Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 42

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Neben dem Beruf, unter Umständen schon nach Gründung einer Familie, zu lernen, zu studieren, bedarf großen Fleißes, eines starken Willens und des Verzichts auf Freizeit. Viele stehen diese Belastungen ja auch nicht durch und hören wieder auf. Ich habe daher großen Respekt vor jenen, die diese Schulen – vielleicht im Anschluß daran sogar noch ein Hochschulstudium – neben ihrer Berufstätigkeit absolvieren und schaffen.

Bisher waren Schulen für Berufstätige meist nur Abendgymnasien mit einer Ordnung, die von den entsprechenden Formen der AHS, BHS – oder welcher Schultyp oder welche Fachrichtung es immer war – abgeleitet und den Notwendigkeiten für Berufstätige hinsichtlich Schulzeit, Stundenplan, Gegenständen und so weiter angepaßt wurde. Diese Anpassung wurde mit Verordnungen, also eher verwaltungstechnisch, geregelt.

Nunmehr gibt es dafür ein eigenes Gesetz, das sich als SchUG-B an das SchUG anpaßt, also kein wesentlich neues oder anderes Schulunterrichtsgesetz ist. Sehr wichtig erscheint mir aber der dezidierte Hinweis im § 18, daß es sich überwiegend um Erwachsene handelt, die diese Schulen besuchen, also daß – ich zitiere – "a) der Unterricht erwachsenengerecht und b) der Berufstätigkeit der Studierenden entsprechend zu gestalten ist". – Das heißt, der Unterricht muß anders gestaltet sein. Für diese Studierenden ist der Lehrstoff anders aufzubereiten als dies zum gleichen Thema etwa in der 6. Klasse, also für einen etwa 16jährigen, erforderlich ist.

Neben den Sprachen, neben Mathematik und so weiter wird ein berufstätiger Studierender auf die Berufspraxis bezogene technische Fächer ganz anders aufnehmen und hiezu eingestellt sein. Er geht ja freiwillig in diese Schule und will etwas Bestimmtes erreichen!

Nehmen wir etwa Wirtschaftsgeographie oder Geschichte als Beispiele eines völlig anderen approaches durch Erwachsene: Der Lehrer oder die Lehrerin wird bei erwachsenen Schülern ganz andere didaktische, methodische und pädagogische Mittel einzusetzen haben als etwa in der AHS oder BHS. Er oder sie – der Lehrer, die Lehrerin – muß dies wissen, muß das können, also darauf vorbereitet und dafür ausgebildet sein.

Hierauf zu achten ist Sache der Schul- und Schulaufsichtsbehörden – wie es überhaupt auch Aufgabe der Schulaufsicht ist, in allen Schultypen die Lehrer und Lehrerinnen dahin gehend zu überprüfen, ob sie vielleicht durch Mobbing oder sadistische Verhaltensweisen Menschen – Schüler, Studierende – verletzen und diesen Schaden zufügen, nur weil die Schüler ihnen ausgeliefert sind. Meine Damen und Herren! Wenn bisher mehr zur Verhinderung jener Fälle von Lehrerfehlverhalten, die bisher bekannt geworden sind, getan worden wäre, würde heute die überwiegende Zahl der überaus korrekten Lehrer und Lehrerinnen aller Schulformen nicht wegen einer geringen Zahl von schwarzen Schafen in den Verdacht des Mißbrauchs ihrer Stellung hineingezogen werden! Die Benotung von Lehrern und Lehrerinnen durch Schüler und Eltern ist jedenfalls sicher keine Lösung des Problems.

Zurück zum Thema – ohne auf die Einzelheiten des Gesetzes einzugehen –: Was ist dieses Gesetz nicht ? – Es ist kein Gesetz für die gesamte Erwachsenenbildung. Eine Diskussion über dieses Thema müßten wir gesondert führen, und sie sollte meiner Ansicht nach auch geführt werden. Verwechseln wir dieses Gesetz aber nicht mit einer Verstärkung der Möglichkeiten der Erwachsenenbildung insgesamt.

Was kann dieses Gesetz nicht ? – Es kann die unterschiedliche Zugänglichkeit für Berufstätige in Ballungszentren – also etwa in Wien oder in anderen größeren Städten, wo dieses Angebot besteht – einerseits und in dünner besiedelten Gebieten – also etwa auf dem Land – andererseits nicht verbessern.

In Wien, Graz und Linz gibt es entsprechende Möglichkeiten für Berufstätige, aber wer etwas weiter von diesen Zentren entfernt wohnt, schafft es nicht, neben seiner Arbeitszeit, neben der Zeit der Ausbildung, also der Schule als solche, auch noch längere An- und Rückreisezeiten – und das jeden Tag – in Kauf zu nehmen.

Ich weiß dafür auch keine Lösung, die nicht auch Geld kostet. Das ist eine Frage der Finanzierung. Man sollte aber, wenn man der Ausbildung für Berufstätige das Wort redet – und


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