Bundesrat Stenographisches Protokoll 621. Sitzung / Seite 81

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Zeiten finanziell abzusichern, und allen, die daran mitwirken, gilt mein herzlicher Dank. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

19.05

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Engelbert Schaufler. Ich erteile es ihm.

19.05

Bundesrat Engelbert Schaufler (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Minister! Verehrte Damen! Geschätzte Herren! Ich freue mich, daß über diesen Bericht heuer etwas früher als in den vorangegangenen Jahren diskutiert werden kann. Vielleicht gelingt es in Zukunft, diesen Bericht noch aktueller auf die Tagesordnung des Bundesrates zu setzen. Das soll aber schlußendlich nicht zu Lasten der Qualität und der Quantität gehen; denn meinem Gefühl nach –das auch hat eine Vorrednerin schon zum Ausdruck gebracht – ist der heurige Bericht doch etwas weniger informativ und dadurch etwas weniger interessant als die vorangegangenen. Positiv möchte ich jedoch vorweg anmerken, daß zum Teil auch Entwicklungen während der ersten Jahreshälfte 1996 im vorliegenden Bericht enthalten sind.

Sozialpolitik ist die Summe aller Maßnahmen, die es den Menschen ermöglicht, ihr Leben leichter zu bewältigen, und über die Summen all dieser Maßnahmen soll der vorliegende Bericht Aussagen treffen. Ich habe mir auch schon in den vorangegangenen Jahren die Berichte immer angesehen, weil ich dazu gerne spreche, und daher kann ich ebenso wie Kenner feststellen: Die Gesamtentwicklung führt der Tendenz nach, trotz mancher positiver Lösungen – ich meine vor allem die Vorsorge durch das Pflegegeldgesetz –, nicht zu einem engeren sozialen Netz. Es ist einerseits bedauerlich, daß durch verschiedene Maßnahmen im Bereich des ASVG Verschlechterungen von den Versicherten hingenommen werden mußten. Auf einige dieser Punkte, die meines Erachtens unzureichend gelöst wurden, komme ich später noch zu sprechen. Andererseits waren und sind Veränderungen notwendig, um das soziale Netz insgesamt nicht zu überlasten, damit es nicht reißt, sondern das System finanzierbar bleibt.

Mir persönlich – das haben auch andere Redner schon ausgeführt – bereitet die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt am meisten Sorge, und es ist dies sicher die mit Abstand wichtigste politische Frage unserer Gesellschaft in diesem Jahr und in den kommenden Jahren. Seit Jahren sind wir nicht in der Lage, die Tendenz der ständig steigenden Arbeitslosigkeit zu stoppen, obwohl es eigentlich vornehmstes Ziel der Politik sein muß, es allen Menschen, die arbeitsfähig und arbeitswillig sind, zu ermöglichen, eine entsprechende Arbeit zu finden und auszuüben.

Österreich befindet sich derzeit im internationalen Vergleich in einer relativ günstigen Position. Die Arbeitslosenrate beträgt bei uns zurzeit 4,1 Prozent im Vergleich zu 11,1 Prozent im Durchschnitt der Europäischen Union. Nach der herkömmlichen österreichischen Berechnungsweise liegt der Wert allerdings bei 7,5 Prozent, und das bedeutet, daß jeder dreizehnte unselbständig Beschäftigte Probleme hat, dauerhaft beschäftigt zu sein. Dazu kommt, daß in absoluten Zahlen die Anzahl der unselbständig Beschäftigten seit 1995 nicht mehr gestiegen ist, sondern, im Gegenteil, im letzten Jahr um über 20 000 auf 3 047 000 gefallen ist, während sich gleichzeitig die Zahl der Arbeitslosen um 15 000 auf 230 000 Personen erhöht hat. Diese waren im Durchschnitt 242 Tage, das heißt, mehr als sieben Monate, vorgemerkt. Alle Experten gehen davon aus, daß auch von einem zukünftigen kräftigeren Wirtschaftswachstum – sofern es 3 Prozent nicht übersteigt – kein besonderer Beschäftigungseffekt ausgehen wird.

Von dieser Situation sind am stärksten ältere Arbeitnehmer, Frauen und Jugendliche betroffen. Für mich stellt insbesondere die Frage der Jugendarbeitslosigkeit das mit Abstand größte gesellschaftspolitische Problem dar. Ich sehe es als Grundverpflichtung unserer Gesellschaft an, jedem Schulabgänger und Lehrling nach erfolgter Ausbildung die Chance auf den Eintritt in das Berufsleben und damit auch die Chance auf die eigenständige Bewältigung des Lebens zu geben.

Einige Fakten dazu: Jährlich treten zirka 100 000 Schulabgänger starker Jahrgänge in das Berufsleben ein, und viele haben Probleme, einen Job zu finden. Im Dezember 1996 waren in der Altersgruppe der Fünfzehn- bis Vierundzwanzigjährigen über 42 000 als arbeitslos gemeldet,


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