Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 34

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Die vorliegenden Regulierungen sind daher grundsätzlich löblich und begrüßenswert, das zeigt auch das einstimmige Verhalten dieses Hohen Hauses. Sie sind allerdings auch mit entsprechender Substanz zu füllen. Wie wichtig gerade im Straßenbau und in seinen manchmal fatalen Auswirkungen auf die Lebensqualität der betroffenen Anrainer die Mitwirkung der Bürger ist und wie schwer es oft engagierte Menschen haben, ihre berechtigten Sorgen, Nöte und Wünsche an kompetenter Stelle auch wirksam vertreten zu können, mag folgendes Beispiel aus dem oberösterreichischen Raum aufzeigen:

Im Stadtteil Linz führt die A 7, die sogenannte Mühlkreis Autobahn, von der West Autobahn kommend direkt quer durch die Stadt. Ihre Trassenführung zerpflückt im Süden von Linz die drei großen Stadtteile Bindermichl, Spallerhof und die Muldensiedlung. Rund 25 000 Menschen – Sie haben sich nicht verhört – sind von Lärm und Abgasen direkt betroffen. Damit die Relation auch wirklich sichtbar wird, sei noch hinzugefügt, daß dieses Autobahnteilstück mitten durch die Stadt führt und stündlich von 80 000 Fahrzeugen frequentiert wird. Die A 7 in Linz am Bindermichl ist damit nach der Wiener Südosttangente das am zweitstärksten mit Lärm und Abgasen belastete Stadtautobahnteilstück Österreichs, viel stärker belastet als beispielsweise die bekannte Inntal Autobahn, der Brenner oder irgendeine andere Autobahn Österreichs.

Dazu kommt noch, daß dort die Häuserfronten der Wohnbauten rund fünf Meter – fünf Meter! – neben der Autobahn stehen. Daß dort niemand mehr ein Fenster öffnen kann, ohne daß ihn Smog und Lärm in ungeheuren und unerträglichem Ausmaß belästigen und man des öfteren im Wohnzimmer das eigene Wort nicht mehr versteht, wird unter den gegebenen Umständen wohl jedem verständlich erscheinen. Jeder, der schon einmal von der Autobahn kommend nach Linz in Richtung Zentrum fuhr, kennt die dortige Situation sicherlich, kennt die Häuserfronten entlang der sogenannten Lärmschutzwände. (Ruf: Waren die Häuser schon, als gebaut wurde, oder wurden sie später gebaut?) – Sie waren schon, als gebaut wurde – das möchte ich auch hier noch einmal klarstellen –, sowie die gesamten Stadtteile auch schon dort waren, als man damals die A 7 mit Brachialgewalt baute. (Bundesrat Dr. Bösch: Wer hat denn das gebaut, Herr Kollege? Welche Bundesregierung war denn das?) – Das war noch in den sechziger Jahren. Heute wäre eine solche Vorgangsweise möglicherweise undenkbar, diese Sünde wurde in einer Zeit geschrieben, in der noch die Philosophie der autogerechten Stadt vorherrschte – auch in Ihrer Partei, Herr Kollege – und damit alle Gedanken an Lebensqualität hintanhielt und von der menschengerechten Stadt noch keine Rede war.

Daß da eklatanter Handlungsbedarf gegeben ist, liegt auf der Hand. Es ist also kein Wunder, daß man sich auf städtischer und auch auf Landesebene bemüht, Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Diese Aktivitäten vermisse ich bis zum heutigen Zeitpunkt auf Bundesebene allerdings sehr.

Natürlich hat sich in dieser Situation auch eine Bürgerinitiative aus betroffenen Bewohnern dieses schwer belasteten Linzer Stadtteiles gebildet und wird von der Stadt Linz und dem Land Oberösterreich auch in die Entscheidungsfindung miteingebaut.

Eine von Stadt und Land Oberösterreich finanzierte Projektstudie hat ergeben, daß dieses Problem nur durch eine Tunnelvariante gelöst werden kann. Der Tunnel kostet natürlich viel Geld, das wissen wir alle. Die Stadt Linz hat im Gemeinderat einen Beschluß gefaßt, finanzielle Mittel zur Realisierung dieses Projektes zur Verfügung zu stellen. Sie kann natürlich nicht das gesamte Projekt alleine bezahlen. Ich weiß, daß man auch im Land Oberösterreich daran geht, über die Finanzierung ernsthaft nachzudenken. Es wird aber ohne den Bund dabei nicht gehen. Eigentlich sollte man dies dort auch wissen. Dieses Bewußtsein scheint aber bisher noch nicht eingekehrt zu sein.

Es ist mir daher umso unverständlicher, wie man Vertreter der Bürgerinitiative – ich muß dies leider hier sagen – im Büro des Herrn Ministers Farnleitner behandelt hat. Abgesehen davon, daß sie trotz Termin zum Herrn Minister nicht vordringen konnten oder durften, wurden sie von ministeriellen Mitarbeitern in einer Art – ich muß es so sagen – ohg’schasselt, wie es mit der heute zu beschließenden Intention, Verwaltungsvereinfachung zu initiieren und damit verstärkt Bürgerinitiativenfreundlichkeit zu entwickeln, in keinerlei Einklang steht.


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