Parlamentskorrespondenz Nr. 503 vom 27.05.2014

Hundstorfer kündigt Opt-In-Lösung bei NFC-Bankomatkarten an

Konsumentenschutzausschuss fordert Basiskonto für alle

Wien (PK) – Das kontaktlose Bezahlen von Kleinbeträgen mit den neuen NFC-Bankomatkarten ist nun auch ein Fall für den Konsumentenschutzausschuss. In der heutigen Sitzung herrschte Einstimmigkeit über einen Antrag der Regierungsparteien, der auf der von einzelnen Banken bereits angebotenen Opt-In-Lösung aufbaut und nun Bundesminister Hundstorfer auffordert, in weiteren Gesprächen die Wahlmöglichkeit der KundInnen sowie eine bessere Information über die neue Zahlungstechnologie sicherzustellen. Konsens bestand auch in der Frage eines Basiskontos für alle. Ein diesbezüglicher Antrag von SPÖ und ÖVP wurde ebenfalls einstimmig angenommen. Kein Gehör fanden hingegen die Grünen mit ihrer Forderung nach Abschaffung der Überziehungszinsen sowie die Freiheitlichen, die in einer Initiative einen Gebührenstopp bis 2018 verlangten. In einer Aktuellen Aussprache kündigte Minister Hundstorfer eine Sichtung der zahlreichen Gütesiegel an.  

KundInnen sollen Wahlmöglichkeit bei kontaktlosem Bezahlen haben

Beim kontaktlosen Bezahlen mit der NFC-Bankomatkarte sollen die KundInnen eine Wahlmöglichkeit im Sinne eines Opt-Out/Opt-In haben. Dies ist im Kern die Forderung eines gemeinsamen Entschließungsantrags (445/A(E)) von SPÖ und ÖVP, den bei der Abstimmung auch die Opposition unterstützte. Die beiden Konsumentenschutzsprecherinnen der Regierungsparteien Angela Lueger (S) und Angela Fichtinger (V) begrüßten grundsätzlich das bereits bestehende Opt-In-Angebot der österreichischen Geldinstitute, ersuchten Minister Hundstorfer aber noch um weitere Gespräche mit dem Bankensektor, um eine effektive Wahlmöglichkeit sowie die klare, einfache und transparente Gestaltung der Zustimmung oder des Abbestellens bzw. der Deaktivierung der NFC-Variante sicherzustellen. Auch sollten die VerbraucherInnen über die neue Zahlungstechnologie und über ihre Wahlmöglichkeit umfassend informiert werden.

Die Grünen wiederum brachten ihre durchaus kritische Haltung zur NFC-Bankomatkarte in einem eigenen Entschließungsantrag (134/A(E)) zum Ausdruck, der allerdings in der Minderheit blieb. Konsumentenschutzsprecherin Aygül Berivan Aslan plädierte darin insbesondere für eine gesetzliche Regelung, die sicherstellt, dass allen VerbraucherInnen ein echtes Wahlrecht für oder gegen die neue Zahlungstechnologie eingeräumt wird.

Skepsis gegenüber der neuen Zahlungstechnologie kam auch vom Team Stronach, dessen Sprecherin Waltraud Dietrich vor allem auf mögliche Sicherheitslücken hinwies, sich mit ihrem Vorschlag (119/A(E)), zunächst die Auswirkungen der neuen NFC-Bankomatkarten auf die KundInnen zu evaluieren, aber ebenfalls nicht durchsetzen konnte. In einem weitern Antrag (296/A(E)) deponierte Dietrich ihre Bedenken gegen die so genannte Radio Frequency Identification (RFID), die normalerweise zur Warenkontrolle in Kaufhäusern eingesetzt wird, nach Meinung des Teams Stronach aber auch Sicherheitsrisken für die KonsumentInnen in sich birgt. Auch hier sollte es zu einer Evaluierung allfälliger Sicherheitslücken kommen, forderte Dietrich in ihrem Vorstoß, der schließlich unter Hinweis auf laufende Verhandlungen über eine Datenschutz-Grundverordnung in Brüssel mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt wurde.   

Die neuen NFC-Bankomatkarten seien seit 2013 in Österreich im Einsatz, bis jetzt habe es noch keinerlei Missbrauch oder Probleme gegeben, betonte ÖVP-Abgeordneter Friedrich Ofenauer. Skepsis der KonsumentInnen könne man nicht mit gesetzlichen Bestimmungen ausräumen, vielmehr gelte es, entsprechend über die neue Technologie zu informieren und eine Wahlmöglichkeit zu schaffen. Dem pflichtete auch Markus Vogl von den Sozialdemokraten bei, der die neuen Bankomatkarten grundsätzlich für sinnvoll hielt und meinte, man solle sich der neuen Technologie nicht verschließen, müsse aber die Skepsis ernst nehmen. Auch NEOS-Abgeordnete Beate Meinl-Reisinger ortetet in erster Linie Informationsprobleme für die KundInnen, die oft gar nicht wüssten, ob ihre Karte über die NFC-Funktion verfügt oder nicht. Die "Zwangsbeglückung" mit der neuen Karte wurde sowohl von Aygül Berivan Aslan (G) als auch von Heinz-Peter Hackl (F) abgelehnt, wobei der FPÖ-Mandatar anfügte, im Sinne eines mündigen Konsumenten könne es nur eine Opt-In-Lösung geben.

Sein Ressort habe bereits Gespräche mit dem Bankensektor aufgenommen, berichtete Bundesminister Rudolf Hundstorfer, der den Rückenwind durch die Abgeordneten begrüßte. Man habe die Zusage erhalten, dass die gesamte Informationspolitik rund um die NFC-Bankomatkarten nun neu gestaltet werde. Das größte österreichische Bankinstitut sei darüber hinaus bereits auf Opt-In, teilte Hundstorfer mit.

Zugang zu Basiskonto für alle

Alle VerbraucherInnen sollten Zugang zu einem Bankkonto mit wichtigen Basisfunktionen haben, fordern die Abgeordneten Angela Lueger (S) und Angela Fichtinger (V) in einem gemeinsamen Entschließungsantrag (446/A(E)), der ebenfalls einstimmig angenommen wurde. Sie weisen darauf hin, dass es in Österreich 150.000 Personen derzeit aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, bei einer Bank ein solches Basiskonto zu eröffnen, und treten in ihrer Initiative für eine Verpflichtung der Banken ein, ein derartiges Konto gegen eine angemessene Gebühr anzubieten. Lueger interpretierte dabei das Basiskonto als zweite Chance für jene Menschen, "die schon einmal ein Problem gehabt haben". Fichtinger wiederum zeigte sich erfreut darüber, dass bereits einige Banken in Österreich ein derartiges Basiskonto anbieten.

Ohne Girokonto habe man massive Probleme am Arbeitsplatz und bei der Wohnungssuche, stand für Bundesminister Hundstorfer fest, der den Antrag unterstützte und seine Bereitschaft zusicherte, auch weiterhin an der praktischen Umsetzung der Forderung zu arbeiten. Mit dem Basiskonto müsse ein fairer Kostenersatz verbunden sein, um Wettbewerbsverzerrungen hintanzuhalten, war für den Minister klar.

Grünen-Antrag gegen Eintreibung verjährter Inkassokosten vertagt

Handlungsbedarf im Inkassowesen ortet Abgeordnete Aygül Berivan Aslan von den Grünen, wo, wie sie im Ausschuss warnte, die SchuldnerInnen aufgrund mangelnder Fachkenntnis, Information und Erfahrung oft benachteiligt werden. So würden Gläubiger immer häufiger bereits verjährte Zinsen einfordern. In der Praxis geschehe dies durch Inkassobüros, die die KonsumentInnen unter Verweis auf die ansonsten anfallenden hohen Betreibungskosten zum Abschluss von Ratenvereinbarungen drängen. Den wenigsten SchuldnerInnen sei allerdings bewusst, dass durch diese Vereinbarung zumeist auch die verjährten Zinsen anerkannt werden, welche somit wieder aufleben und neuerlich gerichtlich geltend gemacht werden können. Die Konsumentenschutzsprecherin der Grünen fordert in ihrer Initiative (317/A(E)) nun ein Verbot für  Inkassoinstitute und Rechtsanwaltskanzleien, private SchuldnerInnen zur Bezahlung von bereits verjährten Schulden aufzufordern. Ein Zuwiderhandeln sollte ihrer Ansicht nach mit einer Verwaltungsstrafe bedroht werden.

Die Initiative wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt, zumal SPÖ-Abgeordneter Konrad Antoni auf laufende Gespräche zwischen dem Sozial- und dem Wirtschaftsministerium über das Thema Inkasso hinwies. Auch enthalte der Vorschlag der Grünen weit reichende Eingriffe in das Zivilrecht, die noch überprüft werden müssen, gab er zu bedenken.

Keine Mehrheit für Forderung der Grüne nach Abschaffung der Überziehungszinsen

Mit den Stimmen der Regierungsparteien und der NEOS wurde ein Vorstoß der Grünen auf Abschaffung der Überziehungszinsen abgelehnt. Abgeordnete Aygül Berivan Aslan erinnert in ihrem Antrag (422/A(E)) an die Ankündigung einiger Banken in Deutschland, künftig nach der Ausschöpfung des Kontokorrentrahmens keine Überziehungszinsen mehr zu berechnen. Demgegenüber wolle in Österreich, wo die Überziehungszinsen teilweise bis zu 14 % betragen, kein Bankinstitut auf dieses Körberlgeld verzichten, zeigt sich die Konsumentenschutzsprecherin der Grünen irritiert und drängt auf eine gesetzliche Regelung, die es Banken verbietet, neben dem Sollzinssatz von ihren KundInnen bei Überziehen des Kontorahmens noch zusätzlich Überziehungszinsen zu verlangen.

SPÖ-Mandatarin Nurten Yilmaz teilte zwar Aslans Kritik an der Höhe der Überziehungszinsen, gab aber ebenso wie Martina Diesner-Wais von der Volkspartei zu bedenken, die Überziehung des Kontorahmens erfolge letztlich auf Anfrage und im Interesse der KundInnen, die mehr Geld erhalten wollen. Bestätigt wurde diese Ansicht auch von NEOS-Mandatarin Beate Meinl-Reisinger, die die Überziehung des Kontorahmens als Zugang zu einem unbürokratischen Kredit interpretierte.

In gewissen Situationen brauchen Menschen ad hoc eine Leistung, die ein anderer vorhalten müsse, was mit Kosten verbunden sei, skizzierte Rudolf Hundstorfer die Ausgangslage bei der Kontoüberziehung. Überziehungszinsen seien daher per se nicht abzulehnen, vielmehr sollte aber über ihre Höhe diskutiert werden.

FPÖ fordert Gebührenstopp für KonsumentInnen bis 2018

In die Warteschleife verwiesen wurde Abgeordneter Peter Wurm (F) mit seiner Forderung (416/A(E)) nach einem Gebührenstopp für KonsumentInnen bis 2018. Laut Statistik Austria seien seit dem Jahr 1990 die Preise in Österreich um 167,6 % gestiegen, die Gehälter und Pensionen hingegen habe man nicht im gleichen Ausmaß angehoben, gibt der FPÖ-Mandatar zu bedenken und spricht in seiner Initiative von einem erheblichen Kaufkraftverlust.

Der Antrag sei ungenau formuliert und sollte noch überarbeitet werden, lautete die Begründung von ÖVP-Abgeordneter Martina Diesner-Wais für die Vertagung. Auch seien Gebühren in kostendeckender Höhe grundsätzlich in Ordnung. Ihr Fraktionskollege Johann Rädler brachte seine Meinung über die FPÖ-Initiative mit den Worten auf den Punkt, der Antrag sei reiner Populismus, "bei dem sich jeder Gemeindefunktionär an den Kopf greifen würde". Kein Verständnis für die Forderung nach einem Gebührenstopp hatte auch Wolfgang Pirklhuber von den Grünen, der es aber für durchaus angebracht hielt, über die Belastung durch Gebühren zu diskutieren. So zeige ein internationaler Vergleich, dass Österreich etwa bei den Wassergebühren im untersten Drittel liege, gab er zu bedenken.

"Populismus" war die FPÖ-Forderung auch für Minister Hundstorfer. Österreich habe einen hohen Standard an öffentlichen Dienstleistungen, der aber etwas koste. Der Ruf nach einem Gebührenstopp würde sich negativ auf die Qualität dieser Leistungen auswirken, warnte er.

Hundstorfer: "Gütesiegel-Dschungel" soll überarbeitet werden

In einer aktuellen Aussprache hat sich der Ausschuss mit weiteren konsumentenschutzrelevanten Themen befasst.

"Der Gütesiegel-Dschungel ist am philosophischen Weg ein Wald zu werden", unterstrich Hundstorfer seine Bemühungen im Zusammenhang mit dem von Abgeordnetem Wolfgang Pirklhuber (G) bemängelten "Gütesiegel-Dschungel" in Österreich. Es seien zu viele Gütesiegel im Umlauf, die für die KonsumentInnen oft nicht mehr nachvollziehbar seien, sagte der Minister. Sein Bestreben seien hochqualitative Gütesiegel neben der AMA, um auch hochqualitative Produkte am Markt zu haben.

Zur EU-Verbraucherinformationsverordnung zur Lebensmittelkennzeichnung äußerte Johann Höfinger (V) seine Bedenken etwa im Hinblick auf Verunsicherungen bei regionalen Lebensmittelherstellern. Einen kritischen Ton zeigte hier auch die FPÖ, wonach die Thematisierung der Verordnung in Hinblick auf das Inkrafttreten im Dezember viel zu spät passiere. Hundstorfer räumte ein, dass es sich hierbei um einen permanenten Prozess handle, in dessen Gespräche Wirtschaft und Landwirtschaft andauernd miteinbezogen werden. Es gehe nun darum, auch im Zuge des österreichischen Lebensmittelkodex Leitlinien zu entwickeln. Allgemein zur Lebensmittelkennzeichnung sagte der Minister, es sei an sich ein Problem, dass viele nicht zwischen dem Verbrauchsdatum beziehungsweise dem Mindesthaltbarkeitsdatum unterscheiden könnten. Angesprochen von Aygül Berivan Aslan (G) auf Mengenaktionen in Lebensmittelgeschäften, die Ersparnisse vorgaukeln würden, betonte Hundstorfer, dass man sich massiv bemühe, einer Wegwerfgesellschaft entgegenzuwirken. Ein großer Teil der Verantwortung liege hier aber auch beim Konsumenten und der Gesellschaft selbst, so der Minister.

Was TTIP betrifft, lenkte der Minister ein, dass das Verhandlungsmandat des Europäischen Rates keine Absenkung der europäischen Standards erlaube.

Angesprochen von Abgeordneter Beate Meinl-Reisinger von den NEOS auf das EuGH-Urteil im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung, wonach die Richtlinie etwa aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aufgehoben wurde, verwies Hundstorfer auf das dafür zuständige Ressort. Auch Fragen im Hinblick auf das Kilometergeld und die Pendlerpausche fielen in den Zuständigkeitsbereich des Finanzressorts, merkte er in Richtung Walter Rauch (F) und Rupert Doppler (F) an. Es handle sich hierbei primär um eine Steuerfrage. Aktivitäten diverser Konsumentenschutzvereine in diesem Bereich wie vom ÖAMTC oder vom ARBÖ würden aber seine Zustimmung finden.

Auch das Mietrecht war ein Thema in der aktuellen Aussprache. Hundstorfer erinnerte daran, dass leistbares Wohnen im Regierungsprogramm einen Schwerpunkt darstelle. Auch diese Verhandlungen würden voranschreiten, zeigte sich der Minister zuversichtlich und sprach sich dezidiert für Mietzinsregelungen inklusive Obergrenzen, eine Reduktion von Befristungsmöglichkeiten und klare Regelungen bei Erhaltungsverpflichtungen aus. Auch Fragen des Betriebskostenkatalogs seien neu zu gestalten, meinte Hundstorfer.

In Sachen Schuldenprävention informierte der Minister, dass man zusammen mit dem Justizministerium Fortschritte mache. Die Zinsspirale führe oft dazu, dass sich Schuldenstände innerhalb von zehn Jahren verdoppeln. Deswegen bedürfe es eines gesetzlichen Zinsenstopps beziehungsweise entsprechender Regelungen, merkte er an und nannte beim Privatkonkursrecht Deutschland als mögliches Vorbild.

Was Werbung in Schulen betrifft, versicherte der Minister seine Bemühungen darauf zu lenken, rechtliche Rahmenbedingungen zu überarbeiten. Die Schulen seien stets ein beliebter Ort für diverse Werbeaktivitäten von Firmen, konstatierte er und betonte überdies die Wichtigkeit von Informationsarbeit bei diesem Thema. "Das Mitteilungsheft darf keine Werbebroschüre sein", so Hundstorfer gegenüber Angela Lueger (S). (Schluss) hof/keg


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