Bundesrat Stenographisches Protokoll 614. Sitzung / Seite 120

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parlamentarischen Praxis ein bißchen zugunsten des Länderdenkens in den Hintergrund treten lassen sollte. Aber dann sollten Sie diesen Gesichtspunkt in einem Fall, in dem es tatsächlich von großer Bedeutung ist, bei sich selbst anwenden. – Danke. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

17.25

Präsident Johann Payer: Weiters zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Wöllert. Auch ihn mache ich darauf aufmerksam, daß ich die Redezeit mit fünf Minuten beschränkt habe.

17.25

Bundesrat Karl Wöllert (SPÖ, Oberösterreich): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Präsident und Herr Kollege Weiss haben bereits in sehr effizienter Form alle Argumente, vor allem auch die mathematischen Hintergründe, die sich bei dieser Wahl darstellen, angeführt. Ich erlaube mir, zusätzlich noch ein paar politische Hintergründe als Argumentation einzubringen.

Die heute von der Freiheitlichen Partei vom Zaun gebrochene Diskussion über die Position der Vizepräsidenten des Bundesrates ist von mannigfaltigen und vordergründigen Facetten geprägt. Da ist einmal festzustellen, daß es der immer wieder selbst ernannten "Postenabbaupartei", der Freiheitlichen Partei Österreichs – oder Bewegung (Bundesrat Eisl: Wollen Sie sie selbst abbauen?), wie auch immer –, heute ganz offensichtlich nur darum geht (Rufe bei den Freiheitlichen: Bauen Sie sie ab!) , endlich wieder einmal einen hohen Posten des Staates in dieser Republik zu ergattern. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ja, es muß Ihnen unangenehm sein, die Wahrheit zu hören. Aber wenn Sie erlauben, darf ich sie Ihnen trotzdem servieren.

Da spielt ganz offensichtlich bei Ihnen weder der Wille des Gesetzgebers zur Kontinuität beziehungsweise zur föderalen Notwendigkeit eine Rolle, ganz zu schweigen von der Rücksichtnahme auf Stärkeverhältnisse, die durch Wahlen entstehen. Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen: Sie sind in diesem Lande nur die Dritten und nicht mehr.

Nehmen Sie aber bitte auch zur Kenntnis, daß die Länderkammer dieses Parlaments geprägt ist von Kontinuität und von Seriosität. (Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Es ist ja hochinteressant, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, daß die Begriffe Kontinuität und Seriosität bei Ihnen auf Gelächter stoßen. Das sollte man sich merken. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Die Kontinuität besteht darin, daß die Freiheitliche Partei ständig wächst!) Sie müssen auch zur Kenntnis nehmen, daß diese Kontinuität und diese Seriosität bisher von Persönlichkeiten getragen wurden, wie etwa von den Vizepräsidenten Professor Schambeck oder Strutzenberger, und von diesen viele Jahre hindurch praktiziert wurden. Nehmen Sie aber bitte auch zur Kenntnis, daß eine Persönlichkeit, wie sie Frau Vizepräsidentin Haselbach darstellt, diese Kontinuität zum Wohl und im Interesse unseres Staats auch in Zukunft fortsetzen wird. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Die Wahl der Vizepräsidenten des Bundesrates ist nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechtes vorzunehmen. Das ist, glaube ich, auch in Ihren Reihen unbestritten. Ob es Ihnen nun paßt oder nicht: Diese Positionen sind nach der Stärke der gewählten Fraktionen zu vergeben, und Sie sind in diesem Haus nur die drittstärkste Fraktion und damit nicht in der Lage, den Antrag auf Bestellung einer Vizepräsidentin oder eines Vizepräsidenten des Bundesrates zu stellen. Und nichts deutet, wenn wir die letzten Nationalratswahlen Österreichs betrachten, darauf hin, daß sich daran langfristig etwas ändern wird. (Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Wissen Sie, Sie haben im Burgenland in Wirklichkeit nur eine Winzigkeit aufgeholt, wenn ich Ihnen das sagen darf. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Waldhäusl: Und Sie haben eine Winzigkeit verloren!) Sie haben sich seit vielen Jahren bemüht und das jetzt endlich erreicht (Bundesrat Dr. Prasch: Und das genügt schon!) , aber das ist ja keine Sensation gewesen. (Ruf bei den Freiheitlichen: Peng!) Wissen Sie, auch Ihr "Peng!" ist nicht unbedingt Beweis für eine seriöse Art, hier einzugreifen. (Bundesrat Waldhäusl: Ihre Zeit ist um!)

Meine Damen und Herren! Auch wenn Sie nach vergeblicher Suche nach einer Dritten Republik glauben, daß Sie den Willen des Gesetzgebers, so wie er sich jetzt darstellt, brechen können,


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