Bundesrat Stenographisches Protokoll 611. Sitzung / Seite 36

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vor Ort und die Reisediplomatie von so großer Bedeutung wie heute, denn auch die heute gegebenen technischen Möglichkeiten können keinen Ersatz für die persönliche Begegnung, für das persönliche Gespräch sein. Hier erfüllen Diplomaten heutzutage mehr denn je eine äußerst wichtige Funktion.

In Zeiten einer immer stärker zunehmenden Globalisierung ist es einfach notwendig, daß man sich im jeweiligen Land an den Vertreter Österreichs wenden kann, der ein Briefing darüber geben kann, wer beziehungsweise wo die richtigen Ansprechpersonen für das entsprechende Anliegen sind.

Auch innerhalb der Europäischen Union ist dies von eminenter Bedeutung, denn für Verhandler jedweder Art ist eine gute Vorbereitung in Form des soeben genannten Briefings von seiten eines österreichischen Vertreters vor Ort eine wichtige Grundlage.

Was aber auch keineswegs unterschätzt werden darf, ist folgendes: Ein Diplomat kann durch sein persönliches Engagement sehr viel dazu beitragen, das Ansehen und die Bedeutung seines Landes im Ausland zu steigern. Ich meine, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß die Art und Weise, wie zum Beispiel ein Botschafter auftritt, unter anderem ein ganz wesentlicher Faktor für die Sympathiewerte, die seinem Land entgegengebracht werden, ist.

An dieser Stelle möchte ich betonen, daß ich die Symbiose von Österreichs diplomatischen Vertretungen auf der einen Seite und den Außenhandelsstellen auf der anderen Seite für besonders wichtig und gelungen halte. Denn sosehr auch ein Diplomat immer mehr mit wirtschaftlichen Belangen zu tun hat, so ist sein Wirkungsfeld doch in besonderem Maße auf die Politik konzentriert, wodurch er in so manchem Bereich nicht so agieren kann, wie dies einem Handelsdelegierten möglich ist und vice versa. Für Österreichs Wirtschaft bedeutet es jedenfalls doppelte Schlagkraft im Ausland.

Große Firmen zeigen seit langem ebenfalls ein großes Interesse an den Absolventen der Diplomatischen Akademie. Ein erfolgreicher Manager muß sehr oft auch ein guter Diplomat sein – im wahrsten Sinne des Wortes. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Daß die Diplomatische Akademie mit ihrer fundierten Ausbildung den Grundstein für ein wirkungsvolles Agieren der österreichischen Vertreter im Ausland legt, ist aber nur eine Seite der Medaille. Die andere ist die Ausbildung von Diplomaten anderer Staaten. Waren Ausbildungsplätze an der Akademie schon in der Vergangenheit international sehr gefragt, so ist die Nachfrage nach dem Fall des Eisernen Vorhangs besonders gestiegen.

An dieser Stelle möchte ich erwähnen, daß an der Diplomatischen Akademie neben regulären Lehrgängen seit Oktober 1990 228 Angehörige von Außenministerien aus 26 Reformstaaten Zentral- und Osteuropas sowie der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten und der Mongolei in Sonderausbildungskursen eine Spezialausbildung erhalten haben.

Es ist unschwer zu erkennen, daß es sich bei der Diplomatischen Akademie um ein außenpolitisches Instrument von größter Bedeutung handelt. Etliche der ausländischen Absolventen nehmen mittlerweile Spitzenfunktionen in der Politik und in der Verwaltung ihrer Länder ein, und es liegt in der Natur der Sache, daß diese Politiker und Diplomaten zu Österreich, dem Land, in dem sie studiert haben, einen intensiveren Bezug haben als jemand, der unser Land nicht kennt.

Ein Land zu kennen, bedeutet aber vor allem, seine Kultur zu kennen. Deshalb möchte ich auch kurz auf die kulturelle Komponente eingehen, die ich für mindestens ebenso wichtig erachte wie die Bereiche Politik und Wirtschaft.

Meiner Ansicht nach darf es kein wie immer geartetes Konkurrenzverhältnis zwischen Politik, Wirtschaft und Kultur geben. Ganz im Gegenteil: Es sollte noch viel mehr die Einsicht wachsen, daß diese Bereiche eng miteinander verflochten sind und einander bedingen.

Die kulturelle Komponente ist in erster Linie jene, mit deren Hilfe jenes Ambiente aufbereitet wird, in dem Menschen gerne zusammentreffen und in der Kreativität blühen kann. Wirtschaft


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