Parlamentskorrespondenz Nr. 877 vom 11.12.2013

Vom Wahlkampf und anderen Schauplätzen

Podiumsdiskussion im Parlament über EU-Wahl im Rahmen der Buchpräsentation Wahl 2013

Wien (PK) – Das sogenannte Superwahljahr ist vorüber und in den Parteizentralen liebäugelt man schon wieder längst mit dem nächsten strategischen Großprojekt, der EU-Wahl 2014. Die Falter-Journalistin Barbara Toth und der Politikberater Thomas Hofer haben sich den diesjährigen Nationalratswahlkampf ein bisschen genauer angesehen und mit dem Sammelband "Wahl 2013. Macht, Medien, Milliardäre" eine Lektüre vorgelegt, die fern von durchgecoachten Wahlkampfauftritten und taktischem Polit-PR auch die Hinterbühnen der einzelnen Parteizentralen beleuchtet. Da ist zum Beispiel Frank Stronach, der nach den ersten TV-Duellen viel lieber seinen Freund Sigi Wolf weiter ins Rennen geschickt hätte, oder Hans Peter Haselsteiner, der nicht nur den NEOS finanziell unter die Arme gegriffen hat, sondern auch der ÖVP. Der Sammelband vereint in meist essayistischer Form Beiträge von über 20 ExpertInnen sowie Polit-Insidern und gab bei seiner Präsentation im Parlament Anreiz für eine Podiumsdiskussion über Strategien und Ideen für die Europawahl 2014.

Toth: Wahlkampf-Rückschau noch vor Regierungsbildung

"Ich freue mich, dass das Buch schneller als die Regierung am Markt erschienen ist", bemerkte Toth in ihrer Begrüßung und auch Hofer zeigte sich erfreut, mit dem Sammelband "alle Parteien zwischen zwei Buchdeckel bekommen zu haben". In einer kurzen Rückschau ließ der Politikberater gemeinsam mit SPÖ-Kommunikationschef Stefan Hirsch, mit dem Direktor für Strategie und Kampagnen der ÖVP Markus Keschmann, dem Grünen Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner, dem FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl sowie dem NEOS-Klubobmann Matthias Strolz den Wahlkampf unter der Moderation vom neugewählten Vorstand der Vereinigung der ParlamentsredakteurInnen Wolfgang Sablatnig noch einmal Revue passieren.

Hofer: Parteien haben bei Wahlkampfkommunikation "gut geklaut"

Der Nationalratswahlkampf sei durchaus professionell gewesen, meinte Hofer, wobei sich die Parteien mit dem Verweis auf den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf als "Importweltmeister" in Sachen Wahlkampfkommunikation herauskristallisiert hätten. Ein weiteres Novum sei die Umgehung der klassischen publizistischen Medien wie durch FPÖ.TV oder der Auftritt in den sozialen Netzwerken der NEOS gewesen.

EU-Wahl 2014: Wahlkampf der Emotionen?

"Wir werden eine Liebeserklärung an Europa machen", fasste NEOS-Chef Strolz die Strategie für die EU-Wahl im nächsten Jahr für seine Partei zusammen und betonte damit die Wichtigkeit der Emotionalität bei Europa-Themen. Er wolle mit den NEOS einen proeuropäischen Kontrapunkt zum aufkommenden Rechtspopulismus in Europa sein und an der EU arbeiten. Gegen rechtspopulistische Tendenzen werde sich auch die SPÖ stellen, prognostizierte SPÖ-Kommunikationschef Hirsch. Man werde aufzeigen, was ein EU-Austritt für die Menschen in Österreich bedeuten würde, wie es mitunter die FPÖ fordere.

FPÖ-Generalsekretär Kickl verwies hingegen darauf, dass man EU-Kritik nicht mit Kritik an Europa gleichsetzen dürfe. Angesprochen auf die bereits vielfach diskutierte "Denkzettelwahl" meinte er, dass es durch die aktuelle Innen- und Europapolitik genug Anlass dazu gebe. Des Weiteren wolle die FPÖ "proaktiv" gegen Versuche anderer Parteien auftreten, sie angesichts des 2014 hundert Jahre zurückliegenden Ausbruchs des Ersten Weltkriegs zu diskreditieren.

Der ÖVP-Strategiedirektor Keschmann sah die Herausforderung für den EU-Wahlkampf mitunter darin, die Wahlbeteiligung voranzutreiben. Auch er glaube, dass die emotionale Behandlung von Themen wichtiger sein werde, als intellektuelle Europadebatten zu führen. Ebenso wie Keschmann ortete der Grüne Bundesgeschäftsführer Wallner die Kernfrage hinsichtlich des EU-Wahlkampfs darin, inwieweit es die einzelnen Parteien schaffen werden, ihre WählerInnen am 25. Mai 2014 zu mobilisieren. Man müsse den Menschen dabei klarmachen, dass die EU vor einem Scheideweg stehe, meinte Wallner. Das rechte Lager arbeite an der Zerschlagung der EU, während sich die Grünen für ein anderes Europa einsetzen wollen, in dem Solidarität, Antikorruption, Menschenrechte sowie Klima- und Umweltfragen eine zentrale Rolle spielen. (Schluss) keg/nov

HINWEIS: Fotos von der Buchpräsentation und Podiumsdiskussion finden Sie im Fotoalbum auf www.parlament.gv.at.