Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 77

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denen wir die Überforderung der Schüler beklagen, in denen wir von Entrümpelung der Lehrpläne und von zu langen Studiendauern reden, unpopulär. Es ist völlig klar, daß es in dieser Situation sehr schwierig ist, noch Neues, noch Zusätzliches zu fordern.

Verstehen Sie mich auch nicht falsch: Es geht mir nicht darum, daß die Schüler zu künftigen Jusstudenten herangebildet werden sollen. Davon haben wir mehr als genug. Ganz im Gegenteil: Es geht mir gerade um jene Schulabgänger, die in weiterer Folge in ihrem Leben mit der Juristerei kaum mehr etwas zu tun haben werden. Aber ist es nicht so, daß einfach jeder Bürger, jeder Schulabgänger wissen müßte, was eine Bürgschaft ist, und was sie bedeutet? – Das müßte doch jeder Bürger wissen, ohne zuvor zum Rechtsanwalt gehen zu müssen!

Stärken wir also den Bürger in seinem Rechtsbewußtsein so, daß er wieder zum mündigen Bürger wird, und wir auch die Vertragsfreiheit und Vertragstreue wieder ernster nehmen können! – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.55

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Dr. Michalek. – Bitte, Herr Bundesminister.

13.55

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zur Beschlußfassung vorliegende Konsumentenschutzgesetz-Novelle mußte im Rechtsausschuß leider ohne Vertreter meines Hauses diskutiert werden, weil uns eine bedauerliche Panne passiert ist. Die zuständigen Beamten wurden zu spät über den Termin verständigt, was insbesondere jenem Herrn Sektionschef, der diese Materie zu betreuen hat, besonders leid tat, da es sein letztes Auftreten auf parlamentarischem Boden gewesen wäre, nach fast 30 Jahren Tätigkeit in den Materien, die heute auf der Tagesordnung stehen. Ich bitte Sie herzlich, uns das nachzusehen. Die Ursache waren keine vorweggenommenen Abschiedsfeiern, sondern ein allgemeiner Zeitdruck, unter dem wir zuletzt gestanden sind.

Diese Novelle soll durch Verbesserungen in einigen wesentlichen Bereichen, in denen derzeit ein Schutzdefizit besteht, das an sich stabile Gerüst verbraucherschutzrechtlicher Bestimmungen weiter komplettieren, ohne jedoch die legitimen Interessen der Wirtschaftstreibenden zu beeinträchtigen. Damit wird die Funktion des Konsumentenschutzes, der ja in keinem Gegensatz zu einer freien Marktwirtschaft und zu einem liberalen unternehmerischen Handeln steht, sondern vielmehr durch die Sicherung eines fairen Ausgleiches wirtschaftlicher Interessen eine unverzichtbare, flankierende Bedingung für das Funktionieren eines marktwirtschaftlichen Systems darstellt, gestärkt.

Dabei geht es insbesondere darum, wie schon Herr Bundesrat Dr. Böhm gesagt hat, in Zeiten zunehmender Deregulierung auf der Angebotsseite die Stellung des Konsumenten als mündiger Bürger zu stärken. Diese Position kann er aber nur dann erreichen, wenn er als Nachfragender von der Rechtsordnung gestärkt und mächtiger gemacht wird, aber ein Ausgleich zwischen den Machtverhältnissen auf der Angebots- und der Nachfrageseite gegeben ist.

Es geht also zunächst einmal darum, dem Konsumenten die nötige Information zukommen zu lassen, also eine weitestmögliche Transparenz des Marktes zu gewährleisten, auf der anderen Seite ihn aber insoweit gesetzlich zu stärken, daß er, frei von Überrumpelungen, psychischem Druck oder sozusagen unzulässiger Verführung, über seine Transaktionen und deren Gestaltung entscheiden kann.

Um Informationsdefizite und Wissensmankos des Konsumenten auszugleichen, werden einige Mechanismen im Konsumentenschutz bemüht, insbesondere zunehmende Rücktrittsrechte für den Konsumenten bei Vorliegen von bestimmten Voraussetzungen.

Meine Damen und Herren! Ein fairer gesetzlicher Interessenausgleich stärkt auch die dem Konsumenten gegenüber seriös auftretenden Unternehmen im Wettbewerb. Das gilt für eine Reihe von Maßnahmen, die in diesem Gesetz angesprochen sind, seien es die Freizeichnungsklauseln bei den Personenschäden, seien es die überhöhten Verzugszinsen, gegen die nun ein Riegel


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