Bundesrat Stenographisches Protokoll 614. Sitzung / Seite 86

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Griff in die Taschen der Steuer- und Beitragszahler. Das trifft dann hauptsächlich auch noch diejenigen, die sozial schwach sind.

Ich denke, das ist zu einfach, denn diese Lösung erfordert nicht viel Nachdenken: Das Budget läuft aus dem Ruder: Was machen Sie? – Sie belasten! Die Krankenkassen können nicht mehr finanziert werden: Was machen Sie? – Sie belasten wieder! Es kommt zur Einführung der Krankenscheingebühr und zur Erhöhung der Rezeptgebühr und der Versicherungsbeiträge.

Herr Bundesminister! Es nützt in dem Fall nichts, wenn Sie sagen: Es sind eh nur 0,25 Prozent! – Das ist ein weiteres Beispiel in der endlosen Geschichte der versprochenen und gebrochenen Wahlversprechen. Ihr Bundeskanzler Vranitzky hat in seinem Schreiben an die Pensionisten dargelegt, daß er keine Leistungen kürzen und schmälern wird. (Bundesrat Dr. Tremmel: Das hat höchstens der Weihnachtsmann gesagt!)

In der Zwischenzeit sind bei einigen die Freibetragsbescheide sistiert worden, sie bekommen also im Endeffekt weniger heraus. Es erhebt sich daher in Anbetracht dieser neuerlichen Belastung die Frage, wie lange eigentlich das Wort eines Bundeskanzlers, das Versprechen des österreichischen Bundeskanzlers gilt.

Die Gefahr, die dahintersteht, hat der Wiener Bürgermeister Dr. Häupl offenbar erkannt. Denn er hat – das lese ich in der Zeitung – die Wahlversprechen der SPÖ aus dem Nationalratswahlkampf ausdrücklich eingemahnt. Und ihm zur Seite trat Herr Stadtrat Dr. Rieder, der dafür ist, den eingeschlagenen Weg zu stoppen und nachzudenken.

Für uns erhebt sich nun die Frage: Hat Herr Bürgermeister Häupl als Mitglied des Parteipräsidiums der SPÖ diesen Maßnahmen zugestimmt, wie er seinerzeit der Autobahnmaut und dem Autobahnpickerl zugestimmt hat, tut er jetzt nur in der Öffentlichkeit und nach außen hin so, als ob er sich gegen die Maßnahmen, die Sie vorschlagen, gegen die Belastungen der Bevölkerung und des Beitragszahlers stark mache, macht er nur nach außen hin einen großen Wirbel, während er nach innen den Maßnahmen zustimmt? (Zwischenruf des Bundesrates Hager. )

Sehr geehrter Herr Kollege! Die Gründe hiefür sind wohl sehr durchsichtig, denn die Wahlen in Wien stehen bevor. Daher wage ich zu behaupten, daß Dr. Häupl in diesem Fall als "roter Häuptling mit gespaltener Zunge" spricht. Er braucht die Stimmen, vor allem die der Pensionisten, denn diese haben die letzte Nationalratswahl mit entschieden, auch unter der Vorgabe des alten Gespenstes, nämlich des Rentenklaus. Aber jetzt demaskieren Sie von der Sozialdemokratie sich jedoch: Sie sind nicht mehr die Beschützer der Pensionisten, sondern werden – im Gegensatz zu Ihrem Wahlversprechen – nun selbst zu denjenigen, die den Pensionisten etwas wegnehmen.

Das kann Häupl natürlich nicht brauchen, denn das vermindert seine Wahlchancen. Die Lösungen, die er vorschlägt – das muß ich sagen –, beinhalten allerdings auch keine echte Reform und keine geänderten Strukturlösungen. Ihm fällt auch nur das Abkassieren ein, und zwar, damit die Sozialdemokraten ein bißchen besser dastehen, mit Hilfe der Neidgenossenschaft. Denn er möchte zum ersten gleich die Höchstbemessungsgrundlage anheben, und zwar auf mehr als das Doppelte, und zum zweiten möchte er die Wirtschaft, aber auch die Arbeitnehmer wieder belasten, indem er einer Beitragserhöhung das Wort redet. Damit würden sich aber die Lohnnebenkosten erhöhen, die Wirtschaft wäre in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, und der Wirtschaftsstandort Österreich innerhalb Europas wäre noch mehr belastet. Weiters würden das Arbeitseinkommen kassiert – weil auch bei den Arbeitnehmern Beiträge kassiert werden sollen – und daher auch die Kaufkraft vermindert werden. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. ) Na selbstverständlich! Das sage ich ja: Arbeitseinkommen und daher Kaufkraft werden vermindert. (Bundesrat Bieringer: Das mußt du dazu sagen, damit wir es wissen!)

Abgesehen von den direkten Belastungen, die auf die Beitragszahler zukommen, gibt es in dem geschnürten Paket noch etwas, was leider ebenfalls Böses für die Zukunft erwarten läßt: 850 Millionen Schilling werden jetzt aus dem Familienlastenausgleichsfonds zu den Krankenkassen transferiert, dafür darf sich Herr Familienminister Bartenstein, der bei diesen Verhand


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