Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 53

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Jahrhundert war das Züchtigungsrecht des Ehemannes gesetzlich festgeschrieben. Heute ist Gewalt gegen Frauen zwar verboten, trotzdem wird sie noch immer eher als Kavaliersdelikt denn als kriminelles Vergehen betrachtet. In keinem anderen Bereich wird dem Opfer eines Verbrechens so häufig die Schuld an der Tat aufgebürdet. Frauen, die Gewalt erleben, wird sehr häufig in der öffentlichen Meinung eine Mitbeteiligung zugeschrieben. Gewalttätige Männer tendieren dazu, Verantwortung für ihre Taten nicht zu übernehmen, und es gelingt ihnen leicht, sich der Strafverfolgung zu entziehen.

Fundierte wissenschaftliche Untersuchungen aus dem Jahr 1990 belegen, daß nur ein Prozent der Polizeiinterventionen bei Gewalt in der Familie mit einer Verurteilung endet. Nur 25 Prozent der angezeigten Körperverletzungsdelikte in der Familie führten zu einer gerichtlichen Verurteilung. Hoffnung auf Veränderung, finanzielle Abhängigkeit und Angst vor der Eskalation der Gewalt sind die wichtigsten Faktoren, die Frauen an einer Trennung hindern. Da traditionell noch immer der Frau die Verantwortung für das Funktionieren von Ehe und Partnerschaft zugeschrieben wird, fühlen sich viele Frauen schuldig für ein Nichtfunktionieren. Da Gewalt gegen Frauen öffentlich zuwenig thematisiert und noch immer nicht als gesellschaftliches Problem wahrgenommen wird, sind viele Frauen auch der Überzeugung, daß das Verhalten ihres Mannes ihr individuelles Problem ist.

Ein weiteres wichtiges Motiv für das Aufrechterhalten einer Mißhandlungsbeziehung ist die Angst vor einer Eskalation der Gewalt. Nicht wenige Frauen werden von ihrem Mann mit dem Tod bedroht, sollten sie sich trennen. Wie ernst diese Drohung zu nehmen ist, können wir aus den Medien erfahren. Oft werden Frauen gerade dann getötet oder schwer verletzt, wenn sie Schritte zur Trennung unternommen haben.

Langfristig ist Gewalt gegen Frauen nur durch eine Verbesserung des Status der Frau in der Gesellschaft zu verändern. Kurzfristig muß betroffenen Frauen und Kindern rasche Hilfe, Schutz vor Gewalt und praktische Unterstützung zum Beispiel durch die Einrichtung weiterer Frauenhäuser geboten werden.

Die von meinen Vorrednern erwähnten konkreten Bestimmungen der vorliegenden Gesetzesnovelle werden in Zukunft mit dazu beitragen, den vielen Opfern von Gewalt in der Familie Hoffnung und Schutz zu bieten. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

12.08

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist geschlossen.

Wird von der Berichterstattung ein Schlußwort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall.

Wir kommen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Bundesrätinnen und Bundesräte, die dem Antrag zustimmen, gegen den vorliegenden Beschluß des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, um ein Handzeichen. – Ich danke. Das ist mit Stimmeneinhelligkeit so angenommen.

Der Antrag, keinen Einspruch zu erheben, ist somit angenommen.

7. Punkt

Beschluß des Nationalrates vom 27. November 1996 betreffend ein Bundesgesetz über die Einbringung der Österreichischen Postsparkasse in eine Aktiengesellschaft, die Änderung des Postsparkassengesetzes 1969, des Bankwesengesetzes und die Errichtung des Staatsschuldenausschusses sowie die Änderung des Poststrukturgesetzes (321/A und 474/NR sowie 5312/BR der Beilagen)


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