Parlamentskorrespondenz Nr. 148 vom 27.02.2013

Einkommensverteilung: Frauen nach wie vor benachteiligt

Abgeordnete besorgt wegen Entwicklung der Einkommen

Wien (PK) – Den aktuellen Bericht über die durchschnittlichen Einkommen der Erwerbstätigen und der PensionistInnen (III-371 d.B.) nahm der Nationalrat nach einer lebhaften Debatte einstimmig zur Kenntnis. Die Abgeordneten zeigten sich besorgt wegen der negativen Entwicklung der niedrigen Einkommen und wegen der nach wie vor weit offenen Einkommensschere zwischen Frauen und Männern. Mit Ausnahme ganzjährig vollzeitbeschäftigter Beamtinnen im öffentlichen Dienst verdienen Frauen in allen Branchen, Berufsgruppen und Funktionen weniger als ihre männlichen Kollegen, wobei der Rechnungshof aufzeigt, dass Frauen häufiger als Männer in Branchen mit schlechterer Entlohnung arbeiten, dort geringer bezahlte Dienstleistungen oder Hilfstätigkeiten erbringen und überdurchschnittlich häufig Teilzeitarbeit leisten, was sich zusätzlich negativ auf ihre Einkommen auswirkt. Positiv wurde registriert, dass die Frauen in einer vollzeitbereinigten Darstellung gegenüber den Einkommen der Männer zuletzt einige Prozentpunkte aufholen konnten.

Weiters lag dem Nationalrat ein umfassender 360 Seiten starker Bericht über die gesamte Prüfungsarbeit des Rechnungshofs im Jahr 2012 (III-372 d.B.) vor. Für seine neue Zuständigkeit zur Prüfung von Gemeinden ab 10.000 Einwohnern entwickelte der Rechnungshof ein Gemeinde-Monitoring, das von etwa 100 Kommunen in Anspruch genommen wurde, erfuhren die Abgeordneten. Thematisiert wurden auch die Sonderaufgaben des Rechnungshofes beim Medientransparenzgesetz und dem neuen Parteiengesetz, die es dem Rechnungshof wegen begrenzter Personalressourcen immer schwerer machen, seine Kernaufgaben zu erfüllen, beklagte Rechnungshofpräsident Josef Moser. – Auch diesen Bericht nahm der Nationalrat einstimmig zur Kenntnis.

Neue RH-Aufgaben finanziell nicht ausreichend abgedeckt

Parteiübergreifend sprachen die Abgeordneten ihren Dank für die Arbeit des Rechnungshofes aus und lobten die zur Debatte stehenden Berichte. Die Oppositionsparteien drängten darauf, dem Rechnungshof ausreichend Budgetmittel für sein erweitertes Aufgabenfeld bereitzustellen.

Die im Einkommensbericht des Rechnungshofes aufgezeigte Einkommensdifferenz zwischen Frauen und Männern schnitt Abgeordnete Andrea GESSL-RANFTL (S) an und zeigte sich schockiert, dass der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern von 1998 bis 2011 unverändert blieb. Gründe dafür sah sie in dem Umstand, dass viele Arbeitnehmerinnen nur Teilzeit arbeiten, oder schlecht bezahlte Berufe hätten, wodurch sich auch eine geringere Pension ergebe.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) wies zudem darauf hin, dass auch bei teilzeitbereinigten Vergleichen die Einkommenskluft zwischen Frauen und Männern 19 Prozent betrage. Ein weiteres soziales Ungleichgewicht sei in dem Anstieg der Gehälter von ManagerInnen und anderen EinkommensbezieherInnen zu orten, so die BZÖ-Mandatarin, da Managergehälter ungleich schneller stiegen. Ihre Fraktion habe daher schon mehrmals eine Fair Tax zur Entlastung der Bevölkerung vorgeschlagen.

Abgeordneter Michael HAMMER (V) hob hervor, dass ungeachtet aller Unterschiede Österreich derzeit so viele Beschäftigte wie noch nie aufweise, nämlich mehr als 4 Millionen. Bei der Betrachtung der Einkommen des öffentlichen Dienstes dürfe der hohe Altersdurchschnitt in diesem Feld nicht übersehen werden, bei jungen Vertragsbediensteten gebe es kaum noch Unterschiede im Vergleich mit anderen EinkommensbezieherInnen. Zur Frage niedriger Frauenbezüge meinte der ÖVP-Mandatar, zwecks besserer Vereinbarkeit von Beruf und Familie wollten viele Familien eine Teilzeitbeschäftigung für Frauen, dem müsse von der Politik Rechnung getragen werden.

Da viele Frauen in niedrigbezahlten Berufen tätig seien, träfe sie die massive Auseinanderentwicklung der Einkommenshöhe zum Nachteil der Niedriglöhne am meisten, merkte Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) an. Aus ihrer Sicht ist es entscheidend, Arbeitnehmerinnen auch nach einer Zeit der Kinderbetreuung die Sicherheit zu geben, wieder vollständig in ihren Beruf einsteigen zu können. 

Debatte über die Arbeit des Rechnungshofs im Jahr 2012

Abgeordneter Hermann GAHR (V) beschrieb im Detail die zusätzlichen Aufgaben, die der Rechnungshof zu erfüllen hat und nannte beispielsweise dessen Aktivitäten in Zusammenhang mit dem Medientransparenzgesetz, dem Parteiengesetz oder der Prüfung von Gemeinden mit mehr als 10.000 EinwohnerInnen. Beinahe die Hälfte der vom Rechnungshof ausgesprochenen Empfehlungen seien pünktlich umgesetzt worden. Aufgabe der Politik sei es, sicherzustellten, dass trotz des erweiterten Aufgabenumfangs die Finanzkontrolle durch den unabhängigen Rechnungshof weiterhin funktioniere, betonte der ÖVP-Mandatar.

Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sei die Arbeit des Rechnungshofs außerordentlich wichtig, unterstrich Abgeordneter Heinz-Peter HACKL (F). Daher könne man nicht hinnehmen, dass die Schere zwischen Ressourcen und Aufgaben dieses Kontrollorgans immer weiter auseinanderklaffe, etwa durch den Umstand, dass der Rechnungshof zukünftig die Dienstgeberbeiträge selbst zu bezahlen habe. Außerdem forderte der FPÖ-Mandatar eine Stärkung des Rechnungshofs durch die Gesetzgebung, denn es ginge nicht an, dass einige geprüfte Stellen die Rechnungshofempfehlungen nicht einmal beantworteten.

Abgeordneter Erich TADLER (T) beanstandete außerdem, dass falsche Angaben gegenüber dem Rechnungshof nicht geahndet werden und brachte einen Entschließungsantrag des Team Stronach ein, in dem gefordert wird, falsche Zeugenaussagen und die Unterdrückung von Beweismitteln bei Rechnungshofprüfungen unter Strafe zu stellen. 

Abgeordneter Werner KOGLER (G) rief zunächst das Plenum dazu auf, vermehrt Kontrolle gerade in den Bundesländern zu ermöglichen, unabhängig davon, ob Landtagswahlen anstehen. Angesichts des intransparenten Finanzgebarens der Länder sei der tatsächliche Finanzstatus der Republik nicht eruierbar, so Kogler. Auf den Einkommensbericht bezugnehmen sagte der Grün-Politiker, es sei beklemmend zu sehen, dass bereits das Einkommen des untersten Drittels der Bevölkerung stagniere, das unterste Zehntel sogar zurückfalle, also einen realen Verlust erleide. Dieser Entwicklung sei nur durch Umverteilung beizukommen, das österreichische Steuersystem eigne sich in der jetzigen Form dazu aber nicht, kritisierte Kogler.

Abgeordneter Johann HELL (S) befasste sich mit dem im Rechnungshofbericht aufscheinenden Einkommensvergleich verschiedener Bundesländer und regte an, auch die Einkommenssituation im Bereich Landwirtschaft in den unterschiedlichen Ländern näher zu betrachten. An der Politik sei es, so der SPÖ-Mandatar, Unterschiede der Einkommensentwicklung durch geeignete Rahmenbedingungen zu entschärfen.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) wertete die Ergebnisse des vorliegenden Einkommensberichts des Rechnungshofes als dramatisch. Der Bericht zeigt ihm zufolge unter anderem, dass Einkommen aus Vermögen ständig zunimmt, während Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit sukzessive weniger wird. So hätten nur 20 Prozent der unselbständig Beschäftigten 2011 mehr verdient als 1998, beim Rest sei das Einkommen gleich geblieben oder habe sich sogar verringert. Im Bereich Kunst und Unterhaltung verdienten 50 % der Beschäftigten weniger als 8.500 € im Jahr. Diese Problematik könne man nicht in fünf Minuten abhandeln, mahnte Öllinger, vielmehr müssten sich die zuständigen Ausschüsse wie der Sozial- oder der Wirtschaftsausschuss intensiv mit diesem –  international feststellbaren – Trend beschäftigen. Er hoffe, dass es zu einem Umdenken komme, sagte der Abgeordnete, sonst werde das der Politik insgesamt auf den Kopf fallen. Bedauern äußerte Öllinger auch darüber, dass aufgrund von Höchstgerichtsurteilen bei öffentlichen Bezügen nach wie vor keine Transparenz herrsche.

Abgeordnete Rosemarie SCHÖNPASS (S) führte aus, der Einkommensbericht des Rechnungshofs belege erneut, dass Frauen in Österreich wesentlich weniger verdienen als Männer. Die Einkommensschere habe sich zwischen 1998 und 2011 nicht verringert, kritisierte sie. Das durchschnittliche Fraueneinkommen betrage nach wie vor nur 60 Prozent des durchschnittlichen Männereinkommens. Grund sei unter anderem der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen und der hohe Anteil von Frauen in atypischen Beschäftigungsverhältnissen, aber auch bei vergleichbarer Vollzeitarbeit verdienten Frauen weniger als Männer. Es liege an der Politik zu handeln, bekräftigte Schönpass.

Einheitliches Rechnungswesen und Transparenz notwendig

Abgeordneter Johann SINGER (V) setzte sich mit der neuen Prüfzuständigkeit des Rechnungshofs im Bereich der Gemeindeprüfung auseinander und verwies auf das vom Rechnungshof entwickelte Gemeindemonitoring. Dieses diene nicht nur der Überprüfung der Gemeinden, sondern auch der Beratung, sagte er, damit könnten die Gemeinden unmittelbar von der Kompetenz des Rechnungshofs profitieren. 100 Gemeinden hätten von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht. Um einen Überblick über die Gesamtschulden der Gemeinden zu erhalten, hält Singer ein einheitliches Rechnungswesen für notwendig.

Auch Abgeordneter Erwin KAIPEL (S) hob die Bedeutung einer transparenten Finanzgebarung und der Vergleichbarkeit von Rechnungsabschlüssen hervor. Zum Thema Finanzspekulationen merkte er an, es sei verantwortungslos, dass permanent Steuermilliarden verschwänden, während sich die Bevölkerung immer weniger leisten könne. Als besonderes Problem nannte er Niederösterreich.

Abgeordneter Erwin HORNEK (V) listete eine Reihe von Daten aus dem Einkommensbericht auf und verwies unter anderem darauf, dass die Zahl der unselbständig Beschäftigten im Jahr 2011 gegenüber 2010 um 2,68 % gestiegen sei und die 4-Millionen-Marke überschritten habe. Das niedrigste Medianeinkommen haben demnach die ArbeiterInnen mit 18.157 € gehabt. Frauen verdienten nach wie vor weniger als Männer, konstatierte Hornek, wobei der Einkommensunterschied zwischen Arbeitern und Arbeiterinnen besonders groß sei. Insgesamt bietet der Bericht ihm zufolge ein gutes Analysematerial für die Politik.

Abgeordneter Ewald SACHER (S) machte darauf aufmerksam, dass Kontrolle nicht immer Wirkung zeige. So würden auf Bundesebene nur 77 % der Empfehlungen des Rechnungshofs umgesetzt, auf Landesebene 75 % und auf Gemeindeebene 79 %. Besondere Kritik übte Sacher in diesem Zusammenhang am niederösterreichischen Finanzlandesrat.

Rechnungshofpräsident Josef MOSER gab zu bedenken, dass der Rechnungshof zuletzt zahlreiche neue Kompetenzen und Aufgaben bekommen habe. Das ist für ihn ein Zeichen für die gute Reputation des Rechnungshofs. Allerdings fehlen Moser zufolge dadurch Ressourcen für die laufende Prüftätigkeit. Im Budget des Rechnungshofs klafft laut Rechnungshofpräsident in den nächsten Jahren sogar eine Lücke von 7 Mio. €, er appellierte daher an die Abgeordneten, die Ressourcen aufzustocken.

Die beiden Berichte des Rechnungshofs wurden einstimmig zur Kenntnis genommen. Der Entschließungsantrag des Team Stronach betreffend Falschaussagen gegenüber dem Rechnungshof blieb in der Minderheit. (Fortsetzung Nationalrat) hlf/red