Parlamentskorrespondenz Nr. 1039 vom 07.12.2012

Parlament setzt Maßstäbe beim Kampf gegen Korruption

Sanierung des Hauses in Kooperation mit Transparency International

Wien (PK) – "Nicht jeder Freundschaftsdienst ist Korruption, aber nicht alles, was Korruption ist, ist ein Freundschaftsdienst", sagte Nationalratspräsidentin Barbara Prammer bei einer Veranstaltung in Kooperation mit Transparency International - Austrian Chapter (TI-AC) aus Anlass des Internationalen Anti-Korruptionstages im Palais Epstein. Das Parlament sei der richtige Ort für die Diskussion über die Bekämpfung von Korruption, sagte Prammer und zeigte sich nach den parlamentarischen Beschlüssen zur Verschärfung des Korruptionsstrafrechts, zum Parteiengesetz, zum Lobbyistengesetz und zum Medientransparenzgesetz optimistisch, dass es gelingen werde, Österreichs Position in der internationalen Wahrnehmung schon bald wieder zu verbessern. Korruption bedrohe Demokratie und Rechtsstaat ernsthaft, warnte die Präsidentin und sprach sich dafür aus, den Kampf gegen Korruption sowohl rückwirkend als auch präventiv zu führen. Transparenz dürfe dabei keine bloße Etikette für politisches Marketing sein, sondern müsse als durchgängiges Handlungsprinzip in allen Bereichen des öffentlichen Lebens angewendet werden. Daher sei es ihr beim Projekt Parlamentssanierung von Anfang an ein Anliegen gewesen, Transparenz und Kontrolle zu intensivieren, sagte Präsidentin Prammer und berichtete über die diesbezügliche Kooperation mit Transparency International - Austrian Chapter.

Geiblinger: Parlamentssanierung ist ein richtungsweisendes Projekt     

Die Vorstandsvorsitzende von Transparency International - Austrian Chapter (TI-AC), Eva Geiblinger, leitete die Veranstaltung mit einem Rückblick zur Gründung und Entwicklung von Transparency International - Austrian Chapter ein, berichtete von der Arbeit ihrer Organisation und erläuterte den von TI-AC entwickelten und bereits in vielen Ländern der ganzen Welt mit Erfolg angewandten Integritätspakt, mit dem sich Auftraggeber von Großprojekten zur Unbestechlichkeit und Gleichbehandlung aller Anbieter verpflichten. Im Gegenzug verpflichten sich auch die Anbieter, keine Bestechungsversuche zu unternehmen oder Absprachen zu treffen sowie dazu, Zahlungen an Berater oder Mittelsmänner offen zu legen. Verstöße unterliegen klar geregelten Sanktionen, erläuterte Eva Geiblinger.

Der Integritätspakt hat zwei Hauptziele: Einerseits ermöglicht er Unternehmen, auf Korruption zu verzichten, da er eine Zusicherung bedeutet, dass auch Mitbewerber und Amtsträger auf Korruption verzichten werden, andererseits ermöglicht er Regierungen und Verwaltungen, die durch Korruption herbeigeführten hohen Schäden zu vermeiden.

Bei der Sanierung des Parlamentsgebäudes wird zum ersten Mal in Österreich ein Projekt dieser Größenordnung nach den Kriterien von Transparency International kontrolliert. Ein externer, einschlägig qualifizierter Monitor, vom Parlament aufgrund eines Dreiervorschlags von TI-AC bestellt, wird eine laufende juristische Überprüfung der vergaberechtlichen Dokumente und Verfahrensschritte im Hinblick auf Transparenz und Korruptionsfreiheit durchführen. Dieses Pilotprojekt wird sicherlich richtungsweisend für andere Institutionen sein und Vorbildwirkung für zukünftige Projekte haben, zeigte sich Eva Geiblinger überzeugt.

Franz Fiedler für weisungsfreie StaatsanwältInnen

Der Präsident des Beirats von Transparency International – Austrian Chapter Franz Fiedler lobte den Nationalrat für die Umsetzung von langjährigen Forderungen von TI-AC, vorab das neue Parteiengesetz, das der ehemalige Präsident des Rechnungshofes als ein Vorbild für andere Staaten bezeichnete. Beim Lobbyistengesetz habe der Nationalrat Neuland beschritten. An dieser Stelle sprach sich Fiedler dafür aus, dieses Gesetz künftig weiter zu schärfen. Es sei aber nicht nur wichtig, Gesetze zu machen, sondern auch Bewusstsein für die Notwendigkeit zu schaffen, sich an die Vorschriften zu halten. Den Kampf gegen Korruption bezeichnete Fiedler nicht als eine einmalige Aufgabe, sondern als ständige Herausforderung. Mit Blick auf die Verschlechterung der Position Österreichs im internationalen Korruptionswahrnehmungsindex sah Franz Fiedler alle ÖsterreicherInnen angesprochen und appellierte an die Vollziehung, wesentliche Konsequenzen zu ziehen. Ein spezielles Anliegen des ehemaligen Staatsanwalts bildete die Weisungsfreiheit der Staatsanwälte gegenüber dem Justizminister oder der Justizministerin und anderen politischen Instanzen. Die Bevölkerung könne nur dann Vertrauen in die Justiz haben, wenn klar sei, dass diese frei von politischer Einflussnahme arbeiten kann, zeigte sich Fiedler überzeugt.

Prammer: Korruption korrekt definieren und entschlossen bekämpfen    

Korruption ist kein eindimensionales, sondern ein vielschichtiges Phänomen, sagte die Nationalratspräsidentin in ihrem Referat und warnte vor der ernsthaften Bedrohung, die der Demokratie und dem Rechtsstaat durch Korruption drohen. Prammer unterstrich die Bedeutung der Prävention und erteilte zugleich unzulässigen Verallgemeinerungen wie "die da oben sind alle Gauner" eine klare Absage, weil dies der Demokratie den Boden entziehe. An dieser Stelle appellierte die Nationalratspräsidentin auch an Medien und Experten, Korruption korrekt zu definieren und mit der nötigen Differenzierung zu behandeln. Die Politik wiederum müsse sich guter wirksamer Instrumente bedienen, wenn es um den Kampf gegen die Korruption geht, hielt Prammer fest, betonte die Bedeutung demokratischer Kontrolle und wandte sich in diesem Zusammenhang einmal mehr gegen Vorschläge zur Verkleinerung von politischen Gremien.

Bei dem großen Projekt zur Sanierung des Parlamentsgebäudes habe sie den Rechnungshof aktiv eingebunden und einen Kooperationsvertrag mit TI-AC abgeschlossen, der ein Monitoring durch den mittlerweile von dieser NGO nominierten Rechtsanwalt Orlin Radinsky vorsieht. Dieser Monitor nimmt an allen Verhandlungen teil und hat volle Akteneinsicht, führte die Präsidentin aus.

Weiters berichtete Prammer über die gesetzgeberische Arbeit zur Verbesserung der Rahmenbedingungen im Kampf gegen die Korruption. Prammer erinnerte an die legistischen Konsequenzen aus dem letzten Untersuchungsausschuss, an das Transparenzpaket, an die Verschärfung des Korruptionsstrafrechts, an das Parteiengesetz, das Lobbyistengesetz und das Medien-Transparenzgesetz. Diese Gesetze gelte es nun konsequent umzusetzen, sagte Prammer und gab ihrer Überzeugung Ausdruck, dass es Österreich gelingen werde, seine Position in der internationalen Korruptionswahrnehmung wieder zu verbessern.                     

Positiver Zwischenbericht von Transparency-Monitor Orlin Radinsky

Schließlich zog der vor vier Monaten vom Parlament auf der Grundlage eines Dreiervorschlages von Transparency International – Austrian Chapter als Monitor bestellte Rechtsanwalt Orlin Radinsky eine erste - positive - Zwischenbilanz. Seine Aufgabe bestehe darin, hinsichtlich der Bereiche Transparenz und Antikorruption die laufenden Vergabeverfahren (Projektkommunikation, Projektsteuerung, Generalplanung, Begleitende Kontrolle), die Vorbereitung der Übersiedlung (Interimslokation) und das laufende Bauprogramm des Parlamentes zu prüfen, führte der Jurist aus. Neben der Überprüfung der im Vergabeverfahren zu erstellenden Dokumente nimmt Orlin Radinsky an sämtlichen Sitzungen der Auswahl- und Bewertungskommissionen teil.

Das Vergabeverfahren "Projektkommunikation" konnte bereits abgeschlossen werden, berichtete Radinsky. Aus Sicht des Monitors verlief das Verfahren hinsichtlich der Kriterien der Transparenz und Korruptionsfreiheit einwandfrei. Auch in den übrigen, derzeit noch nicht abgeschlossenen Vergabeverfahren ergaben sich keinerlei gegenteilige Hinweise, sodass die erste Zwischenbilanz des Monitors durchwegs positiv ausfällt, resümierte Orlin Radinsky. (Schluss)

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden sie im Fotoalbum auf www.parlament.gv.at.