Bundesrat Stenographisches Protokoll 626. Sitzung / Seite 93

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

So kann man die Betrachtung nicht anstellen. Der Förderung der Klein- und Mittelbetriebe hat sich auch die EU mit dem eigenen Begriff der Klein- und Mittelbetriebsförderung angenommen. Aber was ist das wirklich? – Wir wissen, daß es einer Sterbehilfe gleichkommt, was den Klein- und Mittelbetrieben gegeben wird. Dabei weiß jeder: Gewinn ist sozial. Wo aber bleibt die soziale Komponente, wenn die Klein- und Mittelbetriebe wegsterben?

Zusperren ist asozial! Warum ist es asozial? – Weil der Arbeitnehmer auf der Straße steht, weil der Unternehmer auf der Straße steht; und der Kunde, der einkaufen will, steht auch auf der Straße. Ein unglückliches Triumvirat der Tränen haben wir da beieinander – und angesichts dessen ruft man unter Umständen ein "Freuen wir uns"?

Ich will Ihnen nicht unrecht tun, Herr Kollege Jaud! Ihre Rede und all das, was Ihre Kollegen sagten, war grundsätzlich richtig. Ich frage mich nur, warum Sie nicht gegen den Bericht stimmen. Das ist für uns die Frage.

Es ist dies ein Bericht wie viele andere Berichte auf Hochglanzpapier. Man beklagt, daß das Statistische Zentralamt nicht funktioniert – das haben wir vor drei Monaten beim Forstbericht auch schon getan. Es nützt nichts, beim Bundeskanzler geht es nicht weiter. Es hat auch keine große Priorität, weil wir wissen, daß wir über Internet die Statistik viel besser "auf Vordermann kriegen".

Was fehlt den Betrieben, woran leiden sie? – Sie leiden zumindest in Wien an den hohen Mietkosten. Vom Gesetz her erfolgte eine Freigabe, daß die Unternehmen jetzt zahlen müssen, bis sie – ich will nicht sagen: blau werden, das wäre ungerecht – schwarz sind. Dazu kommen die hohen Sozialversicherungskosten, die Steuern, die den Unternehmern Probleme bereiten, und selbstverständlich – den können wir nicht wegleugnen – der Konjunktureinbruch. Da ist die Kaufkraft nicht mehr vorhanden.

Vor kurzem war ich in einem Betrieb in der Wiedner Hauptstraße, der Besuch des Bezirksobmanns sollte dort ein wenig Schönwetter machen. Das ist nicht gut gelungen. Die Unternehmerin sank fast auf die Knie, als sie klagte: "Ich weiß nicht, wie ich morgen meine Steuervorauszahlung zahlen soll." Die Vorauszahlung wird auf der Basis der Einkünfte des letzten Jahres berechnet. Aber heuer ist der Umsatzeinbruch da, und die Unternehmerin weiß nicht, wie sie das Geld aufbringen soll.

Helfen Sie den Leuten, indem Sie Gesetze machen – Steuergesetze, Sozialversicherungsgesetze, Mietengesetze –, mit denen Klein- und Mittelbetriebe leben können. Die Großbetriebe können es sich kraft Mondialisierung richten, sie weichen aus. Aber wo geht der Greißler hin? – Er kann nicht nach Preßburg oder Ödenburg fahren, und der Kunde auch nicht. Der Großbetrieb geht über die Grenze und schert sich wenig um die österreichischen Gesetze; Hauptsache, er kann verkaufen. Ich verstehe ihn, ich habe Verständnis für den, der es sich richten kann.

Aber wir haben gehört, daß es sich 99,8 Prozent der Betriebe nicht richten können. Diese gehen ein, und das ist das Problem. Zum Glück gehen nicht alle ein, aber in dieser Zahl sind diejenigen enthalten, die eingehen werden, und daraus entsteht das soziale Problem, das Problem für die Arbeitnehmer, Kollege Drochter! Wir müssen etwas unternehmen, damit die Arbeitnehmer nicht auf der Strecke bleiben, damit die Floridsdorfer, die Wiedner und die Ottakringer Arbeit haben! Wir reden hier als Bundesräte für unser Bundesland, und da vermisse ich ein bißchen das nötige Gespür.

Es nützt nichts, wenn Kollege Klima am 1. Mai krank ist und sich vertreten läßt. Nein, hier muß der Aufschrei kommen: Wir sind für die Arbeitnehmer da, wir Freiheitliche! Das tun wir. Das zeigt sich auch an unserem Erfolg. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Prähauser: Jetzt muß man es nur noch glauben!)

Mein lieber Freund und Kollege Mautner Markhof glaubte, von dieser Stelle aus die EU und den Euro loben zu müssen. Gestern abend hielt der hochverehrte Herr Erzbischof Schönborn in mehr oder minder freiheitlicher Umgebung einen Vortrag, in dem er vor den Defiziten an Sinn, Solidarität und Spiritualität warnte. Dann sagte er wörtlich: Fehlt ein richtungsweisendes, meta


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite