Parlamentskorrespondenz Nr. 877 vom 07.11.2012

Budgetausschuss behandelt Kapitel Wissenschaft und Forschung

Töchterle: Österreich zieht internationale Spitzenforschung an

Wien (PK) – Bildung und Wissen werden in der Wissensgesellschaft zu immer wichtigeren Produktions- und Standortfaktoren. Die Erhöhung der Anzahl der Bildungsabschlüsse an Universitäten, Fachhochschulen und Privatuniversitäten ist daher eines der wichtigsten Wirkungsziele des Wissenschaftsministeriums. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle gab den Abgeordneten des Budgetausschuss Auskunft darüber, wie der Budgetentwurf 2013 auf diese Herausforderungen zu reagieren versucht.

Die Untergliederung 31 des Bundesvoranschlags 2013 sieht für Wissenschaft und Forschung im kommenden Jahr im Finanzierungsvoranschlag Gesamtauszahlungen von 4,022 Mrd. € vor.

Die größte Summe entfällt dabei mit 3,61 Mrd. € auf den Bereich der Tertiären Bildung. Dieses Globalbudget teilt sich in eine Reihe von Detailbudgets. Im Detailbudget Universitäten sind Auszahlungen von rund 3,13 Mrd. € veranschlagt, für die Fachhochschulen sollen 245,83 Mio. € aufgewendet werden. Für Services und Förderungen für Studierende sind im Finanzierungshaushalt 226,28 Mio. € budgetiert. Darin sind die Mittel für die Studienförderung, den internationalen Studierendenaustausch und die Psychologischen Beratungsstellen für Studierende an den Universitätsstandorten enthalten. Für Personal, Verwaltung und Betrieb der Studienbeihilfenbehörde ist ein Detailbudget von 7,45 Mio. € (Finanzierungshaushalt) vorgesehen.

Im Finanzierungsvoranschlag des Globalbudgets Forschung und Entwicklung sind für 2013 346,9 Mio. € veranschlagt. Dieses umfasst das Detailbudget "Projekte und Programme" in der Höhe von 49,35 Mio. € zur Finanzierung von nationalen und internationalen Forschungsprojekten und Forschungsprogrammen sowie das Detailbudget "Basisfinanzierung von Institutionen", in dessen Finanzierungsvoranschlag 297,55 Mio. € vorgesehen sind. Damit werden Personal, Verwaltung und Betrieb der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, der Geologischen Bundesanstalt, des Österreichischen Archäologischen Instituts und des Institut für Österreichische Geschichtsforschung finanziert. Ein bedeutender Anteil des Budget entfällt auch auf den Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, die Österreichische Akademie der Wissenschaften und das Institute of Science and Technology Austria. Aus diesem Budgetposten werden auch Beiträge an internationale Organisationen wie CERN und ESO bestritten.

Für das Globalbudget Services und Steuerung sind Auszahlungen von rund 62,12 Mio. € vorgesehen. Damit wird die Zentralstelle mit ihre Einrichtungen finanziert: Österreichischer Wissenschaftsrat, Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung Austria, Österreichische Bibliotheksverbund und Service Ges.m.b.H.

Töchterle: Vielfalt der Forschungslandschaft ist positiv

Die Debatte eröffnete Abgeordneter Martin Graf (F). Positiv bewertete er die zumindest nominelle Steigerung im Wissenschaftsbudget. Allerdings seien in den formulierten Wirkungszielen viele Fragen offen geblieben, meinte er. Graf kritisierte einmal mehr die Zersplitterung der Forschungsförderung und wies darauf hin, dass zunehmend auch die Bundesländer über verschiedene Fonds in diesem Bereich aktiv werden. Er interessierte sich daher, ob das Ministerium einen Überblick über die Aktivitäten der Gebietskörperschaften hat und koordinierend tätig ist.

Graf vermisste den großen Wurf bei der Neuregelung der Abgeltung des Klinischen Mehraufwandes, hier gehe es um Finanzierungen, die eigentlich über den Bereich Gesundheit und nicht über das Wissenschaftsressort erfolgen sollte. Weiters fragte der Wissenschaftssprecher der FPÖ, wie eine Aufwertung des Bachelor-Grades erfolgen könne und erkundigte sich nach dem derzeitigen Stand des Hochschulplans. Ihm zufolge ist es unnötig, die Erreichung ausgeglichener Geschlechterverhältnisse als eigenes Wirkungsziel zu formulieren, diese sei bereits an anderen Stellen festgeschrieben und eine allgemein geltende Forderung.

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle sah die Vielfalt in der Forschungslandschaft als grundsätzlich positiv. Es sei nicht wünschenswert, alles von oben her festlegen und steuern zu wollen. Sein Ressort versuche aber selbstverständlich, Forschungsbereiche zu bündeln und zu koordinieren. Das geschehe über die F&E-Strategie, zu der es eine eigene Task-Force im Ressort gebe, und über den Hochschulplan. Mit der Frage des Klinischen Mehraufwands habe er sich intensiv befasst. Dieser werde derzeit nicht transparent errechnet und sei an den einzelnen Standorten der Medizin-Universitäten unterschiedlich geregelt. 2015, wenn die bestehenden Vereinbarungen auslaufen, gebe es die Chance zu einer Neuregelung, die Transparenz und Gerechtigkeit schaffen. Die Aufwertung des BA-Titels werde sicherlich gelingen, zeigte er sich überzeugt, auch die Anerkennung des Titels "Magister" habe eine Weile gebraucht. Er setze sich etwa dafür ein, dass der BA in die Rot-Weiß-Rot-Card einbezogen wird.

Der Hochschulplan sei als Prozess zu verstehen, er sei immer bereit, über den aktuellen Stand Auskunft zu geben. Seit Mai 2012 gebe es die Hochschulkonferenz als wichtiges Instrument der Weiterentwicklung des Hochschulplans. Weitere Instrumentarien seien der Bauleitplan, die Koordination der Großinfrastruktur und die kapazitätsorientierte Universitätsfinanzierung. Derzeit bereite man den Testlauf der Studienplatzfinanzierung vor. In der Erreichung der Frauenquote liege sein Ressort sehr gut. Der Wissenschaftsbereich habe hier besondere Vorbildwirkung, daher sei das Ziel nochmals besonders aufgeführt.

Töchterle: Keine Kürzung bei Wissenschaft und Forschung

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) begrüßte es, einen Schwerpunkt für den Wissenschaftsbereich im Budget erkennen zu können. Sie erkundigte sich, welche Ziele mit den zusätzlichen Mitteln für die Hochschulen erreicht werden sollen, und welcher Anteil der Offensivmittel jeweils auf Universitäten und Fachhochschulen entfällt.

Bundesminister Töchterle unterstrich, dass die Hochschulmilliarde eine im internationalen Vergleich einzigartige Situation schaffe. Derzeit würden auch sehr reiche Länder gerade bei Wissenschaft und Forschung kürzen, nicht aber Österreich. Die Verwendung der Mittel erfolge über die Leistungsvereinbarungen mit den Universitäten. Der Hochschulstrukturfonds werde im Zeitraum 2013-2015 über 450 Mio. € verfügen. Die Vergabe der Mittel sei an die Erfüllung bestimmter Kriterien gebunden, wie etwa die Aktivierung der Studierenden. Derzeit sei gut ein Drittel der Studierenden wenig aktiv, fügte er hinzu. Die Universitäten seien angehalten, strukturelle Ursachen dafür zu beheben. Daher würden etwa 270 Mio. € mit dem Aktivierungserfolg verknüpft. Damit verbunden sei auch das Ziel, die AbsolventInnenzahlen zu erhöhen. Ein Teil der Mittel diene der Förderung des Wissenstransfers zwischen Universitäten und der Wirtschaft und fördere Kooperationen mit Kunst und Kultur, erläuterte der Minister. Rund 40 Mio. € investiere man in die Schaffung von 4.000 zusätzlichen Studienplätzen an den Fachhochschulen. Hier befinde man sich bereits in der zweiten Ausbaustufe. Derzeit sei die Relation von FH-Studierenden zu Unistudierenden 11:89, dies wolle man zugunsten der FHs verschieben, so der Minister.

Abgeordneter Elmar Mayer (S) thematisierte die Mittelausstattung der Österreichischen Agentur für Qualitätssicherung und Akkreditierung (AQA), Maßnahmen für gehörlose Studierende und das Controlling des Mitteleinsatzes an den Universitäten selbst.

Bundesminister Töchterle sah die Mittel für AQA als ausreichend. Da die Einrichtung eigene Mittel lukrieren werde, könne der Bundesbeitrag gering ausfallen. Für gehörlose Studierende wurden der  TU Wien für einen Werkvertrag zur Entwicklung des Programmes "GESTU" (gehörlos erfolgreich studieren) etwa 800.000 € zur Verfügung gestellt, berichtete er. Das erfolgreiche Projekt werde auf andere Universitäten ausgeweitet. Die Universitäten kontrollieren den Einsatz der Mittel sehr erfolgreich durch Zielvereinbarung, die für jede Ebene, bis hin zu den einzelnen Lehrenden und Angestellten, abgeschlossen werden. 

Problem Klinischer Mehraufwand

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) forderte mehr Transparenz beim Klinischen Mehraufwand, der reale Aufwand sei nicht nachvollziehbar und betrage sicher das Dreifache des im Budget ausgewiesenen Betrages, kritisierte er. Die Länder ließen sich hier vom Bund Gesundheitsleistungen finanzieren, die sie eigentlich selber tragen müssten. Grünewald bemängelte auch die steigenden Mietzahlungen, welche die Universitäten an die BIG zu leisten haben, und wollte wissen, ob der FWF ausreichend Mittel erhalte.

Wissenschaftsminister Töchterle stimmte dem Abgeordneten zu, dass die Zahlungen für den Klinischen Mehraufwand neu verhandelt werden müssten. Derzeit gebe es aber noch bindende Verträge. Viele Probleme der Universitäten mit der BIG ließen sich durch verbesserte Kommunikation lösen, war er überzeugt. Es sei grundsätzlich vorteilhaft, dass die BIG die Gebäude besitze und verwalte, sie sei ein kostengünstig agierender Bauträger und Immobilienverwalter. Österreich besitze viele neu und funktionale Universitätsgebäude. Der FWF erhalte 2013 rund 164,3 Mio. €, das erlaube ihm, auch Overhead-Kosten zu übernehmen. Eine möglichst gute Ausstattung des FWF sei ihm ein großes Anliegen, betonte Töchterle.

Auf Fragen der Abgeordneten Katharina Cortolezis-Schlager (V) nach den Zielen des Hochschulplans 2013 und dem Stand der Dotierung für Wissenschaft und Forschung im Rahmen von Horizon 2020 hielt der Wissenschaftsminister fest, dass der nächste Schritt die bessere Abstimmung des Fächerangebots zwischen den Hochschulstandorten sei. Das Fächerspektrum solle regionale Vernetzungen berücksichtigen. Ein Thema der Hochschulkonferenz sei der Wunsch nach einer MedUni Linz. Bei der Gestaltung des 8. Europäischen Rahmenprogramms habe er sich für die Verankerung der Geistes- und Kulturwissenschaften eingesetzt. Das sei etwa wichtig für die Universität Wien. Er werde auch weiter darauf drängen, dass im 8. Rahmenprogramm nicht bei Bildung und Forschung gespart werde. Österreichische ForscherInnen seien grundsätzlich sehr erfolgreich bei der Lukrierung von EU-Fördermitteln und Österreich sei insgesamt sehr attraktiv für SpitzenforscherInnen.

Evaluierung des Studienbeihilfensystems wird im Dezember vorliegen

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (V) erkundigte sich, ob es Pläne zur Verkürzung der Studienzeiten und zu Änderungen der Studienförderung gebe. Dazu meinte der Minister, Verkürzungen der Studienzeit könne man teilweise durch strukturelle Verbesserung, etwa weniger restriktive Curricula, erreichen. Es sei aber nicht wünschenswert, die Studierenden "durch die Universitäten zu hetzen", es müsse auch Zeit bleiben, die Studienzeit als lebensbereichernd zu erfahren. Es sei ein Ziel seines Ressorts, Studierende sozial abzusichern. Im Dezember werde die Evaluierung des Studienbeihilfensystems vorliegen, dann werde man entscheiden, wo Änderungen nötig sind.  

Abgeordneter Rainer Widmann (B) stellte fest, über die Wirkungsziele müsste eine Generaldebatte stattfinden, sie seien noch wenig aussagekräftig. Er wies auf Benachteiligungen Oberösterreichs beim Ausbau der Fachhochschulen hin und wollte Auskunft über die Pläne im Bereich Studienbeiträge. Weiters kritisierte er, dass die Studienbeihilfe nicht valorisiert wurde und bezweifelte, dass man auf dem eingeschlagenen Weg das Ziel einer F&E-Quote von 2 % erreichen werde.

Bundesminister Töchterle meinte hingegen, die Daten würden zeigen, dass man auf einem gutem Weg zur Erreichung des Zweiprozent-Zieles sei. Allerdings werde man hier mehr private Mittel brauchen. Der Prozess des Ausbaus der Fachhochschulen werde sehr transparent durchgeführt. Es sehe keinen Anlass für Oberösterreich, über Benachteiligung zu klagen, begrüße es aber, dass das Land sich sehr für seine Hochschulen einsetzt. Eine Valorisierung der Studienbeihilfe hätte starke budgetäre Auswirkungen und wäre daher nicht ohne das Finanzressort möglich.

In der zweiten Fragerunde der Abgeordneten erfuhr Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) vom Minister Details zur Verwendung der Rücklagen des Ressorts. Zur Frage der Nebentätigkeiten von Lehrenden und Forschenden an Hochschulen verwies der Minister auf die Autonomie der Universitäten, die selber ein Interesse haben, diese im vertretbaren Maß zu halten. Abgeordnetem Andreas Karlsböck (F) teilte Minister Töchterle mit, dass er um die Lösung der umstrittenen Auswertungen von Tests an der Med-Uni Wien bemüht sei. Abgeordnetem Erwin Preiner (S) teilte der Minister mit, dass an Fachhochschulen neue Studiengänge möglich, aber derzeit keine neuen Standorte geplant seien. Die Aufwertung des BA werde sicher gelingen, wenn sich erst die Einsicht durchsetze, dass dieses Studium mit sechs Semestern nur wenig unter dem Aufwand für den Magistertitel liege.

Die Vorverlegung der Inskriptionsfrist habe sehr gut funktioniert, betonte Töchterle gegenüber Abgeordneter Laura Rudas (S). Die Universitäten erhielten damit früher Daten über den Zustrom der Studierenden, das erhöhe für sie die Planbarkeit und Planungssicherheit. Kritik von Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (G) an zu wenig ambitionierten Zielen bei der Erhöhung des Anteils von Studierenden aus bildungsfernen Schichten beantwortete Töchterle mit der Feststellung, bei diesem komplexen Anliegen versuche er erst einmal, eine Trendwende herbeizuführen und realistische Ziele anzupeilen.

Die Frage von Abgeordneter Anna Franz (V), wie man die Erhöhung der privaten Mittel im Tertiären Sektor erreichen könne, nutzte Töchterle für den Hinweis, dass auch Studiengebühren ein Mittel dazu wären. Um die Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft zu verbessern, gebe es eine eigene Kontaktstelle im Ministerium, informierte er Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer (V). Eine Verbesserung der Betreuungsverhältnisse an den Unis sei ein langfristiges Ziel und ein besonderer Schwerpunkt bei der Ausarbeitung der Studienplatzfinanzierung, stellte Wissenschaftsminister Töchterle gegenüber Abgeordnetem Rainer Widmann (B) fest. Es gehe bei der Studienplatzfinanzierung nicht um Zugangsbeschränkungen, wie das medial oft dargestellt werde, stellte er klar. (Fortsetzung Budgetausschuss)