Parlamentskorrespondenz Nr. 671 vom 08.07.2014

Nationalrat befasst sich mit Hypo-Petitionen

Auch BürgerInnen rufen nach Untersuchungsausschuss

Wien (PK) – Seit Monaten fordert die Opposition einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Causa Hypo Alpe Adria, um die Notverstaatlichung der Bank im Jahr 2009 und die weitere Vorgangsweise der Regierung unter die Lupe zu nehmen. Während die Koalitionsparteien nach wie vor zögern und zunächst einmal die Spielregeln für Untersuchungsausschüsse ändern wollen, haben sich rund 250.000 Bürgerinnen und Bürger auf die Seite von FPÖ, Grünen, Team Stronach und NEOS geschlagen und entweder auf Papier oder online eine von drei Petitionen (8/PET, 10/PET, 43/BI) für einen Untersuchungsausschuss unterschrieben. Dazu kommen rund 6.000 Unterschriften für die Offenlegung der Hypo-Gläubiger (9/PET). Besonders engagiert hat sich der Schauspieler und Kabarettist Roland Düringer, er wurde als Erstunterzeichner einer der Initiativen gemeinsam mit dem HTL-Schüler Christoph Konzett zu einem Hearing in den Petitionsausschuss geladen.

Heute wurde die Diskussion im Nationalrat fortgeführt und der Bericht des Petitionsausschusses über die vier Petitionen sowie über die Bürgerinitiative schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen.

SPÖ und ÖVP: 250.000 Unterschriften der BürgerInnen ernst nehmen

In der Debatte wurde das Engagement der BürgerInnen von allen sechs Fraktionen positiv bewertet. So etwas wie die Hypo dürfe es nie wieder geben, sieht sich Abgeordneter Hermann Lipitsch (S) einer Meinung mit der Bevölkerung. Roland Düringer habe Recht, wenn er von einem generellen Versagen der Gesellschaft spricht, sagte Lipitsch, auch bei der Hypo habe es viel Gier gegeben. Mit der Beschlussfassung des Hypo-Sondergesetzes wurde seiner Meinung nach aber die richtige Entscheidung getroffen. Die SPÖ habe jedenfalls ein gutes Gefühl.

Was die Forderung der BürgerInnen nach Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Hypo Alpe Adria betrifft, zeigten sich sowohl Lipitsch als auch seine Fraktionskollegen Johann Hechtl und Maximilian Unterrainer überzeugt, dass es in den nächsten Monaten einen solchen Ausschuss geben wird. Für Hechtl und Unterrainer sind neue U-Ausschuss-Regeln aber eine Voraussetzung dafür. Er sei für volle Transparenz und Aufklärung, bekräftigte Unterrainer, es gehe aber nicht an, Untersuchungsausschüsse vorwiegend zur Selbstdarstellung zu nutzen und "Politiker auf die Schlachtbank zu führen", statt sachliche und fachliche Aufklärungsarbeit zu leisten. Auch für Verurteilungen sei der Untersuchungsausschuss nicht zuständig, dafür gebe es Gerichte.

Auch ÖVP-Abgeordneter Hermann Gahr geht davon aus, dass das neue U-Ausschuss-Modell bald stehen und dann ein Untersuchungsausschuss zur Hypo kommen wird. Das Parlament müsse die 250.000 Unterschriften der BürgerInnen ernst nehmen, unterstrich er. Ausdrücklich hob Gahr hervor, dass Finanzminister Michael Spindelegger alle möglichen Varianten zur Abwicklung der Hypo geprüft habe. Durch das heute beschlossene Modell wird ihm zufolge der Schaden für die SteuerzahlerInnen minimiert, eine Insolvenz hätte seiner Ansicht nach viel zu hohe Risiken gebracht.

Opposition beharrt auf U-Ausschuss – auch ohne neue Regeln

Die Opposition wollte der Zusage von SPÖ und ÖVP, die Causa Hypo umfassend zu untersuchen, allerdings nicht recht trauen. Rot und Schwarz habe bis dato den Willen zur Aufklärung vermissen lassen, sagte etwa Abgeordneter Elmar Podgorschek (F). Seiner Ansicht nach braucht man für die Untersuchung der Causa Hypo keine neuen U-Ausschuss-Regeln, man hätte diese genauso gut mit den alten Verfahrensregeln abwickeln können. Diese wären sogar zum Vorteil der Koalition, weil diese jederzeit Mehrheitsbeschlüsse fassen und im Falle des Falles den U-Ausschuss auch abdrehen könnte. Podgorschek glaubt, dass die Koalition mit der Diskussion über neue U-Ausschuss-Regeln lediglich ablenken und Zeit gewinnen will. 250.000 Unterschriften sind für ihn jedenfalls ein eindrucksvolles Zeichen der Bevölkerung.

Ähnlich argumentiere auch FPÖ-Abgeordneter Gernot Darmann (F). Was hindere SPÖ und ÖVP daran, schon jetzt für einen Untersuchungsausschuss zu stimmen, fragte er. Seiner Auffassung nach macht man es sich außerdem zu einfach, wenn man ständig eine einzelne Partei bzw. ein einzelnes Bundesland "verunglimpft".

Grün-Abgeordneter Werner Kogler ist überzeugt, dass die Koalition nicht um einen Untersuchungsausschuss zur Hypo herumkommen wird, ob nach neuen oder nach den alten Verfahrensregeln. Der Druck, auch von Seiten der BürgerInnen, ist seiner Einschätzung nach schon so groß, dass es SPÖ und ÖVP nicht wagen werden, einen Untersuchungsausschuss abzulehnen, auch wenn es zu keiner Einigung auf neue Spielregeln kommt. Auch sein Fraktionskollege Wolfgang Pirklhuber ortet eine klare Botschaft der BürgerInnen an die Abgeordneten: "Machen Sie den Weg frei für einen Untersuchungsausschuss."

Für Pirklhuber ist die Hypo Alpe Adria nicht nur Ausdruck einer Bankenkrise, sondern auch Ausdruck einer Politikkrise. Die politische Kontrolle habe versagt. Für ihn stellt sich die Frage, wie das Vertrauen der BürgerInnen in die Politik wieder hergestellt werden kann. Die Bevölkerung habe nicht nur ein diffuses Unbehagen, sondern ganz klare Vorstellungen davon, was sich ändern soll, sagte er. Wie das beeindruckende Engagement des 19-jährigen Schülers Christoph Konzett zeige, wollten die BürgerInnen auch zwischen Wahlen mitreden und mitbestimmen.

Abgeordnete Waltraud Dietrich meinte seitens des Team Stronach, "die Zeit des Täuschens und Tarnens ist endgültig vorbei". Viele BürgerInnen seien von den Sparmaßnahmen der Regierung persönlich betroffen und verstünden nicht, warum auf der anderen Seite Steuergeld zum Fenster hinausgeworfen werde. Die Hypo hat Dietrich zufolge in zweifacher Hinsicht Schaden angerichtet: zum finanziellen Schaden kommt noch hinzu, dass das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Politik massiv gelitten haben.

Namens der NEOS bedankte sich Abgeordneter Rainer Hable bei den engagierten BürgerInnen für ihr massives Eintreten für einen Untersuchungsausschuss. Inhaltlich bekräftigte er die Forderung seiner Partei nach einer geordneten Insolvenz der Hypo Alpe Adria.

Der Vorsitzende des Petitionsausschusses Michael Pock (N) ging auf den "ruppigen Start" im Petitionsausschuss ein, betonte aber, dass es mittlerweile eine gute Zusammenarbeit zwischen den sechs Fraktionen gebe. So sei das Hearing im Ausschuss auf Initiative aller sechs Fraktionen zu Stande gekommen. Für die Zukunft wünscht sich Pock eine Aufwertung des Ausschusses. Er verwies in diesem Zusammenhang auf den Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags, der jedes Jahr eine umfangreiche Statistik über die Petitionen vorlege, aus der auch klar hervorgeht, was mit einem Bürgeranliegen geschehen ist. (Fortsetzung Nationalrat) gs