.05.2012

Preisverleihung des Presseclub Concordia im Parlament

Publizistikpreise 2011 an ZiB-RedakteurInnen und Nina Horaczek

Wien(PK)–Demokratie existiere nicht ohne freie Medien. Die Wechselwirkung zwischen Politik und Medien müsse dabei auf Grundsätzen wie gegenseitigem Respekt und Debattenkultur beruhen. Das betonte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bei der Eröffnung der gestrigen Preisverleihung des Presseclub Concordia im Parlament.

Anlässlich des Internationalen Tages der Pressefreiheit, der jedes Jahr am 3. Mai begangen wird, erinnerte Prammer daran, dass auch heute noch viele JournalistInnen ihr Engagement für die Pressefreiheit mit ihrem Leben bezahlen. Seit Anfang des Jahres 2012 starben weltweit bereits 43 JournalistInnen bei ihrer Arbeit. In Österreich würden zwar 78% der Bevölkerung Wert auf eine freie Presse legen, so Prammer, doch sei es alarmierend, dass beinahe ein Fünftel der ÖsterreicherInnen nichts gegen eine Art von Zensur bei der Berichterstattung hätte. Daher stelle es eine wesentliche Aufgabe der Politik dar, bereits Jugendlichen die Pressefreiheit als bedeutendes Gut zu vermitteln und sie damit zu mündigen BürgerInnen zu machen, wie das etwa bei den Medienwerkstätten der Demokratiewerkstatt im Parlament praktiziert werde.

Für die Weiterentwicklung der Demokratie sah Prammer den Dialog mit den Medien sowie deren kritische und differenzierte Auseinandersetzung mit dem politischen Geschehen als entscheidend an, der medialen Skandalisierung von Inhalten müsse jedoch widerstanden werden, unterstrich sie.

Abschließend erwähnte Prammer die gute Kooperation mit dem Presseclub Concordia, der die letzten zwei Jahre auf Grund der Sanierung seines ursprünglichen Standorts in der Bankgasse Unterkunft im Parlament gefunden hatte.

Peter Bochskanl, Präsident des Presseclub Concordia, dankte der Nationalratspräsidentin für ihre Gastfreundschaft und würdigte die PreisträgerInnen für deren Vorbildwirkung bezüglich Meinungs- und Pressefreiheit.

Jedes Jahr zeichnet der Presseclub Concordia JournalistInnen und SchriftstellerInnen für herausragende publizistische Leistungen in den Bereichen Menschenrechte, Demokratie sowie Presse- und Informationsfreiheit aus. Die Publizistikpreise 2011 erhielten RedakteurInnen der Zeit im Bild in der Kategorie Pressefreiheit und die Falter-Journalistin Nina Horaczek in der Kategorie Menschenrechte. Mit einem Sonderpreis zollte die Jury des Presseclub der ungarischen Philosophin Àgnes Heller Respekt für ihren Einsatz im Namen der Menschen- und Freiheitsrechte. Für sein Lebenswerk wurde der Journalist und langjährige APA-Chefredakteur Otto Schönherr geehrt.

LaudatorInnen waren Verfassungsjurist Heinz Mayer, der Schauspieler und Kabarettist Erwin Steinhauer, Sieglinde Rosenberger, Universitätsprofessorin für Politikwissenschaft, und "Furche"-Herausgeber Heinz Nußbaumer.

Heinz Mayer vermerkte bei seiner Laudatio für die ZiB-RedakteurInnen, dass die objektive und unabhängige Berichterstattung in Österreich verfassungsrechtlich verankert ist. JournalistInnen kämen bei der Ausübung dieses Rechts allerdings immer wieder mit politischen Parteien in Konflikt, merkte er an, wenn nämlich sachliche Kritik als Bedrohung empfunden würde. Rassistische und rechtsextremistische Tendenzen in Österreich sowie unmenschliche Verfahren in der heimischen Asylpraxis könnten durch einen verantwortungsvollen Journalismus überwunden werden, wie Nina Horaczek mit ihrer Arbeit zeige, analysierte Erwin Steinhauer.

Als engagierte Intellektuelle bezeichnete Sieglinde Rosenberger die Philosophin Àgnes Heller, da diese wissenschaftliche Exzellenz mit engagiertem Auftreten für ein demokratisches Zusammenleben verbinde. Ein hohes journalistisches Ethos, Glaubwürdigkeit und Selbstbewusstsein der JournalistInnen habe Otto Schönherr bei der APA in seiner Zeit als Chefredakteur der Nachrichtenagentur eingeführt, hob Heinz Nußbaumer hervor und bemerkte, dass mit der modernisierten APA den österreichischen Medien ein neuer Zugang zur Weltöffentlichkeit geschaffen wurde.

Den Vorsitz in der Concordia-Jury führte Heribert Krejci.

Die PreisträgerInnen

Mit dem Concordia-Preis für Pressefreiheit wurden 55 ZiB-Redakteurinnen und –Redakteure ausgezeichnet. Die Jury würdigte damit deren vehementes Auftreten gegen politische Einflussnahme auf ihre Arbeit im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Sie seien VerfechterInnen der unabhängigen Berichterstattung, so die Concordia-Jury, und wirkten als Vorbilder für andere Redaktionen. Heinz Mayer beschrieb den Protest der RedakteurInnen als mutiges und sichtbares Zeichen gegen die politische Steuerung des ORF.

Nina Horaczek, Politikredakteurin in der Zeitung "Falter", erhielt den Concordia Preis der Kategorie Menschenrechte für ihre Berichte und Kommentare zum Thema Asyl. Insbesondere hob die Concordia-Jury hervor, dass Horaczek mit ihren Artikeln die Abschiebung des serbisch-stämmigen Basketball-Nachwuchstalents Denis Vuckovic vorerst verhindern konnte. Erwin Steinhauser hielt in seiner Würdigung der Politologin, Buchautorin und Journalistin Horaczek die Bedeutung ihrer Zivilcourage in der österreichischen Gesellschaft fest.

Àgnes Heller hat sich zeitlebens für die Freiheit und Rechte der BürgerInnen eingesetzt und war 2011 eine der prominentesten KritikerInnen der Mediengesetznovelle in Ungarn. Sieglinde Rosenberger verwies auf das pluralistische, moralische Wertesystem, das Heller vertritt.

Die ungarische Philosophin und Buchautorin jüdischer Herkunft überlebte den Holocaust nur knapp, ihr Vater und zahlreiche Verwandte wurden von den Nationalsozialisten ermordet. 1977 emigrierte Heller nach Australien und nahm eine Soziologie-Professur an der Universität La Trobe Melbourne ein. 1986 ging sie als Professorin für Philosophie an die New School for Social Research in New York. Sie ist Trägerin einer Vielzahl von Auszeichnungen, unter anderem des Hannah-Arendt-Preises der Stadt Bremen, des Széchenyi-Nationalpreises Ungarn sowie zweier Ehrendoktorate.

Otto Schönherr modernisierte als Leiter der APA (1959-1987) zusammen mit seinem Redaktionsteam die amtliche Nachrichtenagentur und machte sie zu einem unabhängigen Informationsdienstleister. Zuvor hatte er als Chefredakteur bei der "Kleinen Zeitung" gearbeitet. Der diplomierte Philosoph und Diplomkaufmann Schönherr habe ein Mammutwerk vollbracht, indem er die APA von der politischen Umklammerung befreite, merkte Heinz Nußbaumer an. Ganz im Sinne des Presseclub Concordia sei Schönherr immer für Ethik und Glaubwürdigkeit im Journalismus eingetreten und habe sein Schaffen der Pressefreiheit gewidmet.

Gestiftet wurden die beiden Publizistikpreise von der Bank Austria (Kategorie Menschenrechte) und der gemeinnützigen Privatstiftung Dr. Strohmayer (Kategorie Pressefreiheit). Die Insignien für die Lebenswerksauszeichnung und den Sonderpreis hatte die Firma Swarovski gestaltet.  

Der Presseclub Concordia besteht seit 1859 und ist damit die weltweit älteste Standesvertretung von JournalistInnen und SchriftstellerInnen. Ethik und Qualität im Journalismus sowie der Einsatz für Meinungs- und Pressefreiheit zählen zu den Prinzipien des Presseclub, der die Unabhängigkeit der Medienarbeit hochhält. Auch der regelmäßige Austausch von in- und ausländischen JournalistInnen wird in dem gemeinnützigen Verein gefördert.(Schluss)

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie auf der Website des Parlaments (www.parlament.gv.at) im Fotoalbum.