Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 45

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für Berufstätige um Ausbildungsstätten für Erwachsene geht, war es zweckmäßig, Methoden der Erwachsenenbildung, wie zum Beispiel Fernunterricht, in das Konzept miteinzubeziehen. Mein Vorredner hat bereits darauf hingewiesen.

Erwachsene sind hinsichtlich der Lehr- und Lernformen, aber auch der Prüfungssituationen und der Prüfungsmethoden anders zu behandeln, als dies der Schulunterricht vorsieht, und zwar nicht nur aufgrund ihres höheren Lebensalters, sondern weil auch der Zugang zur Bildung ein ganz anderer ist. Aus diesem Grund ist die Übernahme von in der Erwachsenenbildung erprobten Methoden des Lernens zweifellos ein Fortschritt für das gesamte Schul- und Bildungssystem.

Das Weißbuch der Europäischen Kommission mit dem Titel "Lehren und Lernen – auf dem Weg zur kognitiven Gesellschaft" weist unter den zahlreichen und komplexen Veränderungen unserer Gesellschaft auf drei große Umwälzungen hin: auf die Globalisierung des Wirtschaftsaustausches, die Herausbildung der Informationsgesellschaft und die Beschleunigung der wissenschaftlich-technischen Revolution.

Die Antwort, die wir auf diese großen Herausforderungen finden können, ist meines Erachtens die Aufwertung der Allgemeinbildung und die Entwicklung der Eignung zur Beschäftigung. In beiden großen Bereichen leistet das neue Gesetz Wesentliches, damit sich Betriebe auch weiterhin in Österreich niederlassen.

Schule und Unternehmen sollen einander angenähert werden. Es kann für beide Seiten von Nutzen sein, die Übergänge zwischen Schule und Unternehmen zu erweitern, und es kann auch die Chancengleichheit auf dem Arbeitsmarkt sowie die Gleichbehandlung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz verbessern.

Für die Schule geht es darum, das vermittelte Wissen an die Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Für die Unternehmen hingegen geht es darum, Arbeitnehmer zu finden, die fachlich qualifiziert sind und gleichzeitig über ein solides Allgemeinwissen sowie über die Fähigkeit zum selbständigen Handeln verfügen.

Deshalb muß sich die Wirtschaft auch ihrer großen Verantwortung im Bereich des dualen Ausbildungssystems bewußt sein. Es muß so wie bisher für junge Menschen, die Lehrberufe anstreben, auch die Möglichkeit bestehen, diese Lehrberufe in der Wirtschaft lernen zu können. Diesbezüglich sehe ich noch großen Handlungsbedarf, denn es gibt auf dem Arbeitsmarkt ein immer geringer werdendes Angebot an offenen Lehrstellen.

Daß bereits im Berufsleben stehende junge Erwachsene sich wieder einer Schulausbildung unterziehen, ist zweifellos eine gute Verbindung von Schule und Arbeitswelt. Ich sehe deshalb im Schulunterrichtsgesetz eine für Berufstätige notwendige Maßnahme, um den Vorgaben, die sich die EU im "Jahr des lebensbegleitenden Lernens" selbst gegeben hat, gerecht zu werden.

Natürlich gibt es nach wie vor viele offene Fragen im Bereich der Erwachsenenbildung; ich möchte hier nur einige ansprechen.

Eine dieser ungeklärten Fragen ist die Schaffung einer Berufsreifeprüfung, die den Zugang zur Universität, zu Fachhochschulen und Akademien öffnen kann und somit die Gefahr von Bildungssackgassen reduziert. Diesbezüglich gibt es bereits Verhandlungen und Gespräche, und ich hoffe, daß diese bald auch in unserem Haus erfolgreich abgeschlossen werden können.

Aber auch die gezielte Finanzierung der bestehenden und auszubauenden Angebote im zweiten Bildungsweg ist ein noch offener Punkt. Ich denke hier an die Lehrgänge für die Studienberechtigungsprüfung, aber auch für Abschlüsse im Bereich der Hauptschule. Ich halte es für einen großen Nachteil des österreichischen Bildungssystems, daß zwar der Zugang zur Universität ein freier ist – das ist gut und richtig so, und wir Sozialdemokraten bekennen uns dazu –, daß aber jene Personen, die einen Hauptschulabschluß nachholen wollen, dies nur gegen privaten Kostenersatz tun können. Das heißt, sie sind genötigt, in Volkshochschulen – dort


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