Bundesrat Stenographisches Protokoll 630. Sitzung / Seite 107

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Noch sind die Vereinigten Staaten nicht die Vereinten Nationen, auch wenn es so ähnlich tönt und auch wenn sie im UNO-Sicherheitsrat jede Abstimmung sperren können, weil sie zu den fünf Gründungsmitgliedern der Vereinten Nationen gehören. Europa hat derzeit vier, fünf Probleme in Brüssel mit den Vereinigten Staaten auszustehen beziehungsweise zum Teil ausgestanden. Es ging um die Bananen aus den Dollarzonen, weiters um das Hormonrindfleisch aus den USA und eben um diese beiden Abkommen, die wir heute hier in einem zusammengefaßt haben, das Helms-Burton-Gesetz und das D’Amato-Gesetz. James Rubin als Außenamtssprecher hat bereits zugesagt, daß es zu Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und dem EU-Europa kommen soll: Am 8. und 28. Oktober sollen solche Gespräche stattfinden.

Zur gleichen Zeit, vergangenen Montag, haben der französische Mineralölkonzern Total, der malaysische Konzern Petronas sowie die russische Erdölfirma Gazprom einen Vertrag mit der iranischen Firma Nioc zur Erschließung des Gasfeldes Pars-Süd abgeschlossen. Aber das D’Amato-Gesetz schreibt keinen Zeitpunkt für Sanktionen vor. Es ist dies eigentlich als eine sehr hinterhältige Gesetzgebung zu bezeichnen, denn sie läßt der Politik ungeheuerlich viel Spielraum. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes bleibt der amerikanischen Regierung überlassen. Diese kann entscheiden, ob Sanktionen ausgesprochen werden. Abgesehen davon steht es der Regierung auch frei, im Rahmen dieses Gesetzes die Sanktionen auszusetzen, wenn es im nationalen Interesse liegt.

Ich wollte, wir Österreicher wären noch solch ein Großmacht, daß wir Gesetze machen können, mit welchen der Staat nicht gebunden, sondern es der Staatsführung freigestellt wird, ob sie diese anwenden oder nicht, je nach der politischen Großwetterlage! – Leider Gottes ist Österreich jedoch ein Kleinstaat und nicht in der Lage, seinen Willen durchzusetzen. Aber wir erkennen, wie zweischneidig viele Vorgänge in der internationalen Politik sind.

Zum gleichen Zeitpunkt, zu dem Gesetze den Handel mit dem Iran verbieten wollen, erkennen wir etwa, daß eine Kommissarin der Europäischen Union in einen Bereich, den diese nicht diplomatisch anerkannt hat, nämlich nach Afghanistan, entsandt wird, um nachzusehen, wie die EU-Mittel verwendet werden. – Schimpf und Schande sind über diese an und für sich mutige Frau, die sich dieser Reise unterzog, gekommen. Sie wurde nicht geachtet beziehungsweise so nicht geachtet, daß sie fast bestraft wurde, und das mit Eurogeldern! Ich weiß nicht, wie viele Milliarden österreichische Schilling von der EU schon nach Afghanistan gegangen sind.

Tatsache ist aber, daß das Regime der Taliban das bevorzugte Regime der Vereinigten Staaten ist, welches über Pakistan finanziert und ausgerüstet wird. Es stellt sich daher die Frage: Warum werden diese Zweischneidigkeiten, dieses doppelte Maß für ähnliche Vorgänge nicht lauthals bekanntgegeben? – Vielleicht werden derartige Methoden das eine oder andere Mal in diplomatischen Gesprächen erwähnt, was aber ohne Wirkung bleibt. Aber wäre es nicht notwendig, daß man über solche Vorgänge offen spricht? – Die Würde des Staates selbst gebietet es doch, daß man jenen, die uns lehren wollen, wie man internationalen Umgang pflegt, entgegenschmettert, daß sie selbst ihre Standards gleichmäßig anwenden sollen!

Ich komme jetzt zu den beiden Abkommen betreffend Südamerika, den Mercado Comun del Sur und Chile: Mit großer Freude stimmen wir diesen beiden Abkommen zu, auch wenn wir ein bißchen Bedenken haben, daß es unmöglich sein wird, die ständigen hohen Nettozahlungen, die Österreich in die Gemeinschaftskasse entrichten muß, zu senken, wenn immer wieder neue Verpflichtungen übernommen werden. Dies wissend stimmen wir aber trotzdem zu, weil wir der Meinung sind, daß sowohl Österreich als auch die Europäische Union in Südamerika einen politisch, aber auch wirtschaftlich besonders interessanten Ansprech- und Handelspartner haben werden.

Die Abkommen mit den drei Staaten der ehemaligen Sowjetunion, der Ukraine, der Russischen Föderation und der Republik Moldau, lehnen wir ab. Wir lehnen diese deshalb ab, weil uns insbesondere die Atomkraftwerkssituation in der Ukraine, die weder unseren Intentionen noch internationalen Regelungen entspricht, nicht behagt. Wir sind nicht der Meinung, daß wir mit allen Ländern gleiche und unbedingt immer sofortige Beziehungen auf gleicher Ebene mit anderen aufnehmen müssen. Es muß möglich sein, auch diesen Staaten zu sagen, daß sie


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