Bundesrat Stenographisches Protokoll 610. Sitzung / Seite 97

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meinen Ausführungen noch darauf zurück. Man muß auch den Wahlerfolg, den die sozialdemokratische Fraktion jetzt als solch großen Erfolg verkauft (Bundesrat Dr. Prasch: Das ist ihr zu Kopf gestiegen!), relativieren und einfach sehen, daß sie damit das zweitschlechteste Ergebnis in der Geschichte der Zweiten Republik eingefahren hat. (Bundesrat Prähauser: Den zweitgrößten Zuwachs in der Geschichte!) Meine Güte! Von wenig kann man ja leicht viel gewinnen, wenn man – wie ich in meinen Ausführungen später noch darlegen werde – der Bevölkerung vor der Wahl falsche Tatsachen nennt und Versprechungen macht, die man nach der Wahl nicht halten kann. Denn eines werden Sie aufgrund meiner Ausführungen noch zugeben müssen, daß die Versprechungen, die vor der Wahl gemacht wurden, im Lichte des Belastungspaketes, welches nunmehr vorliegt, nicht gehalten werden.

Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung schöne Worte über Arbeitsplatzsicherung, Wirtschaftsentwicklung und Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich gebraucht. – Schöne Worte mit Umschreibungen und Gemeinplätzen. Ich zitiere: "Erforderlich ist eine Wirtschaftspolitik, die es möglich macht, bestehende Betriebe auszubauen und neue zu errichten." – Weiteres Zitat: " ... wird die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen zur Unterstützung neuer Unternehmen ergreifen." Weiteres Zitat: " ... neuen Anlauf nehmen müssen, um die Verwaltung zu vereinfachen und die behördlichen Verfahren zu verkürzen." Der Herr Bundeskanzler hat in seiner Beantwortung zwischendurch auch selbst schon relativiert, daß das alles nicht so einfach ist, und er hat eine neue Offensive für Wachstum und Beschäftigung versprochen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Es waren also schöne Worte wie bisher, Worthülsen ohne Inhalt, ohne Details. Die Antworten auf die Fragen, wie er all diese Absichten umsetzen möchte, ist uns der Herr Kanzler schuldig geblieben. Mehr noch: Er beziehungsweise die Bundesregierung hat durch das Belastungspaket, welches sie verschämt "Strukturanpassungsgesetz" nennt, erkennen lassen, daß der Weg für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung Österreichs nicht positiv verlaufen wird. Darauf werde ich später eingehen.

Diese Bundesregierung hat allgemein das Problem, die Glaubwürdigkeit der von ihr gegebenen Versprechungen der Öffentlichkeit und dem Wähler darzulegen. Sehr geehrter Herr Kollege Prähauser! Wenn Sie die Regierungserklärungen des Herrn Bundeskanzlers der Jahre 1987, 1990, 1994 und jetzt 1996 genauso gut gelesen hätten wie unser Programm, dann hätten Sie erkannt, daß die Probleme, über die er gesprochen hat, bis heute die gleichen geblieben sind.

Präsident Johann Payer: Der Lärmpegel wird immer größer! Herr Mag. Langer ist am Wort.

Bundesrat Mag. Dieter Langer (fortsetzend:) Die Probleme haben sich nicht geändert. Die Erklärungen der Regierung sind nur kürzer geworden. Sie enthalten die gleichen Worthülsen als Antwort auf die gleichen Probleme. Dabei hätten Sie zehn Jahre Zeit gehabt, diese zu erledigen. Und nun wollen Sie uns weismachen, daß Sie nun diejenigen sind, die sich nunmehr plötzlich in die Lage versetzt sehen, die Österreicher aus der mißlichen Lage, in der wir sind, herauszuführen, in die wir gar nicht gekommen wären, wenn nicht Sie für die Politik der letzten zehn Jahre verantwortlich gewesen wären! Sie tun jetzt so, als ob Sie diese Verantwortung gar nicht gehabt hätten, als ob die handelnden Personen nicht die gleichen geblieben wären, als ob wir es jetzt mit einer völlig neuen Regierung zu tun hätten!

Sie selbst sind verantwortlich dafür, daß die großen Probleme nicht gelöst wurden, ja durch eine verantwortungslose Politik sogar noch verstärkt wurden. Ihre jetzigen Erklärungen werden dadurch, daß sie seit 1987 in jeder Regierungserklärung wiederholt werden, nicht glaubwürdiger. Es handelt sich um die großen Probleme der Finanzierung der Pensionen, des Gesundheitssystems, um das Problem der Arbeitslosigkeit, aber auch um die Bundesstaatsreform, die explodierenden Staatsschulden und um das Problem des Budgetdefizits.

Ein Vergleich der Regierungserklärungen bringt es an den Tag. Ich zitiere nur kurz, Beispiele könnte ich unzählige bringen. 1987: "Das Budgetdefizit bis zum Jahr 1991 soll auf unter 3 Prozent und bis 1992 auf unter 2,5 Prozent des BIP gesenkt werden." 1990: "Bis zum Ende der Legislaturperiode soll der Anteil des Defizits am BIP auf unter 2,5 Prozent gesenkt werden." Was


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