Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 85

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Wäre es nicht sinnvoller, den Ländern mehr Steuer- und Finanzhoheit zuzugestehen, welche dann von den Ländern je nach Wirtschaftsstruktur entsprechend genützt werden kann? – Auch diesbezüglich herrschen in Österreich unterschiedliche Verhältnisse: Es gibt Länder mit mehr und mit weniger Industrie, Landwirtschaft, Gewerbe, Fremdenverkehr oder Dienstleistung. Ich bin überzeugt davon, daß eine erweiterte Finanz- und Steuerkompetenz für die Länder sowohl die abgabenrechtliche Treffsicherheit erhöhen als auch die Effizienz des Einsatzes von Steuermitteln steigern würde, so nach dem alten Grundsatz: Wer mit eigenen Mitteln wirtschaftet, der wirtschaftet besser.

Nun zu Punkt c), zur Vertretungsbefugnis: Warum wird das Vertretungsgremium der Länder auf Bundesebene, nämlich der Bundesrat, seit seiner Existenz auf Sparflamme geführt und gehalten? – Ich meine – ich habe das schon sehr oft andiskutiert –, daß eine entsprechende Aufwertung höchst notwendig wäre. In diesem Zusammenhang haben wir schon des öfteren über das Vetorecht des Bundesrates diskutiert, bei dem ein entsprechender Konsultationsmechanismus zwischen Nationalrat und Bundesrat für jene Fälle notwendig wäre, in denen die beiden Gremien unterschiedliche Beschlüsse fassen. Aber ich habe da so meine Zweifel, weil es auch jetzt schon nur schwer möglich ist, in diesem Haus eine Mehrheit gegen unsinnige Gesetzesvorlagen zu finden.

Ich möchte es heute noch einmal sagen: Die Debatte über das Bezügegesetz im Sommer des letzten Jahres war wirklich mehr als beschämend. Der ÖVP-Fraktion möchte ich sagen: Es ist von ihr offenbar erkannt worden, daß dieses Bezügegesetz kein sehr sinnvolles Gesetz ist. Ich erinnere an die diesbezüglichen Zeitungsmeldungen und Äußerungen von Kollegen. Bundesrat Himmer hat gesagt, er wird bei der Abstimmung den Saal verlassen, weil er bei diesem Gesetz nicht mitstimmen kann. Kollege Tusek ist gleich auf Urlaub gefahren, damit er nicht mitstimmen mußte. Kollege Hummer hat gesagt, er knirscht mit den Zähnen, wenn er diesem Gesetz zustimmen muß. Letztendlich durften zwei Vorarlberger Mitglieder des Bundesrates dagegen stimmen. Ich sage Ihnen: Ihr damaliges Stimmverhalten war eine derartige Blamage für den Bundesrat, daß man sich bei der Lektüre der Zeitungen in den nächsten Tagen direkt schämen mußte. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Bieringer: Wenn wir beeinsprucht hätten, was wäre dann gewesen? – Dann wäre in den Zeitungen gestanden: Die Privilegienritter sind das!) Das kommt ja noch. (Bundesrat Bieringer: Wegen einer Zeitungsmeldung werden wir unser Stimmverhalten nie ändern! Merken Sie sich das!) Das war nicht nur eine Meldung. Es war traurig, was man da über den Bundesrat lesen konnte, und es wäre schön, wenn Sie hier des öfteren ein anderes Stimmverhalten an den Tag legen würden (Bundesrat Bieringer: Hahaha!) – auch im Interesse Ihrer Länder!

In der Frage der Aufwertung des Bundesrates – jetzt möchte ich da endlich fortsetzen – haben wir auch gemeint, daß die Landeshauptleute zusammen mit Länderfraktionen ihre Länder hier herinnen vertreten sollten. Es gibt ein Beispiel dafür: Der Vorarlberger Landeshauptmann Purtscher hat hier im Interesse seines Bundeslandes Ende 1994 gesprochen und argumentiert. Damals ist es genau um das Thema der Bundesstaatsreform gegangen. Purtscher hat damals gesagt: Wir werden so lange einem EU-Beschluß nicht zustimmen, solange die Bundesregierung ihre Versprechungen nicht einlöst.

Eine Aufwertung könnte der Bundesrat auch dadurch erfahren, daß er den Tagungsort des Bundesrates vom Tagungsort des Nationalrates abkoppelt. Es wäre doch möglich, die Tagungen des Bundesrates in jenem Bundesland durchzuführen, das gerade den Präsidenten stellt. Man könnte zum Beispiel im Haus des Oberösterreichischen Landtages Sitzungen abhalten, oder in Salzburg oder in Vorarlberg. Es gibt überall Möglichkeiten, denn dann hätten wir folgenden Effekt: daß der Bundesrat, das Gremium der Länder, in die Länder und zu den Bürgern hinausgeht. Wie viele Bürger sind denn heute da? – Bitte, schauen Sie sich die Zuschauerbänke an! Sehr wenige Zuschauer oder Zuhörer. Das ist in den meisten Fällen so. Würden wir in den Ländern tagen, so würde das entsprechend kundgemacht werden und es würde doch eine ansehnliche Zahl von Bürgern die Möglichkeit nützen, ihr Interesse an diesem Ländergremium durch Präsenz kundzutun. Diese Fragen sollten, meine Damen und Herren, unserer Meinung nach Vertreter der Legislative auf Bundes- und auf Landesebene angehen, anstatt Konsultationsmechanismen zu präferieren, die das bestehende Vertretungsgremium der Länder, nämlich


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