Bundesrat Stenographisches Protokoll 629. Sitzung / Seite 111

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Der Föderalismus – so sagt der Schweizer Denker Gonzague de Reynold – hat seine Berechtigung und seine Wurzeln in den wesentlichen und ursprünglichen Rechten der menschlichen Person. Im so verstandenen Föderalismus ist der Staat für den Menschen da, nicht die Menschen für den Staat.

Ich bitte Sie, die vorliegende dringliche Anfrage auch unter diesem Gesichtspunkt zu sehen. Herr Staatssekretär! Wir erwarten uns von Ihnen im Namen der Bundesregierung und des Herrn Bundeskanzlers klare Antworten und keine leeren Versprechungen. Denn solche haben wir in dieser Frage während der letzten fünf Jahre in diesem Hause wahrlich oft genug gehört! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.16

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zur Beantwortung der schriftlich vorliegenden dringlichen Anfrage hat sich Herr Staatssekretär Dr. Wittmann gemeldet. – Bitte.

16.16

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde ohne Umschweife auf die Fragen antworten und darf gleich mit der Antwort zu den Fragen 1 bis 3 beginnen.

Die derzeitige Belastungssituation der Höchstgerichte ist sehr wohl bekannt. Dazu kann ich Ihnen mitteilen, daß es seit dem letzten Jahr – schon von meinem Amtsvorgänger, aber auch von mir – eine Reihe von Gesprächen gegeben hat, an denen sowohl Vertreter des Verfassungsgerichtshofes als auch Vertreter des Verwaltungsgerichtshofes einschließlich deren Präsidenten teilgenommen haben. In diesen Gesprächen wurden Lösungsvorschläge diskutiert, die zum Teil Eingang in die Ihnen heute vorliegenden Gesetzentwürfe gefunden haben. Diese sind einerseits dazu geeignet, eine Entlastung herbeizuführen, und können andererseits dazu beitragen, den Neuzugang zu kanalisieren.

Hinsichtlich der Belastungssituation des Verfassungsgerichtshofes darf ich auf dessen Tätigkeitsbericht für das Jahr 1996 hinweisen. Darin zeigt sich, daß die Gefahr der Lahmlegung im wesentlichen mit den Massenverfahren im Zusammenhang steht. Diese Massenverfahren sind eine für den Verfassungsgerichtshof neuartige Erscheinung, die erstmals 1996 aufgetreten ist und dazu geführt hat, daß der VfGH mit dieser überdimensionierten Belastung nicht fertig werden konnte. Er geht davon aus, daß entsprechende legistische Maßnahmen getroffen werden, um eine derartige Entwicklung hintanzuhalten.

Diesbezüglich finden bereits Gespräche zwischen Vertretern des Bundeskanzleramtes und des Verfassungsgerichtshofes statt, aber um zu einer Lösung des Problems zu gelangen, werden auch die betroffenen Berufsstände – wie Wirtschaftstreuhänder oder Rechtsanwälte – einbezogen werden müssen. Zweckdienliche Gespräche zur Erarbeitung eines Lösungsansatzes sind für diesen Sommer geplant. Beim gegenwärtigen Stand der Verhandlungen ist noch keine konkrete Angabe darüber möglich, wie diese Lösung aussehen wird. Wir arbeiten aber daran. (Präsident Dr. Hummer übernimmt den Vorsitz.)

Zu den Fragen 4 bis 6: Was den Kritikpunkt der schlechten Qualität der Gesetze betrifft, kann ich aus dem Gesichtspunkt der Vollziehung feststellen, daß selbstverständlich auch die Bundesregierung daran interessiert ist, sorgfältig vorbereitete Gesetze zu machen. Wenn es dennoch zu Mängeln kommt, ist das in vielen Fällen auf besondere Sachzwänge oder den manchmal beträchtlichen Zeitdruck zurückzuführen. Die Behauptung aber, daß allgemein von einer Zunahme qualitativ schlechterer Gesetze zu sprechen sei, möchte ich zurückweisen. Es wird weiterhin unser Anliegen sein, Gesetzesvorschläge so zu gestalten, daß Kritikpunkte wie übermäßige Kompliziertheit oder schlechte Verständlichkeit keine Berechtigung haben.

Zu Frage 7: Die Bundesregierung ist schon seit längerem bemüht, einer überbordenden Gesetzesflut Herr zu werden und einem erhöhten Kostenbewußtsein zum Durchbruch zu verhelfen.

Bereits im Jahre 1992 wurde, wie bekannt ist, unter der Federführung des damals zuständigen Bundesministers für Föderalismus und Verwaltungsreform das Handbuch "Was kostet ein Ge


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