Bundesrat Stenographisches Protokoll 633. Sitzung / Seite 101

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Satz erwähnen Sie sofort die Privilegien der Eisenbahner. Die sogenannten Privilegien! Kollege Drochter hat hier sehr eindringlich darauf hingewiesen, daß es diese Privilegien gar nicht mehr gibt.

Ich bin gelernter Lokomotivführer, und ich bin auch auf der Dampflokomotive gefahren. Ich darf Sie einladen, Herr Kollege Königshofer, mit mir auf der Diesel-Lok und auch auf der E-Lok mitzufahren. Sie können mir glauben, daß die Belastung auf der E-Lok genauso groß ist wie auf der Dampflok: erstens durch die Geschwindigkeit und zweitens durch den enorm feinen Zug, der in den Führerständen auf den Lokomotiven entsteht und eine wirklich frappante Gesundheitsgefahr für die Kollegen bedeutet. Deshalb ist es auch gerechtfertigt, daß ein Großteil der Kollegen schon mit 53 Jahren in Pension geht.

Noch etwas zu diesen 53 Jahren, Herr Kollege Königshofer: Lediglich 4 Prozent arbeiten bei den Österreichischen Bundesbahnen in der Verwaltung, alle anderen im Fahrdienst und im Sonderdienst. Das heißt also, daß nicht 80 oder 85 Prozent, wie Sie glauben, das Privileg des Ruhestandes mit 53 Jahren in Anspruch nehmen können. Außerdem ist nachweisbar, daß sehr wenige mit 53 Jahren in Pension gehen. Da relativ spät, zwei, drei, vier Jahre nach dem Bundesheer, der Eintritt in die Bahn erfolgt, ist es nicht möglich, mit 53 Jahren in Pension zu gehen.

Wenn Sie, Herr Kollege Königshofer, von den kleinen Eisenbahnern, die da draußen schwer arbeiten, gesprochen haben, dann freut mich das. Aber ich würde Sie bitten, daß Sie sich künftig bei Ihren Klubtagungen überhaupt Gedanken über die arbeitenden Menschen in der Bevölkerung machen. Ich darf dazu etwas zitieren. Ich bin Niederösterreicher und weiß daher, daß es erst wenige Wochen her ist, daß Kollege Marchat verlangt hat, die Arbeitnehmerschutzbestimmungen für alle arbeitenden Menschen abzuschaffen. (Bundesrat Bieringer: Wer?) Bitte, man höre! Die Freiheitlichen wollen die Arbeitnehmerschutzbestimmungen abschaffen. (Bundesrat Dr. Tremmel: ... Generalisierung verlangt! Jetzt hören Sie doch damit auf!) Aber so stimmt es! Ich kann Ihnen das vorlegen.

Herr Kollege! Darf ich Sie an eine Wortmeldung des Kollegen Haberler im Niederösterreichischen Landtag anläßlich einer Diskussion über die Lehrplätze in Österreich erinnern? – Damals hat er als freiheitlicher Abgeordneter die Lehrlinge als Läuse bezeichnet. (Bundesrat Dr. Tremmel: Dann lies das genau durch!)

Bitte, es gibt ein Protokoll des Niederösterreichischen Landtags. Darin ist das nachzulesen, Herr Kollege! Und da steht drinnen, daß Ihr Kollege Haberler wortwörtlich gesagt hat, von fünf Lehrlingen in den Betrieben sind zwei bis drei Läuse. Das muß man sich einmal geben!

Ich werde das sicherlich im niederösterreichischen Landtagswahlkampf, wo immer ich Gelegenheit habe, sagen. Wenn von fünf jetzt zwei oder drei "Läuse" sind, bitte schön, dann sind es hochgerechnet 40 von 100 beziehungsweise 400 von 1 000. Über solche Dinge sollte man reden und sich nicht hierher stellen und auf der einen Seite über die kleinen Eisenbahner klagen und auf der anderen Seite alle sozialen Errungenschaften in Frage stellen oder gar abschaffen wollen. (Zwischenruf des Bundesrates DDr. Königshofer. ) Herr Kollege! Ich möchte das nur in den Raum stellen. Für die Wortmeldungen eines Haberler oder eines Marchat können Sie nichts. Das ist ein Faktum und ist nachzulesen. (Vizepräsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Abschließend: Zu der Pensionsreform sage ich nichts. Daß ich diese hier immer vertreten habe, ist klar. Dieses Mal hat uns die ÖVP ein bißchen im Stich gelassen. Kollege Schambeck ist in Pension gegangen. Das war noch ein alter Kämpfer für die Eisenbahner, mit ihm hätte sich vielleicht die eine oder andere Diskussion im Ausschuß früher ergeben. Aber es ist halt so.

Ich möchte mich von dieser Stelle aus bei den Gewerkschaftern und bei allen Eisenbahnern bedanken, bei denen – ich sage das noch einmal – in den letzten fünf Jahren 10 000 Personen wegrationalisiert wurden und die trotzdem, wie ich erwähnt habe, eine Leistungssteigerung im Güterverkehr von 7,2 Prozent erbracht haben. In diesem Sinne werden wir Sozialdemokraten gerne diesem Gesetz die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

16.31


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