Parlamentskorrespondenz Nr. 221 vom 12.03.2015

Grundsatzdebatten über Gewerbeordnung und Kammermitgliedschaften

Wirtschaftsausschuss beschließt Liberalisierungen für das Rauchfangkehrergewerbe und Novelle des Gesetzes über unlauteren Wettbewerb

Wien (PK) – Zwei Anpassungen im Wettbewerbsrecht an EU-Recht brachte der Wirtschaftsausschuss in seiner heutigen Sitzung auf den Weg. In der ersten Regierungsvorlage, die von SPÖ, ÖVP und NEOS unterstützt wurde, ging es vor allem darum, dem Rauchfangkehrergewerbe größere Wettbewerbsfreiheit zu geben, dabei aber das gegenwärtige Sicherheitsniveau beizubehalten. In Reaktion auf ein Mahnschreiben der Europäischen Kommission stimmte der Ausschuss mehrheitlich auch für formelle Anpassungen des Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), um Rechtssicherheit über die EU-rechtskonforme Umsetzung der Richtlinie zu schaffen. Inhaltliche Änderungen erfolgten dadurch nicht. Gegen diese Anpassung waren die Freiheitlichen und das Team Stronach.

Vertagt wurden hingegen sämtliche Oppositionsanträge, die auf der Tagesordnung standen.

Größere Wettbewerbsfreiheit für Rauchfangkehrergewerbe

Eine Änderung der Gewerbeordnung (481 d.B. ) passt die Regelungen für die Rauchfangkehrer an die entsprechenden EU-Bestimmungen an. Konkret wird klargestellt, dass das Erfordernis der Niederlassung in Österreich, die Bedarfsprüfung und die Beschränkung auf Kehrgebiete für die Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes nur für sicherheitsrelevante Tätigkeiten wie etwa die Überprüfung der Anlagen oder die Abwehr von Gefahren gelten. Die Regierungsvorlage will in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht größere Wettbewerbsfreiheit im Rauchfangkehrergewerbe herstellen. Gleichzeitig soll jedoch das gegenwärtige Sicherheitsniveau bestehen bleiben, wie Staatssekretär Harald Mahrer unterstrich. Man habe nun eine gute Löse im Interesse der KonsumentInnen gefunden.

Abgeordneter Bernhard Themessl (F) wies darauf hin, dass die Novelle auch den Direktvertrieb kosmetischer Mittel liberalisiere, obwohl Konsumentenschutz und Gesundheitsministerium schwere Bedenken dagegen geäußert haben. Schweizer Gewerbetreibende würden künftig EU-Bürgern in der Ausübung eines Gewerbes gleichgestellt. Hier habe man aber verabsäumt, im Gegenzug Erleichterungen für österreichische Gewerbetreibende, die in der Schweiz arbeiten wollen, einzufordern. Skepsis gegenüber der Umsetzung der EU-Vorgaben äußerte seitens der Grünen auch Ruperta Lichtenecker. Die Novelle wurde schließlich in der Fassung eines Abänderungsantrags der Koalitionsparteien vom Ausschuss mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und NEOS gebilligt.

Zusammen mit dieser Gesetzesänderung wurde auch ein Antrag der Grünen (906/A(E)) behandelt, die die österreichische Gewerbeordnung auf den Stand des 21. Jahrhunderts bringen wollen. In diesem Sinn fordert Matthias Köchl zunächst eine Reduktion der reglementierten Gewerbe nach dem Prinzip "So viel Regulierung wie nötig, so wenig Regulierung wie möglich". Die Regierung habe Reformen zwar angekündigt, geschehen sei bisher aber nichts, sagte er, er wolle mit den Antrag Bewegung in diese Frage bringen.

Daran entzündete sich eine Grundsatzdebatte über die Notwendigkeit der Reform der Gewerbeordnung. Christoph Matznetter (S) äußerte Unverständnis gegenüber der Haltung der Grünen. Einschränkungen der Gewerbeausübung hätten in der Regel einen Grund und dienten dem Schutz der KonsumentInnen. FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger meinte hingegen, die Gewerbeordnung stecke teilweise im 19. Jahrhundert. Dem hielt Brigitte Jank (V) entgegen, was Kassegger kritisiere, seien vor allem antiquierte Formulierungen, die man sicherlich einmal ändern müsse. Grundsätzlich gewährleiste die österreichische Gewerbeordnung seit langem die hohe Qualität des Gewerbes. Diese dürfe man im Interesse der Wirtschaft nicht durch unüberlegte Änderungen aufs Spiel setzen.

Bundesgesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) wird an EU-Recht angepasst

EU-Konformität bezweckt auch eine Novelle des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (482 d.B. ). Als Reaktion auf ein entsprechendes Mahnschreiben der Europäischen Kommission wird darin die Verpflichtung zur formellen Anpassung durch eine nahezu wortgetreue Umsetzung von Teilen der EU-Richtlinie über unlauteren Wettbewerb nachgeholt.

FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger sah die Novelle als unnötig an und forderte eine Gesamtreform der Gesetzgebung über unlauteren Wettbewerb. Staatssekretär Harald Mahrer betonte, dass die inhaltlichen Ziele der EU-Richtlinie bereits von der UWG-Novelle aus dem Jahr 2007 erfasst und gemäß der EU-Judikatur abgedeckt wurden.

FPÖ gegen Mehrfach-Pflichtmitgliedschaft in den Wirtschaftskammern

Mehr als 90.600 Wirtschaftskammermitglieder gehören zwei Fachgruppen innerhalb der Kammer, rund 24.000 UnternehmerInnen drei Fachgruppen an. Da für jede Fachgruppe die entsprechende Grundumlage zu entrichten ist, führe dies zu einer erheblichen Belastung der Wirtschaftstreibenden, gab FPÖ-Mandatar Axel Kassegger zu bedenken. Sein Entschließungsantrag (966/A(E) ) für eine Abschaffung der Mehrfach-Pflichtmitgliedschaften in den Fachgruppen bzw. Fachverbänden der Wirtschaftskammer wurde nach lebhafter Debatte über die Kammern mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP vertagt.

Christoph Matznetter (S) und Hermann Schultes (V) verteidigten die Kammern gegen Angriffe der Opposition. Matznetter meinte, die Grundumlage könne von jeder Fachgruppe selbst festgelegt werden, der Antrag richte sich an die falsche Adresse. Schultes verwies auf die wichtigen Serviceleistungen der Kammern. Seine Fraktionskollegin Jank fügte hinzu, die Wirtschaftskammer sei eine Solidargemeinschaft, von der gerade die schwächeren Mitglieder profitierten.

NEOS-Mandatar Nikolaus Alm meinte hingegen, seine Fraktion sei der Meinung, dass Mitgliedschaften in Interessensvertretungen freiwillig sein sollten. Das würde auch zu mehr Verantwortungsbewusstsein in diesen Gremien führen, was den Umgang mit Beiträgen der Mitglieder betrifft. Matthias Köchl (G) sagte, die Grünen würden zwar die Forderung von Reformen, wie etwa, dass Kammerumlage nur einmal zu bezahlen ist, jedenfalls unterstützen. Bei der geforderten völligen Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft könnten sie nicht mitgehen.

Team Stronach: Betriebsgründungen im ländlichen Raum steuerlich begünstigen

Angesichts der Abwanderung in die Städte sei es höchst an der Zeit, neue Förderungsinstrumente für den ländlichen Raum zu entwickeln, stellte Kathrin Nachbaur vom Team Stronach fest. Sie unterstützte den Entschließungsantrag ihrer Fraktionskollegin Waltraud Dietrich (961/A(E) ), der wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen fordert, um Unternehmen und insbesondere Betriebsansiedlungen im ländlichen Raum speziell zu forcieren. Dazu sollten Gebietskörperschaften nach dem Schweizer Modell die Möglichkeit erhalten, Steuerbegünstigungen zu gewähren.

Die Abgeordneten der anderen Fraktionen stimmten mit ihr überein, dass Betriebsansiedlungen im ländlichen Raum eine wichtige Frage sind und benachteiligte Regionen gestärkt werden müssen. Skeptisch waren Christoph Matznetter (S) und Andreas Hanger (V), ob dies über eine Steuerhoheit der Länder zu bewerkstelligen sei. Das Problem sei wesentlich komplexer und müsse auf anderem Weg gelöst werden. Einer Übertragung der Steuerhoheit an die Länder konnte Nikolaus Alm (N) zwar etwas abgewinnen, die Formulierung des Antrag erschien ihm aber dazu unausgereift.

Der Antrag wurde schließlich von den Koalitionsparteien vertagt.

NEOS verlangen Zweckbindung der Einnahmen aus dem Emissionshandel

NEOS-Abgeordneter Nikolaus Alm beanstandete, dass die durch den Emissionshandel generierten Mehreinnahmen keiner zweckgebundenen, adäquaten Verwendung zugeführt werden, sondern in das allgemeine Budget fließen. Mit der Forderung seiner Fraktion, mindestens 75 % der Einnahmen aus der Versteigerung von Emissionszertifikaten für Maßnahmen der thermischen Sanierung, etwa durch Aufstockung des Sanierungsschecks, zur Verfügung zu stellen, konnte er sich jedoch nicht durchsetzen. Unterstützung fand er bei den Grünen. Matthias Köchl (G) meinte, thermische Sanierung zu fördern, würde der Konjunktur bedeutende Impulse geben. Der Antrag (939/A(E) ) wurde schließlich mehrheitlich vertagt.

NEOS wollen mehr Transparenz bei den Förderungen

Mehr Transparenz und Effizienz im Förderwesen fordert NEOS-Abgeordneter Nikolaus Alm (624/A(E) ). Die Transparenzdatenbank sei noch immer nicht vollständig umgesetzt, vor allem die Landesförderung und Subventionen auf Regional- und Gemeindeebene seien zum größten Teil noch nicht erfasst. Alle Förderstellen sollten daher gesetzlich zur Eintragung in die Transparenzdatenbank verpflichtet werden, forderte der Abgeordnete. Dem hielt Abgeordneter Hanger entgegen, das Problem sei bekannt, die Lösung liege aber in der Beteiligung der Länder. Diese sei auf dem Weg, daher sei die Vertagung des Antrags gerechtfertigt. Seinem Vertagungsantrag wurde mit Mehrheit stattgegeben.

Auf die Frage von Ruperta Lichtenecker (G), wann mit der Beteiligung der Länder zu rechnen sei, sagte Staatssekretär Harald Mahrer, das Ziel der Bundesregierung sei es, die Länder mit Beginn des Jahres 2016 einzubinden. Alle würden dann miteinander vergleichbare Daten liefern, bestätigte er. Voraussetzung sei aber der Abschluss entsprechender 15a-Vereinbarungen. (Schluss) sox