Bundesrat Stenographisches Protokoll 634. Sitzung / Seite 10

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Die Österreicher haben demnach als historischen Auftrag – so dürfen wir es wohl sehen –, einen besonderen Beitrag zum Gelingen der europäischen Sicherheitsarchitektur zu leisten. Politische Fragen von höchster Wichtigkeit wie etwa der NATO-Beitritt, die Osterweiterung, die Bewahrung und Neuformung der Neutralität und ihr Verständnis in der heutigen Staatenwelt dürfen nicht Spielball tagespolitischer Kleinmünzerei oder auch eines bloßen Vorteilsdenkens werden. Nur die hohe Wertschätzung von Föderalismus und auch Autonomie kann bewirken, daß Europa in einer gefestigten Union das vermitteln kann, was Robert Schuman als das "Europa der Vaterländer" bezeichnet hat.

"Österreich, das ist die kleine Welt, in der die große ihre Probe hält." – Politische Realität ist, daß die Länder und Gemeinden sowie die übrigen Selbstverwaltungskörper in der österreichischen Politik weit über jenen Bereich hinaus Einfluß ausüben, den ihnen die Verfassung zuerkannt und zugesprochen hat. Föderalismus und Autonomie sind in Österreich Verfassungsrealität.

Dieser Wirklichkeit steht die Tatsache gegenüber, daß immer wieder der Gedanke, Zentralismus sei moderner, billiger und praktischer, Föderalismus hingegen hinterwäldlerisch, sogar separatistisch und kleingeistig, als politisches Irrlicht umgeht. Richtig ist aber: Föderalismus ist oft mühsam, fordert den Geist des Vertrages, foedus, und damit des Sich-Vertragens, fordert die Bereitschaft, eine subtile Wirklichkeit sensibel zu behandeln, vor allem in der Gesetzgebung und in der Beziehung zwischen den Gebietskörperschaften.

Was den Bundesrat angeht, plädiere ich für einen Minimalkonsens, der all das umfaßt, was die drei im Bundesrat vertretenen politischen Fraktionen eigentlich schon längst außer Streit gestellt haben. So etwa ein Stellungnahmerecht des Bundesrates zu Gesetzesvorschlägen und Volksbegehren bis zum Abschluß der Beratungen im Ausschuß des Nationalrates. Ferner eine Verpflichtung des Nationalrates, Gesetzesinitiativen des Bundesrates in Beratung zu nehmen. Schließlich die Möglichkeit von Mitgliedern des Bundesrates, an Ausschußsitzungen des Nationalrates, allenfalls auch mit beratender Stimme, teilzunehmen. Schließlich das Recht, offensichtliche Schreib- und Rechenfehler sowie sinnstörende Fehler im Einvernehmen mit dem zuständigen Ausschuß des Nationalrates zu korrigieren.

Ein einhelliger Vorschlag des Bundesrates würde seine Wirkung nicht verfehlen – ein einhelliger. Der aufrichtige Wunsch der Fraktionen, als Föderalisten glaubhaft zu sein, könnte jene Hürde überspringen, die als die Unfähigkeit, sich zu reformieren, heute schon in die politische Alltagssprache fast sprichwörtlich Eingang gefunden hat.

Ich wünsche Ihnen allen, meine sehr verehrten Damen und Herren, gesegnete Weihnachten und ein friedvolles Jahr 1998. Möge jenes Jahr, in das auch die EU-Präsidentschaft Österreichs fällt, ein ersprießliches Jahr für den Föderalismus und schlechthin ein gutes Jahr für unser Vaterland Österreich werden. (Anhaltender allgemeiner Beifall.)

9.14

Fragestunde

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir gelangen nunmehr zur Fragestunde.

Um die Beantwortung aller zum Aufruf vorgesehenen Anfragen zu ermöglichen, erstrecke ich die Fragestunde – soferne mit 60 Minuten das Auslangen nicht gefunden wird – im Einvernehmen mit den beiden Vizepräsidenten erforderlichenfalls auf bis zu 120 Minuten.

Ich beginne jetzt – um 9.15 Uhr – mit dem Aufruf der Anfragen.

Bundesministerium für Landesverteidigung

Präsident Dr. Günther Hummer: Wir kommen nunmehr zur Anfrage 830/M an den Herrn Bundesminister für Landesverteidigung. Ich bitte den Anfragesteller, Herrn Bundesrat Ing. Walter Grasberger, um die Verlesung der Anfrage.


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