Bundesrat Stenographisches Protokoll 628. Sitzung / Seite 87

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Nun zum Betriebsanlagenrecht, bei dem man das vernünftige und als positiv zu bezeichnende Ziel hatte, die Verwaltung zu vereinfachen, Verfahren zu beschleunigen, Betriebsgründungen zu erleichtern. All das klappt aber leider noch nicht so recht. Unserer Meinung nach ist die Gewerbeordnung, so wie sie heute beschlossen wird, nicht 100prozentig positiv vollziehbar. Das geht aus einem Dossier von Dr. Stephan Schwarzer, dem Leiter der Abteilung für Umweltpolitik, hervor, der in einer Studie zur Reform des Betriebsanlagenrechtes geschrieben hat, daß nach geltendem österreichischem Recht in Österreich zirka 50 000 Genehmigungsverfahren durchzuführen wären, aber nur die schon zitierten 15 000 Verfahren abgewickelt werden, davon etwa 10 Prozent in einem vereinfachten Verfahren. Daher wird ein erheblicher Teil der Betriebsanlagen konsenslos oder nicht konsensgemäß betrieben. Der Frage, wie konsenslose oder konsenswidrig betriebene Anlagen legalisiert werden können, wurde nicht nachgegangen.

Wir glauben nach wie vor – zweiter Punkt –, daß eine Wettbewerbsverzerrung zugunsten nicht gewerblicher Tätigkeiten gegeben ist, wenn Betriebsanlagegenehmigungen nur für gewerbliche Betriebsanlagen erforderlich sind.

Der dritte entscheidende Punkt ist, daß gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in Österreich praktisch jede Maschine einer Genehmigungspflicht unterliegt. Das heißt, daß das österreichische Betriebsanlagenrecht von einem sehr hohen Maß an Genehmigungsverwaltung, aber von einer unterentwickelten Anlagenüberwachung ausgeht. Es wird also zunächst viel Wert auf die Genehmigung gelegt, aber die spätere Überwachung kommt zu kurz.

Abschließend darf ich nochmals den Präsidenten der Wirtschaftskammer Niederösterreich Reinbacher zitieren – ich kann mir nicht vorstellen, daß das im Rahmen der Volkspartei keinen Einfluß hat –, der in seiner Publikation gesagt hat: "Es kann wohl nicht sein, daß die Bundesregierung gerade jetzt eine Gewerbeordnung beschließt, die fast zwangsläufig zum Arbeitsplatzkiller in Handel und Gewerbe werden muß."

Historisch gesehen, meine Damen und Herren, ist das österreichische Gewerberecht 500 Jahre alt. So lange wird schon reformiert, 1997, das muß man zugeben, sehr gründlich. Man hat sich wirklich sehr bemüht. Trotzdem bleibt noch viel zu tun, bis endlich die Voraussetzungen für einen funktionsfähigen Wettbewerb zu fairen Bedingungen erreicht sind. Erst wenn das der Fall sein wird, werden wir Freiheitlichen zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.11

Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Josef Rauchenberger. Ich erteile es ihm.

15.11

Bundesrat Josef Rauchenberger (SPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hoher Bundesrat! Ich habe schon am 19. Dezember anläßlich der Debatte zum Gewerberegister auf einige Forderungen hingewiesen und Grundsätze für diese Gewerberechtsnovelle, wie sie uns heute vorliegt, festgelegt, die meiner Meinung nach zu erfüllen wären. Ich möchte diese Grundsätze an den Beginn meiner Ausführungen stellen, um mit Ihnen gemeinsam zu klären, inwieweit sie im vorliegenden Gesetz berücksichtigt wurden und inwieweit meine damaligen Überlegungen zielführend waren.

Das Ziel einer Liberalisierung der Gewerbeordnung – und dies war bislang eine von allen Fraktionen unbestrittene Festlegung – sollte sein, den Zugang zum Gewerbe zu erleichtern und damit den Wettbewerb zu stärken. Durch einen erleichterten Zugang wird die Gründung von Unternehmen angeregt, wobei gleichzeitig die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze möglich wäre. Die Förderung des Wettbewerbs bedeutet für den Konsumenten ein reichhaltiges Angebot und bessere Qualität zu niedrigeren Preisen.

Aus all diesen Gründen hielt ich es für wichtig, Regulierungen des Zugangs auf ein notwendiges Maß zu beschränken und geschützte Märkte durch allzu strenge Zugangsregelungen nicht länger aufrechtzuerhalten. Das geltende System des Zugangs beziehungsweise der Gewerbeabgrenzung sollte nach allgemein formulierbaren, ökonomisch vernünftigen Grundsätzen neu geregelt werden. Ökonomisch relevant ist eine Liberalisierung dann, wenn sie die Wettbewerbs


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