Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 59

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Kriminalpolizeiliche Beratungsdienst, das Arbeitsamt und viele andere mit der Suchtproblematik auseinandersetzen und sich in ihrem Zuständigkeitsbereich engagieren.

Um auf das vorliegende Suchtmittelgesetz zurückzukommen, darf ich abschließend feststellen, daß meiner Ansicht nach für eine ehrliche und erfolgreiche Drogenpolitik folgende Faktoren maßgeblich sind:

Erster Faktor: Klarheit in der Drogenpolitik: Strategie und Repression gegenüber dem Drogenhandel und "Therapie statt Strafe" bei Drogenkonsum.

Ein weiterer Faktor: Ausbau des Therapieangebotes: Abbau der Wartezeiten bei Drogenentzug, Erweiterung der stationären Langzeittherapiemöglichkeiten, großzügiger Ausbau der ambulanten Drogeneinrichtungen, Schaffung neuer Drogenambulanzen und Drogenberatungsstellen, möglichst umfassende Einbeziehung Drogenabhängiger in Betreuungs- und Behandlungsverhältnisse.

Auch der Ausbau der Substitutionsbehandlung mit besonderem Schwerpunkt auf die Erweiterung der psychosozialen Begleitung ist notwendig.

Darüber hinaus sind gezielte Programme für spezielle Zielgruppen erforderlich – Zielgruppen, die Überdosispatienten, drogenabhängige Schwangere, jugendliche Risikokonsumenten, Langzeitarbeitslose, Problemfamilien, HIV-Infizierte und AIDS-Kranke umfassen.

Ebenso ist der Aufbau von gezielten Präventionsmaßnahmen erforderlich, nämlich die Erarbeitung eines pädagogischen Konzeptes, gezielte Angebote in sämtlichen Aus- und Weiterbildungseinrichtungen aller sozialen, pädagogischen und medizinischen Berufe und die Errichtung einer Informationsstelle für Suchtprävention.

Der vorliegende Entwurf des Suchtmittelgesetzes, der Abschluß des Staatsvertrages und die Beitritte zu den UN-Übereinkommen sind unbestritten. Dem Antrag des Berichterstatters zu diesen Vorlagen darf ich daher – auch namens meiner Fraktion – gerne zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.36

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster gelangt Herr Bundesminister Dr. Michalek zu Wort. Ich erteile es ihm.

12.37

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Jahren ist es in Österreich ein unbestrittener Grundsatz, daß das Drogenproblem nicht durch rein repressive Maßnahmen, nicht allein durch den Einsatz des Strafrechtes sinnvoll zu lösen ist. Es ist immer außer Frage gestanden, daß Sucht und Abhängigkeit primär medizinische Probleme sind, sodaß es über das Strafrecht hinausgehender, medizinisch-therapeutischer Ansätze bedarf. Die Justiz kann sich dieser Einsicht nicht verschließen und muß in ihrem Bereich kreative Lösungen entwickeln, um auf ein äußerst vielschichtiges und komplexes Problem adäquate Antworten zu finden.

So haben wir es mit dem geltenden Suchtgiftgesetz gehalten, und so soll es auch mit dem neuen Suchtmittelgesetz bleiben. Die grundlegende Überlegung des keineswegs neuen Konzeptes "Therapie statt Strafe" ist, daß dort, wo medizinisch-therapeutische Maßnahmen notwendig, sinnvoll, erfolgversprechend und adäquat sind, das Strafrecht zumindest vorläufig einen Schritt zurücktreten soll, um den Behandlungs- und Betreuungsstellen die Möglichkeit zu geben, dem Abhängigen zu helfen und diesen – wie ich es gerne nenne – "unter dem Damoklesschwert des Strafrechts" zur Inanspruchnahme des Hilfsangebotes zu motivieren.

Aber dort, wo schwerere Verbrechen – etwa organisierte Kriminalität oder professioneller Drogenhandel – begangen werden, soll sogleich mit der gebotenen Härte vorgegangen werden.


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