Parlamentskorrespondenz Nr. 852 vom 31.10.2012

Transparenzdatenbankgesetz: Bundesrat erhebt keinen Einspruch

Opposition bleibt bei ihrer Kritik

Wien (PK) – Am Nachmittag gab der Bundesrat auch zur Errichtung einer Transparenzdatenbank und eines Transparenzportals seine Zustimmung. Ebenso passierten mehrere Doppelbesteuerungsabkommen, die Quotenerhöhung beim IWF sowie ein Abkommen mit Deutschland zur Bekämpfung grenzüberschreitender Schwarzarbeit und illegaler Leiharbeit die Länderkammer.

Vor der Debatte zur Transparenzdatenbank nahmen die Bundesrätinnen und Bundesräte das "Zentrale Gegenparteien-Vollzugsgesetz" in Verhandlung, das dazu dient, die entsprechende EU-Verordnung wirksam und anwendbar zu machen. Ziel ist es, beim außerbörslichen ("over the counter" - OTC) Handel mit Derivaten mehr Transparenz sicherzustellen und das finanzielle Risiko zu verringern. Die Vorlage wurde einhellig gebilligt.

Beim vorliegenden Tagesordnungspunkt handle es sich um die Umsetzung einer EU-Verordnung in österreichisches Recht, erläuterte Bundesrat Edgar MAYER (V/V), wobei es vor allem um die Einführung von Kontrollinstrumenten beim Handel von OTC-Derivaten gehe. Da diese "ominösen Finanzprodukte" als eine der Hauptverursacher der aktuellen Wirtschaftskrise betrachtet werden könnten, seien neue Regelungen wie die Installierung von Risikomanagementverfahren oder von umfassenden Meldepflichten im Rahmen eines Transparenzregisters dringend notwendig, betonte er. Im Zuge der Regulierung der Finanzmärkte sollte seiner Meinung nach Spekulationen auf Grundnahrungsmittel überhaupt verboten werden. Als sehr bemerkenswert bezeichnete er das Engagement Österreichs in Bezug auf die Finanztransaktionssteuer, die mittlerweile von zahlreichen EU-Staaten unterstützt werde.

Auch Bundesrat Stefan SCHENNACH (S/W) erinnerte daran, dass die Kommission am 23. Oktober grünes Licht für die verstärkte Zusammenarbeit von elf EU-Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Finanztransaktionssteuer gegeben hat. Dies sei ein gewaltiger Schritt in Richtung mehr soziale Gerechtigkeit, ist der Wiener Bundesrat überzeugt. Während die enormen Gewinne der Hedge-Fonds in den letzten Jahren privatisiert und in Steueroasen verschoben worden seien, habe man die Verluste sozialisiert, bemängelte er. Dieser Art von Kasino-Kapitalismus müsse ein Riegel vorgeschoben werden. Deshalb sei es auch wichtig, dass nun als erster Schritt beim Handel von Derivaten Kontrollmechanismen eingeführt werden. Generell wünscht sich Schennach eine Vertiefung der EU in Richtung Fiskal- und Bankenunion inklusive der "Austrocknung von Steueroasen", um die Probleme an der Wurzel anpacken zu können.

Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) machte darauf aufmerksam, dass der Handel mit OTC-Produkten in den letzten Jahren enorm zugenommen hat und fast 80 % der gesamten Spekulationsvolumina ausmache. Er fragte sich jedoch, wie eine Einschränkung der OTC-Derivate, die sicher notwendig und überlegenswert sei, in der Praxis funktionieren könne. Aufgrund der großen Anzahl an OTC-Geschäften bezweifle er, dass eine umfassende Kontrolle und Meldepflicht realisiert werden könne. Statt der im Gesetz vorgesehenen Regelung schlug Pisec vor, die Börse zu stärken und die Geschäfte rückzuführen. Außerdem fehle noch immer eine Bankeninsolvenzordnung, ohne der es nie funktionieren könne, unterstrich der Bundesrat. Mit dem vorliegenden Gesetz werde man den sich ständig ausweitenden OTC-Handel nicht in den Griff bekommen.

Die Praxis werde zeigen, ob es sich um ein gutes Gesetz handelt, meinte Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N). Es sei aber zumindest ein erster wichtiger Schritt in Richtung Transparenz. Man werde damit jedoch nicht alle Schlupflöcher schließen können, es müssten noch eine Reihe weiterer Maßnahmen folgen. Erfreulich sei die Weiterentwicklung in der Frage der Finanztransaktionssteuer, unterstrich Kerschbaum. Sodann sprach sie aktuelle Probleme bei der Beteiligung von Gemeinschaftsanlagen für Photovoltaik an; sie würde sich wünschen, dass sich die Finanzmarktaufsicht mit wichtigeren Dingen befasst.

Staatssekretär Andreas SCHIEDER gab gegenüber seiner Vorrednerin zu bedenken, dass die FMA im angesprochenen Fall einen gesetzlichen Auftrag erfülle und prüfen müsse. Denn gingen die Gelder verloren, dann würden sich nachher auch alle Betroffenen beschweren und fragen, warum die Finanzmarktaufsicht nicht kontrolliert habe. Er gehe aber davon aus, das mit Augenmaß und Proportionalität vorgegangen werde.

Was die Frage des Insider-Handels anbelangt, so wisse er von Seiten der FMA, dass laufend gegen prominente und auch nicht prominente Mitglieder von Kreditinstituten ermittelt werde, sagte Schieder. Eine Ermittlung stelle aber gleichzeitig noch keine Verurteilung dar, unterstrich er. Allerdings habe ein Ermittlungsverfahren sicher auch eine abschreckende Wirkung, weil sich jeder Vorstand dann genau überlege, was genau unter einen Insider-Handel falle.

Erfreut zeigte sich Schieder über den Durchbruch bei der Finanztransaktionssteuer, die von 11 Staaten unterstützt wird und auf einer breiten Grundlage – d.h. nicht nur Geschäfte an den Börsen, sondern auch außerbörsliche Transaktionen – eingeführt werden soll. Natürlich wäre es auch wichtig, Steueroasen und -schlupflöcher in einzelnen Staaten zu schließen, dies geht aber nur im Rahmen einer europäischen Bankenunion mit einem einheitlichen regulatorischen Rahmen für alle Institute sowie einem gemeinsamen Bankenrestrukturierungsrecht. Schließlich erläuterte der Staatssekretär noch die Zielsetzungen und Eckpunkte des zur Debatte stehenden Bundesgesetzes über OTC-Derivate, seiner Meinung nach ein richtiger und überfälliger Schritt im Bereich der Finanzmarktregulierung.

Transparenzdatenbank: FPÖ und Grüne bleiben bei ihrer Kritik

Nach dem Beschluss im Nationalrat erfolgte heute auch die Zustimmung des Bundesrats zum Transparenzdatenbankgesetz mehrheitlich. Konkret sollen in der Transparenzdatenbank bzw. einem Transparenzportal Sozialversicherungsleistungen, Ruhe- und Versorgungsbezüge, ertragsteuerliche Ersparnisse, Förderungen, Transferzahlungen, Ersparnisse aus begünstigten Haftungsentgelten und begünstigtem Fremdkapital sowie Sachleistungen erfasst werden. Dadurch erhofft man sich, die Leistungsangebote besser aufeinander abstimmen und effizienter gestalten zu können.

Bundesrat Franz PIROLT (F/K) bekräftigte in einer kurzen Wortmeldung die Ablehnung des Transparenzdatenbankgesetzes durch seine Fraktion. Grundsätzlich sei es seiner Ansicht nach notwendig zu wissen, wer wie viel Förderungen bekommt, wenn man damit zu arbeiten habe, meinte er, als Bürgermeister einer Gemeinde hätte er sich aber persönlich gewünscht, dass das Transparenzdatenkonto auch für Kommunen zugänglich ist. Am meisten diene das Konto wohl den Leistungsbeziehern selbst, weil sie einen klaren und einfachen Zugang dazu haben.

In Österreich existiere derzeit ein sehr umfassendes Förderwesen von Bund, Ländern und Gemeinden, das nun mit Hilfe eines neuen Transparenzportals und einer Datenbank zusammengefasst und reformiert werden soll, erklärte Bundesrätin Angelika WINZIG (V/O). Wenn man nun feststelle, dass es eine Reihe von Fördermaßnahmen gibt, die nicht mehr zeitgemäß im Sinne der Förderziele seien bzw. einen zu hohen Verwaltungsaufwand verursachten, könne man in Hinkunft die Mittel effizienter einsetzen. Winzig erwartet sich aber auch wichtige Erkenntnisse im sozialen Bereich, die dazu führen sollen, die Gelder gezielter zu verwenden.

Bundesrat Marco SCHREUDER (G/W) erinnerte daran, dass die Transparenzdatenbank heute zum zweiten Mal behandelt werde, da das Gesetz repariert werden musste. Seiner Meinung nach kann man nur von einer scheinbaren Transparenz sprechen, da die Länder die Daten erst zu einem späteren Zeitpunkt einspeisen werden und die Einbindung der Gemeinden noch gar nicht geklärt sei. Generell meinte Schreuder, dass bezüglich Transparenz ganz woanders angesetzt werden solle, nämlich beim Staat.

Bundesrat Michael LAMPEL (S/B) hob hervor, dass es mit dem Transparenzdatenbankgesetz möglich werde, Missbrauch aufzudecken, Doppel- und Mehrfachförderungen darzustellen und generell den Förderdschungel zu durchleuchten. Im neuen Transparenzportal könnten alle öffentlichen Förderungen des Bundes und der Länder abgerufen werden, erläuterte er. Zur Bewältigung dieses Projekts seien eine Clearingstelle beim Finanzministerium sowie ein Beirat eingerichtet worden.

Bundesrat Friedrich REISINGER (V/St) sprach im Zusammenhang mit dem Transparenzdatenbankgesetz von wesentlichen Vorteilen für die öffentliche Verwaltung sowie für die Bürgerinnen und Bürger. Er könne daher nicht ganz verstehen, warum die Vertreter der Opposition eine ablehnende Haltung einnehmen, sagte er. Der Kärntner Landeshauptmann sei etwa ein großer Fan dieser Maßnahme, wie man Medienberichten entnehmen könne. Das Transparenzportal trage wesentlich dazu bei, dass jene Hilfe bekommen, die diese Unterstützung auch wirklich brauchen, ist Reisinger überzeugt.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G) wandte dem gegenüber ein, dass man keine Transparenzdatenbank brauche, um Doppelförderungen zu vermeiden. Statt Förderungen einzelnen Förderempfängern gegenüberzustellen, würde ein allgemeiner Überblick über Bundes- und Landesförderungen sowie Förderungen durch Gemeinden reichen.

Internationale und bilaterale Finanzabkommen

Keinen Einspruch erhob der Bundesrat auch gegen die Quotenerhöhung beim Internationalen Währungsfonds (IWF) und einer Satzungsänderung der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD). Die österreichische IWF-Quote soll von 2,1139 Mrd. SZR auf 3,932 Mrd. SZR steigen, das Bundesbudget wird infolge verringerter Gewinnabfuhr der Nationalbank – die OeNB ist für die höheren IWF-Beiträge zuständig - pro Jahr um maximal 15,1 Mio. € belastet. Die ERBD kann nunmehr auch Länder des südlichen und östlichen Mittelmeerraums (SEMED) finanzieren, sofern sie sich zu Demokratie und Marktwirtschaft bekennen.

Bundesrätin Monika MÜHLWERTH (F/W) erhob schwere Bedenken gegen die IWF-Quotenerhöhung und warnte vor negativen Auswirkungen auf das heimische Budget und die österreichischen Steuerzahler. Auch gehe das Geld vor allem an jene Länder, an die Österreich ohnehin schon sehr viel gezahlt habe, kritisierte sie. Die Rednerin sprach in diesem Zusammenhang von Griechenland als einem Fass ohne Boden und forderte einen Austritt Athens aus der Eurozone.

Bundesrat Edgar MAYER (V/V) wandte sich gegen "Griechen-Bashing" und betonte, die EU sei eine Solidargemeinschaft. Der Kritik der FPÖ hielt Mayer entgegen, nach Kärnten habe man bereits 20 Milliarden Euro geschickt, die EU-Troika sollte eigentlich einmal nach Klagenfurt fahren. Der IWF sei jedenfalls dazu da, Ländern, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, aus der Patsche zu helfen, stand für Mayer fest, der die Quotenerhöhung ausdrücklich unterstütze.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) sprach sich gegen eine Verknüpfung der Griechenland-Problematik mit der IWF-Quotenerhöhung aus, bemängelte aber die Art der Abwicklung der Mittel des Fonds und kündigte die Ablehnung dieses Tagesordnungspunktes durch ihre Fraktion an. Zum Thema EBRD bemerkte sie, Atomkraft und Waffenproduktion sollten von der Kreditvergabe dieser Institution ausgeschlossen bleiben.

Bundesrat Michael LAMPEL (S/B) unterstützte die Förderungen durch den IWF und sah allgemein in Österreichs Anteil an den internationalen Finanzinstituten einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Solidarität und zur Armutsbekämpfung.

Bundesrat Josef STEINKOGLER (V/O) schloss sich seinem Vorredner voll inhaltlich an und erwartete sich zudem von den Krediten durch die EBRD eine Förderung und Festigung von Demokratie und Marktwirtschaft.

Staatssekretär Andreas SCHIEDER begrüßte die Kreditvergabe der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung auch aus dem Blickwinkel der Aufträge für österreichische Unternehmen, bekräftigte aber das österreichische Nein zur Unterstützung von Atomenergie aus EBRD-Krediten.

Bei der Abstimmung wurde gegen das Gesetz zur Erhöhung der IWF-Quote mehrheitlich und gegen die Änderung des EBRD-Übereinkommens einhellig kein Einspruch erhoben.

Den Schlusspunkt der heutigen Debatte bildeten zwei Abkommen mit Deutschland, die einerseits der Nachnutzung der ehemaligen österreichisch-deutschen gemeinschaftlichen Grenzzollämter für ein wirtschaftsfreundliches Zoll-Dienstleistungsangebot in Grenznähe, andererseits der engeren Zusammenarbeit zur Bekämpfung grenzüberschreitender Schwarzarbeit und illegaler grenzüberschreitender Leiharbeit dienen. Beide Vorlagen passierten das Plenum einhellig ohne Einspruch.

Mehrheitliche Unterstützung fanden die Änderungen bestehender Doppelbesteuerungsbakommen mit Georgien, Hongkong, Schweiz und Zypern, die nach den neuen Grundsätzen der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) revidiert werden.    

Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) befasste sich mit der Schwarzarbeit, die er auf die hohe Steuer- und Abgabenbelastung in Österreich zurückführte und empfahl dem gegenüber als Vorbild die Schweiz. Die Eidgenossenschaft zeige, dass man mit niedrigeren Steuern ein höheres Wachstum als in Österreich erzielen könne, argumentierte er.

Bundesrat Franz PERHAB (V/St) hob die Zusammenarbeit mit Deutschland bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit positiv hervor, machte gleichzeitig aber auf die Notwendigkeit ähnlicher Abkommen mit den östlichen Nachbarländern Österreichs aufmerksam. Jedes Abkommen, das zu mehr Wettbewerb und Fairness in der Wirtschaft führe, sei zu begrüßen, sagte er.

Bundesrat Gerald KLUG (S/St) drängte auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit und wertete das vorliegende Abkommen mit Deutschland als wichtigen ersten Schritt.

Bundesrat Marco SCHREUDER (G/W) nahm das Abkommen mit Deutschland über die Nachnutzung der Zollämter zum Anlass, sich grundsätzlich mit der EU als Friedensprojekt auseinanderzusetzen, und meinte, der Friedensnobelpreis an die Union sei ein Auftrag an alle, diesen Frieden zu erhalten und insbesondere auch für den sozialen Ausgleich zu kämpfen.

Staatssekretär Andreas SCHIEDER knüpfte an die Wortmeldung seines Vorredners an und interpretierte den Friedensnobelpreis als Alarmsignal. Viele, die heute die EU kritisieren, hätten im Kern nicht verstanden, wie schwierig es gewesen sei, dieses europäische Einigungsprojekt zu schaffen, und wie schnell dieses Werk wieder zerschlagen werden könne, warnte er. (Schluss)


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