Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 64

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

machen. Wir hören gewisse Signale aus Frankreich, daß man auch dort gewisse Überlegungen in dieser Richtung anstellt, was ich sehr erfreulich finde.

Meine Damen und Herren! Nun möchte ich mich einem anderen Thema, einem außerordentlich wichtigen Kapitel zuwenden, nämlich der Sicherheitspolitik. Ich bin davon überzeugt, daß in puncto Sicherheitsfragen den Österreicherinnen und Österreichern noch viel stärker ins Bewußtsein gerückt werden muß, daß die Umstände, die nach dem Zweiten Weltkrieg 50 Jahre lang Gültigkeit besaßen, heute doch andere sind. Es ist auch kein Zufall, daß die mittel- und osteuropäischen Reformstaaten massiv an einer Teilnahme an einem europäischen Sicherheitssystem interessiert sind. Auf die Schaffung eines solchen hat mein Vorredner soeben hingewiesen.

Meine Damen und Herren! Der Ausgangspunkt für das europäische Einigungswerk war die Absicht, diesen Kontinent zu einem Kontinent des Friedens zu machen, und es gilt in erster Linie, an diesem großen Friedenswerk zu arbeiten. Nicht nur die Tragödie am Balkan hat gezeigt, wie wichtig ein funktionierendes europäisches Sicherheitssystem wäre. Sosehr ich persönlich den Vereinigten Staaten von Amerika verbunden bin, so stelle ich dennoch die Frage in den Raum, ob es für Europa nicht ein gewisses Armutszeugnis darstellt, daß im ehemaligen Jugoslawien erst durch das Auftreten der USA Friedensbemühungen in Gang gesetzt werden konnten.

Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit einem entstehenden europäischen Sicherheitssystem, an dem Österreich größtes Interesse haben muß, möchte ich außerdem vehement darauf hinweisen, daß Österreich sicherlich nicht die Rolle eines Trittbrettfahrers einnehmen können wird.

Aber nun zu einem anderen Themenkreis. Zweifellos ist die Arbeitslosigkeit eines der gravierendsten Probleme, mit dem viele EU-Mitgliedstaaten – und damit auch die Union – konfrontiert sind. Mancherorts wird die Ansicht vertreten, die budgetären Maßnahmen im Vorfeld der geplanten Währungsunion – wobei die Sanierung der Staatsfinanzen natürlich auch ohne WWU notwendig geworden ist – hätten negative Auswirkungen auf die Arbeitsmärkte. Dazu möchte ich zwei Bemerkungen machen:

Erstens: Die Währungsunion ist der große Schritt, der den Gemeinsamen Markt erst wirklich zu einem solchen macht. Auch wenn es mir sonst eher fernliegt, Prognosen abzugeben, so muß ich sagen, ich bin davon überzeugt, daß mehr EU-Staaten von Anfang an dabei sein werden, als man heute vielleicht vermuten würde. Ich gehe selbstverständlich auch davon aus, daß Österreich schon bei der ersten Runde – bei der ersten Euro-Runde, wenn ich es so bezeichnen darf – dabeisein wird.

Was die sogenannten Sparpakete – derartiges gibt es nicht nur in Österreich – betrifft, so kann nicht oft genug betont und hervorgehoben werden, daß diese unabhängig von der geplanten Währungsunion notwendig geworden sind. Kein Staat kann es sich auf Dauer leisten, wesentlich mehr Geld auszugeben, als er einnimmt beziehungsweise als ihm zur Verfügung steht. Da geht es einem Staat nicht anders als jedem Privathaushalt und jedem Unternehmen. Je länger man über seine Verhältnisse gelebt hat, desto unerfreulicher ist die Rechnung, die schließlich präsentiert wird.

Die zweite Bemerkung gilt dem Thema Arbeitslosigkeit: Wir müssen leider immer öfter feststellen, daß selbst ein real wachsendes Bruttoinlandsprodukt nicht mehr zur Vollbeschäftigung führt. Dies ist ein Phänomen, das in Zukunft wesentlich stärker einer eigenen Betrachtung unterzogen werden muß.

Meine Damen und Herren! Wir müssen davon ausgehen, daß die produzierende Wirtschaft in Zukunft mit noch weniger Beschäftigten eine noch höhere Produktivität erreichen wird. Das liegt nicht nur an den Lohnkosten, sondern liegt vor allem daran, daß die produzierende Wirtschaft aufgrund neuer Technologien heute ganz anders dasteht als in der Vergangenheit. Deshalb meine ich, wir müssen ehebaldigst überlegen, welche Maßnahmen zu setzen sind, um aus Arbeitslosen aus dem produzierenden Sektor Beschäftigte im Dienstleistungssektor zu machen. – Eine neue Technikfeindlichkeit kann aber dabei keineswegs auch nur ein Lösungsansatz sein.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite