Parlamentskorrespondenz Nr. 478 vom 12.06.2012

Eine Erfolgsgeschichte der wissenschaftlichen Politikberatung

Würdigung von IHS-Chef Bernhard Felderer im Hohen Haus

Wien (PK) – Anlässlich des Ausscheidens von Bernhard Felderer aus dem Amt des Direktors des Instituts für höhere Studien (IHS) hatte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer heute Nachmittag zu einer  Abschiedsfeier in den Budgetsaal des Hohen Hauses geladen. Den langjährigen Direktor dieses bedeutenden österreichischen Wirtschaftsforschungsinstituts würdigten Zweiter Nationalratspräsident Fritz Neugebauer sowie der Präsident des Kuratoriums des IHS Heinrich Neisser, OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny, Finanzministerin Maria Fekter, Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle und Klaus Ritzberger (Senior Professor am IHS). Felderer bleibt auch weiterhin Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses.

Zweiter Nationalratspräsident Fritz Neugebauer begrüßte in Vertretung von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer die zahlreich erschienenen Gäste. Der Budgetsaal des Parlaments als Ort dieser Veranstaltung sei symbolisch, denn Bernhard Felderer habe sein Institut in mehr als zwanzig Jahren zu einer Schlüsselinstitution der Politikberatung geführt. Er habe sich dabei nie gescheut, seine Überzeugungen engagiert und pointiert zu vertreten, unterstrich Neugebauer.  

Heinrich Neisser dankte Felderer im Namen des Kuratoriums des IHS für seine Tätigkeit. Es sei eines seiner besonderen Verdienste, das IHS zu einem wichtigen Ort postgradualer Forschung gemacht zu haben, der sich durch die Verbindung von angewandter und von Grundlagenforschung auszeichne.

   

OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny unterstrich die Leistung Felderers, dem Institut in finanzieller wie organisatorischer Hinsicht Stabilität gegeben zu haben. Er habe dabei stets die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung im Auge gehabt und die Vielfalt in den wirtschaftspolitischen Zugängen gefördert, unterstrich Nowotny.

Bundesministerin Maria Fekter hob die Rolle Felderers als exzellentem Politikberater und fundiertem Kritiker von wirtschaftspolitischen Entscheidungen hervor. Felderer habe sich nie gescheut, gegen den Mainstream zu gehen. Sie habe von ihm gelernt, dass wirtschaftliches Wachstum nur auf stabilen Finanzen aufgebaut werden könne. Es freue sie besonders, dass es in den letzten Jahren immer die optimistischeren Prognosen des IHS waren, welche durch die tatsächliche Entwicklung der österreichischen Wirtschaft am besten bestätigt wurden, sagte Fekter.

Bundesminister Karlheinz Töchterle wies auf die besondere Verbindung von Forschung und Lehre am IHS hin. Besonders der interdisziplinäre Zugang, der dort gepflegt werde, sei ein besonderes Qualitätsmerkmal von Bernhard Felderers Tätigkeit und der Entwicklung, die in seiner Amtszeit an dieser Institution stattgefunden habe.  

Klaus Ritzberger meinte, die vielen Jahre, die er selbst mit dem IHS verbunden sei, erlaubten es ihm, die Jahre, in denen Bernhard Felderer das IHS geleitet habe, besonders zu würdigen. Seine Leitung habe sich durch politische, intellektuelle und akademische Unabhängigkeit ausgezeichnet. Felderer habe als einer der ersten moderne makroökonomische Theorien aus den USA nach Europa gebracht. Für den Erfolg des Instituts, der sich besonders im Bereich der Drittmittel zeige, sei die für ihn charakteristische Verbindung von Organisationstalent und hoher Wissenschaftlichkeit ausschlaggebend gewesen.  

Bernhard Felderer dankte in seiner Rede den VertreterInnen aus Politik und Wirtschaft, mit denen er im Laufe von mehr als zwanzig Jahren viele interessante Gespräche habe führen dürfen. Er sei stolz darauf, dass das IHS mit wissenschaftlich anspruchsvollen Modellen der Politikberatung nicht nur in Österreich, sondern auch im Ausland immer mehr Anerkennung finde. Der Schlüssel zum Erfolg sei, dass angewandte und theoretische Forschung im ständigen Austausch stehen. Es würden stets international höchst qualifizierte WissenschaftlerInnen eingeladen, um die Forschungsprojekte zu beurteilen, hielt Felderer fest. Er verknüpfte damit einen Appell an die Gesetzgebung, bürokratische Hürden bei der Zuwanderung von hochqualifizierten ForscherInnen nach Österreich zu beseitigen. 

Curriculum Vitae von Prof. Dr. Bernhard Felderer

Bernhard Felderer wurde am 21.03.1941 in Klagenfurt geboren. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Von 1964–1966 studierte er Wirtschaftswissenschaften an der "Faculté de Droit et Sciences Economiques” der Universität Paris. Von 1966–1967 war er in den USA Research Assistant bei Professor Dr. Fritz Machlup, Princeton University, und 1967–1968 Visiting Professor an der University of North Carolina. 1968–1974 arbeitete er als Assistent am Institut für Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung der Universität Karlsruhe mit Lehraufträgen für Mikro- und Makroökonomische Theorie, Wirtschaftspolitik und Ökonometrie. 1973 habilitierte er sich im Fach Volkswirtschaftslehre an der Universität Karlsruhe mit einer empirischen Arbeit über die Wettbewerbsintensität auf Arbeits- und Kapitalmärkten in Frankreich und der Bundesrepublik Deutschland.

1974–1991 arbeitete Felderer als Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität zu Köln. Seine Lehrtätigkeit erstreckte sich vor allem auf die Gebiete Makroökonomische Theorie, Wirtschaftspolitik, Wachstumstheorie, Bevölkerungsökonomie und Verteilungstheorie.

Er absolvierte zudem Studienaufenthalte in den USA und in der UdSSR und arbeitet als Professor für Volkswirtschaftslehre an der Ruhr-Universität Bochum und an der Universität zu Köln.

Von Februar 1991 bis Juni 2012 war Bernhard Felderer Direktor des Instituts für Höhere Studien in Wien. In dieser Zeit entfaltete er eine intensive Vortragstätigkeit zu wirtschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Themen. Von 2002 bis 2012 war er Mitglied des Generalrates der OeNB und zudem als Gutachter verschiedener Stiftungen und Ministerien tätig. Seit 1990 ist er Mitherausgeber der Reihe "Studies in Contemporary Economics”. Seit 2006 ist er zudem Präsident des österreichischen Staatsschuldenausschusses.

Seit 1990 führte Bernhard Felderer umfangreiche Beratungstätigkeiten der österreichischen Bundesregierung, österreichischer Verbände und Firmen zu Themen wie Konjunkturpolitik, Sozialpolitik, Forschungs- und Wissenschaftspolitik, Europäische Union, Ostintegration und Budgetpolitik durch. Felderer beriet auch osteuropäische Regierungen und Politiker, beispielsweise die ukrainischen Regierung und die ukrainischen Zentralbank zu Fragen der Privatisierungen, der Errichtung einer ukrainischen Währung und der Desintegration der ehemaligen UdSSR. (Schluss)

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments) im Fotoalbum.