Bundesrat Stenographisches Protokoll 618. Sitzung / Seite 86

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wicklung der Wirtschaft legt. Die österreichischen Programme der Entwicklungsförderung in den Ländern der dritten Welt sollen zweifelsohne den Grundsätzen eines qualifizierten und nachhaltigen Wachstum entsprechen.

Genau dazu bekennt sich – wie bereits bekannt – die Sozialdemokratie, aber auch die österreichische Gewerkschaftsbewegung. Wir halten unter allen Umständen eine sozial verträgliche Gestaltung von allenfalls notwendigen Strukturanpassungsmaßnahmen für unabdingbar, gleichgültig, ob in den Entwicklungs- oder in den Industrieländern.

Viel stärker als bisher sollten jedoch bei der Entwicklungszusammenarbeit die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer in den Partnerländern, also die Gewerkschaften, von den Regierungen in die österreichischen Kooperationsprogramme miteinbezogen werden. Erste Ansätze in diese Richtung sind zu erkennen und daher auch begrüßenswert.

Ich begrüße grundsätzlich die Absicht, die österreichische Entwicklungzusammenarbeit durch verstärkte Prioritätensetzung und Auswahl von Schwerpunktländern in der Zukunft effektiver zu machen. Diese Schwerpunktpolitik muß jedoch flexibel gehandhabt werden, und bei dem einen oder anderen wäre eine stärkere Abstimmung mit den Zielsetzungen der Außenpolitik sicherlich möglich und wünschenswert.

Bedauerlich ist, daß der hierzulande viel zu wenig zur Kenntnis genommene Übergangsprozeß Südafrikas zur Demokratie und zu einer antirassistischen Gesellschaft in der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit noch kaum einen nennenswerten Niederschlag gefunden hat.

Ich plädiere in diesem Zusammenhang für ein mehrjähriges, gut dotiertes Sonderprogramm für Südafrika, das sich vorrangig mit der Armutsbekämpfung und der Bewältigung der schrecklichen sozialen Folgen der Apartheid widmet.

Auch stellt sich die Frage, ob wir nicht Asien stärker in den Blickpunkt der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit rücken sollten. Projekte zur Eindämmung der Kinderarbeit und zur Verwirklichung von Menschen- und Gewerkschaftsrechten wären gerade im Hinblick auf die Globalisierung der Wirtschaft notwendig und auch vorstellbar.

Neben unserem Einsatz in den verschiedenen Schwerpunktländern ist aber auch der Einsatz für die Errichtung einer neuen, auf sozialer Grundlage stehenden Weltwirtschaftsordnung ganz besonders wichtig. Nach den für die Entwicklungspolitik – nach Meinung und Aussage der Weltbank – verlorenen achtziger Jahren können wir dabei vielfach an die Errungenschaften des Nord-Süd-Dialogs der siebziger Jahre anknüpfen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nenne dazu einige Beispiele: Ein Schuldennachlaß Österreichs für die ärmsten Länder der Welt, zum Beispiel für Mosambik, wurde angekündigt. Wir sollten daher nun daran gehen, diesen auch raschest umzusetzen.

Ein weiteres Beispiel: Ein Verhaltenskodex für multinationale Konzerne beinhaltet, daß Auslandsinvestitionen auch an soziale und ökologische Mindeststandards gebunden sein sollen. Auf diesem Gebiet könnten wir Österreicher sicherlich eine Vorreiterrolle in internationalen Gremien einnehmen, etwa innerhalb der WTO beziehungsweise der UNIDO.

Auch wenn dies den internationalen Finanzinstituten in Washington nicht besonders paßt, müssen Strukturanpassungsmaßnahmen durch eine wirkungsvolle, soziale Dimension unbedingt und sehr rasch ergänzt werden.

Meine Damen und Herren! Wir können es nicht zulassen, daß es unter dem Druck der wirtschaftlichen und sozialen Krise in vielen Teilen der Welt zu verschärfter Kinderarbeit oder auch zu einer verschärften Ausbeutung von Frauen kommt. Es müssen sinnvolle sozialpolitische Strategien gefunden werden, die notwendige, wirtschaftliche Reformen mit den Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verbinden.


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