Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 57

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Ich meine, daß man sich hier sehr wohl zu wenig Gedanken macht, wie wir in Österreich zu einer vernünftigen Lösung für die Zukunft im Interesse unserer Sparer kommen könnten, die eigentlich das Vertrauen in diese österreichische Bundesregierung schon verloren haben.

Der ursprüngliche Sinn der Finanzgesetze war im Prinzip richtig: Man strebte die Harmonisierung mit den EU-Bestimmungen an. Das Ergebnis bringt in einigen Punkten jedoch leider das Gegenteil. – Unsere ganz konkrete Kritik richtet sich erstens gegen die nicht EU-konformen Kapitalerfordernisse für die Vermögensberater – in Deutschland heißen sie Finanzdienstleister. Mit diesen Bestimmungen wird dem überwiegenden Teil der derzeitigen Gewerbeinhaber die Berufsausbildung in Österreich unmöglich gemacht. Selbst rein beratend tätige Vermögensberater können ihren Beruf in Zukunft nur mehr in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ausüben, unter ganz bestimmten Kapitalmindesterfordernissen, die man ohne weiteres zur Kenntnis nehmen könnte, 650 000 beziehungsweise 1,7 Millionen, wenn man direkt in die Beratung einsteigt und Fonds verwaltet. Auch dazu haben wir Freiheitlichen eine andere Meinung. Wir haben gesagt: Wir könnten uns sehr gut vorstellen, diesbezüglich eine Haftpflichtversicherung anzubieten respektive verbindlich vorzuschreiben, um dieser Regelung zu entgehen.

Der zweite Punkt unserer Hauptkritik – ich habe es schon ausgeführt – ist die Tatsache, daß durch Z. 4 und 5 des § 2 Abs. 1 still und heimlich das Bankgeheimnis aufgehoben wird. Man hätte in diesem Punkt eventuell eine richterliche Anordnung mit einbauen können.

Der dritte Punkt betrifft die Frage der Bestrafung im Falle telefonischen Anbietens von Anlageprodukten, was, wenn man nicht bereits eine Geschäftsverbindung zu einem Kunden hat, mit bis zu 300 000 S Strafe bedroht ist. – Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an die Gigantenhochzeit im Bankengeschäft, die möglicherweise bevorsteht. Wenn es dazu kommt, ist das ein unheimlicher Wettbewerbsvorteil für eine Bank. Man kann nämlich immer dann telefonisch Bankdienstleistungen auch im Veranlagungsweg anbieten, wenn bereits eine Grundgeschäftsbeziehung besteht. Wenn jeder zweite Österreicher zur Bank Austria oder CA in irgendeiner Form Geschäftsverbindungen oder dort bereits ein Konto hat, ist jeder Telefonverkauf möglich. Ich glaube, daß das eine starke Verzerrung der Gleichbehandlung mit sich bringt.

Ein paar Worte noch zum Staatsschuldenausschuß: Ich habe schon mehrfach im Finanzausschuß die Arbeit oder das Ergebnis dieses Staatsschuldenausschusses kritisiert. Ich habe auch hier im offenen Haus vor nicht allzulanger Zeit erklärt, daß wir davon ausgehen, daß die Durchschnittsverzinsung aller Ausleihungen der Republik Österreich bei verschiedenen Banken mit zur Zeit 6,4 Prozent weit über den üblichen durchschnittlichen Marktkonditionen liegt. – Der Herr Finanzminister hat uns lediglich ausrichten lassen, daß die Arbeit dieses Verwaltungsrates der Postsparkasse erstklassig ist, es gebe lauter langfristige Verträge, in die man nicht eingreifen kann. – Hier könnte man von Ländern und Gemeinden einiges lernen, die auf diesem Gebiet wesentlich kreativer sind.

Dieser geplante Staatsschuldenausschuß ist eigentlich überhaupt nichts anderes, meine Damen und Herren, als die Fortschreibung des Verwaltungsrates der Postsparkasse. Ohne jede wirkliche Kompetenz darf dieser Ausschuß zwar analysieren und berichten, kann aber nicht gestalten. Auf der anderen Seite ist er aber das Überwachungsorgan für die Bundesfinanzierungsagentur, von der immerhin jährlich 300 Milliarden Kredit- und Darlehensaufnahmen zu verantworten sind.

Kritik haben Sie von uns sicherlich zu der Frage erwartet: Wer beschickt dieses Gremium? Die Damen und Herren, die sich damit noch nicht beschäftigt haben, werden sich sicher nicht wundern: Auch dieses Gremium beschicken selbstverständlich die Sozialpartner. Die Landwirtschaftskammer fünf Damen oder Herren, die Wirtschaftskammer fünf Damen oder Herren, die Arbeiterkammer fünf Damen oder Herren, die Bundesregierung hat sich vornehm zurückgehalten, sie möchte nur drei Damen oder Herren entsenden. In Anbetracht dessen ist wirklich die Frage zu stellen: Was hat die Gestionierung der Staatsschulden mit den Sozialpartnern zu tun?


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