Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 35

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Ich habe sehr oft das Gefühl, daß gerade von den Zentralisten immer wieder eine bestimmte Angst in den Raum gestellt wird. Ich weiß – das ist mir völlig bewußt –, daß es in so manchen Situationen und bei manchen Gesetzen anders sein wird, daß wir aber die Zusammenarbeit mit den Ländern intensiver suchen und uns gemeinsam werden bemühen müssen, das eine oder andere Problem zu bewältigen.

Wie die Landeshauptfrau vorhin gesagt hat: Wer anschafft, soll auch mit zur Kasse gebeten werden. Es ist mir völlig bewußt, daß das eine oder das andere Gesetz nicht mehr so leicht durchzubringen sein wird. Und es muß uns in einer Zeit, in der die Mittel immer weniger werden, auch bewußt sein, daß wir vieles kritisch hinterfragen müssen. Ich denke etwa an die Wasserrechtsnovelle, da stießen die Interessen Vorarlbergs und Oberösterreichs aufeinander. Aber auf dem Verhandlungsweg wird das eine oder andere Problem sicherlich bewältigt werden können.

Das Land Steiermark hat bereits am 8. Juli 1996 einen Konsultationsmechanismus auf Landesebene abgeschlossen. Diese Vereinbarung, die von der Landeshauptfrau Waltraud Klasnic initiiert wurde, trägt die Unterschrift aller fünf im Landtag vertretenen Parteien, und diese Regelung wird im Landtag bereits angewendet. Nach der Landesverfassung besitzen darüber hinaus Gemeindebund und Städtebund ein Anhörungsrecht in den Landtagsausschüssen. Dem Vorbild des "Miteinanders", wie es in der Steiermark vorgeführt wird, sollte daher im gesamten Bundesgebiet gefolgt werden. Dazu ist aber Mut zur Veränderung, Mut zur Aufgeschlossenheit vonnöten, den ich mir eigentlich auch in dieser Stunde wünsche. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

10.54

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Liechtenstein. – Bitte.

10.54

Bundesrat Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Liebe, verehrte Frau Landeshauptfrau! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landeshauptfrau hat es schon angeschnitten: Die wesentliche Frage für in Wahrheit alle Bundesländer ist die Frage der Neuordnung des Finanzausgleiches. Die österreichische Finanzverfassung ist ja sehr zentralistisch. Die Steuergesetzgebung und damit die Steuerpolitik sind weitgehend beim Bund konzentriert. Ertragsanteile sind die wichtigste Finanzierungsquelle der Länder. Die Aufteilungsschlüssel der gemeinschaftlichen Bundesabgaben benachteiligen die Länder insgesamt. Die Aufteilungsprinzipien der Ertragsanteile im Finanzausgleich schaffen keinen Ausgleich zwischen wirtschaftlich schwächeren und stärkeren Bundesländern. Und durch den Ertragsanteilskopfquotenausgleich wird das West-Ost-Gefälle zwar verringert, aber nicht beseitigt.

Unser Ziel ist eine massive Neuordnung des Finanzausgleiches, was bereits von der Landeshauptfrau angeschnitten wurde. Die Steiermark ist besonders betroffen. Der Ertragsanteil ist von 15 Prozent in den Jahren 1985 und 1990 auf 14,6 Prozent im Jahr 1995 zurückgegangen und beträgt zurzeit jährlich etwa 12 Milliarden. Aufgrund der Volkszählung verlieren wir als einziges Bundesland pro Jahr etwa 350 Millionen Schilling. Das sind im Volkszählungszeitraum insgesamt 3,5 Milliarden.

Es ist an der Zeit, den Finanzausgleich neu zu ordnen und gerechter zu gestalten. Wir schlagen daher vor:

Erstens: 5 Prozent der Ertragsanteile, das sind etwa 4,5 Milliarden der insgesamt 88 Milliarden, sollen als Vorweganteil jenen Ländern zur Verfügung gestellt werden, deren Bruttoinlandsprodukt pro Kopf unter dem österreichischen Durchschnitt liegt; das ist bei Steiermark, Kärnten, Burgenland der Fall, Niederösterreich liegt an der Grenze. Das wäre für die Steiermark etwa 1 Milliarde mehr.

Eine solche Regelung gibt es in der Bundesrepublik Deutschland. Im Bonner Grundgesetz ist die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse verfassungsrechtlich festgeschrieben. Durch diese Bestimmung gibt es in Deutschland schon seit Jahrzehnten Ausgleichszahlungen zwischen reicheren und ärmeren Ländern.


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