Bundesrat Stenographisches Protokoll 624. Sitzung / Seite 49

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Berichterstatter Dr. Milan Linzer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich bringe die Berichte des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus über die drei soeben genannten Gesetze, und zwar über eine Änderung des Regionalradiogesetzes, über das Kabel- und Satelliten-Rundfunkgesetz sowie das Bundesgesetz über eine Verordnung über die Errichtung und den Betrieb von Rundfunk- und Fernsehrundfunk-Empfangsanlagen.

Meine Damen und Herren! Die Originalberichtstexte liegen dem Hohen Hause vor.

Der Ausschuß für Verfassung und Föderalismus hat diese Themen am 8. April 1997 eingehend diskutiert und beraten und mit Stimmenmehrheit beschlossen, den Antrag zu stellen, gegen diese drei Gesetzesbeschlüsse keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Ich danke dem Berichterstatter.

Wir gehen in die Debatte ein, die über die zusammengezogenen Punkte unter einem abgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Riess-Passer. – Bitte.

11.30

Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Vor zirka fünf Jahren hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg in einem Erkenntnis festgestellt, daß das ORF-Monopol in Österreich menschenrechtswidrig ist, daß es dem Artikel 10 der Menschenrechtskonvention widerspricht und das Menschenrecht auf freie Meinungsäußerung verletzt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die österreichische Bundesregierung damals aufgefordert, binnen einer Frist von zwei Jahren diesen menschenrechtswidrigen Zustand zu beseitigen. Das ist bis heute nicht geschehen. Bis heute besteht das ORF-Monopol in Österreich weiter. Bis heute ist privates Fernsehen in Österreich von Gesetz her untersagt, und bis heute ist Österreich das einzige Land in Europa, in dem noch derart mittelalterliche Zustände herrschen.

Auch die Vorlagen, die wir heute hier behandeln, werden an diesen Zuständen im Grunde überhaupt nichts ändern. Die Regelung, die die Koalition zusammengestoppelt hat, ist eine Regelung für das ORF-Monopol und gegen das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung. Es ist eine Regelung für den parteipolitischen Proporz und gegen die privaten Unternehmer, und es ist eine Regelung für Werbemillionen für den ORF und gegen private Investitionen auf dem Mediensektor.

Diese Regelung zeigt darüber hinaus, daß die Koalition aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, der das Husch-Pfusch-Gesetz, das vor drei Jahren beschlossen worden ist, hierher zurückverwiesen hat, absolut nichts gelernt hat. Sie hat auch nichts gelernt aus der Stellungnahme des Rechnungshofes im Begutachtungsverfahren, der klar ausgeführt hat, daß man auch mit diesen Gesetzen nach wie vor in eklatantem Widerspruch zu den EU-Regelungen und der Menschenrechtskonvention steht. Es wird also zu weiteren Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und dem Europäischen Gerichtshof kommen, und Sie werden um die Blamage einer neuerlichen Verurteilung nicht herumkommen.

Das könnten Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, sich und den Österreichern ersparen, indem Sie die Bereitschaft zeigen, in dieser Form nicht zuzustimmen und für eine ordentliche Regelung zu sorgen – eine Regelung, die auch den massiven Bedenken der Bundesländer Rechnung trägt. Völlig zutreffend hat zum Beispiel der niederösterreichische Landeshauptmann Pröll festgestellt, daß die Konstellation der Vergabebehörde kritikwürdig ist und diese seiner Ansicht nach nicht geeignet ist, eine kontinuierliche Entwicklung des Privatrundfunks wie in allen anderen europäischen Ländern zu fördern. Die niederösterreichische Landesregierung hat überdies am vorliegenden Entwurf kritisiert, daß das Verbot von privatem


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