Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 92

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Aus dieser Studie, auf die ich vor kurzem gestoßen bin, zu der Nobelpreisträger Milton Friedman und andere namhafte Ökonomen wesentliche Impulse geliefert haben, geht hervor, daß kein Land mit fortwährend hoher ökonomischer Freiheit ein hohes Pro-Kopf-Wirtschaftswachstum verfehlt hat. Ich erwähne diese Studie deshalb, weil ich mich voll und ganz mit den Ergebnissen und Schlußfolgerungen identifizieren kann. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Wenn nun der Bundesrat Jaud hier seine Meinung von sich gibt, dann wird das wohl kaum einen besonderen Eindruck auf Sie machen. Ich hoffe aber, sehr verehrte Kollegen des Bundesrates, daß es mehr Eindruck bei Ihnen hinterläßt, wenn entsprechende Fachleute, namhafte Ökonomen, diese Aussagen treffen.

Mein Ziel ist es nämlich, Sie, verehrte Bundesrätinnen und Bundesräte, davon zu überzeugen, daß Sie in verantwortlicher Ausnützung Ihres freien Mandats gegen diese Vorlage stimmen sollten. (Beifall bei den Freiheitlichen und Beifall des Bundesrates Pischl .)

An der Spitze der Staaten mit den größten Freiheiten liegen nach dieser erwähnten Studie Hongkong, Singapur, Neuseeland und die USA, während Österreich gemeinsam mit Trinidad, Chile, Mexiko und Spanien den 36. Platz einnimmt. – Meine Damen und Herren! Halten Sie sich das bitte vor Augen!

Während wir in Österreich vergeblich nach einem Ausweg aus der Beschäftigungskrise suchen – zudem mit sehr ungeeigneten Mitteln –, optimieren andere Staaten die Rahmenbedingungen für ihre Wirtschaft. Nur ein Funktionieren unserer Wirtschaft kann Arbeitsplätze, vor allem auch Arbeitsplätze für Lehrlinge garantieren. Wir können uns noch so viele Förderungen einfallen lassen, meine sehr verehrten Damen und Herren des Bundesrates: Das einzige, was auf Dauer Arbeitsplätze sichert, ist eine funktionierende Wirtschaft. Von Förderungen kann die Wirtschaft aber nicht leben, die Wirtschaft lebt von der Freiheit, von der Möglichkeit der freien wirtschaftlichen Entfaltung. Jede staatliche Regulierung der Erwerbstätigkeit eines Landes drängt ertragreiche Wirtschaftszweige in weniger ertragreiche Wirtschaftszweige.

In der Wahlwerbung wurde Wien kürzlich mit Chicago verglichen – bei der Gemeinderatswahl zugegeben. Dazu kann ich nur sagen, wiederum in Anlehnung an diese Studie: Wäre Wien doch Chicago, hätten wir bereits weniger Bürokratie in der öffentlichen Verwaltung und ein leistungsfähiges Regelwerk zur Steuerung und Entscheidung von Haushalten und Unternehmen. (Bundesrat Dr. Bösch: Aber in Chicago gibt es überhaupt keine ÖVP! Ich würde mir das überlegen!) Ohne eine Änderung der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden wir in der Zukunft unseren Wohlstand nicht halten können.

Noch etwas: Wäre Wien Chicago, so wäre bei den neuen Gesetzen nicht nur die Umwelt- und die Sozialverträglichkeit, sondern auch die Wirtschaftsverträglichkeit von Gesetzen und Verordnungen zu prüfen. Dort wird das gemacht. Derzeit wird in den verschiedenen Gremien über einen Konsultationsmechanismus diskutiert. Dabei geht es um die Verteilung des teilweise vorhandenen und teilweise nicht vorhandenen Steuerkuchens. Aber niemandem ist dabei eingefallen, zu diskutieren, wie die Kosten auch innerhalb der Wirtschaft aufgeteilt werden sollen. Es wird nur darüber geredet, wie die zukünftigen Kosten von Gesetzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt werden sollen. Offenbar glauben unsere Experten, daß, wenn die Wirtschaft nicht mehr so gut funktioniert, die Steuergelder eben vom lieben Gott kommen.

In der Öffentlichkeit sprechen wir ständig von Deregulierungen. In Wirklichkeit machen wir hier in diesem Hause, hier im Parlament genau das Gegenteil. Anstatt zu deregulieren, wird bei uns reguliert, reguliert und immer wieder reguliert. Wir beschließen ständig neue Gesetze.

Ich – aber vielleicht kann mich jemand, der der deutschen Sprache besser kundig ist, korrigieren – verstehe unter Deregulierung die Abschaffung und Vereinfachung von Regulierungen. Offenbar liege ich damit falsch, denn all jene, die ständig von Deregulierung sprechen, sitzen auch hier im Hause und beschließen die neuen Gesetze und neuen Regulierungen mit.


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