Bundesrat Stenographisches Protokoll 641. Sitzung / Seite 15

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Mitglieder zu überwachen und gegebenenfalls dafür zu sorgen, daß das EU-Recht eingehalten wird, ist der Auffassung, daß die Brennermaut, so wie sie heute eingehoben wird, gegen EU-Recht verstößt, und zwar in zweifacher Hinsicht: erstens deshalb, weil sie in einer diskriminierenden Weise – ich zitiere jetzt die Auffassung der Kommission – eingehoben werde, und zweitens deshalb, weil sie zu hoch sei. Diskrimierend sei die Einhebung, weil sie nur auf der Strecke Innsbruck–Brenner erfolgt und auf dieser Strecke so gut wie gar keine Inländer verkehren, wenn man von jenen absieht, die im bilateralen Verkehr oder auch im Transitverkehr mit Italien verkehren, wodurch nur sehr wenig Inländer betroffen sind und 80 Prozent von Ausländern bezahlt werden.

Wenn es darum geht, wie von der österreichischen Verkehrspolitik, aber auch von den Tiroler Verkehrspolitikern beziehungsweise von allen Tiroler Politikern gesagt und verlangt wird, die berechtigten Anrainerinteressen, die darin bestehen, möglichst wenig Lärm durch LKW-Verkehr in der Nacht zu haben und möglichst wenig Schädigung der Umwelt durch Abgase gewärtigen zu müssen, zu berücksichtigen, dann ist es wohl auch notwendig, nicht nur von Ausländern Maut zu verlangen, sondern von LKW-Fahrern entsprechend ihrer Nutzung der Autobahn. Das ist auch die Forderung der EU-Kommission.

Die EU-Kommission ist daher nach den internationalen beziehungsweise auf europäischer Ebene von mir zu führenden Verhandlungen durchaus bereit, eine Maut zu akzeptieren, sofern sie nicht in diskriminierender Weise eingehoben wird, das heißt, sofern sie auf der Strecke Kufstein–Brenner zur Anrechnung kommt, wenn auch mit einer Differenzierung, die sicherstellt, daß sie kostenorientiert ist – das ist der zweite Punkt.

Die Höhe der Maut für den Brenner wird als gesetzwidrig oder wegekostenrichtlinienwidrig betrachtet, weil man meint, daß mehr als die mit der Herstellung, der Erhaltung und dem laufenden Betrieb der dortigen Autobahn verbundenen Kosten eingehoben würden. Erstreckte man dieselbe Maut auf die Gesamtstrecke Kufstein–Brenner, würde sie von der Kommission als rechtskonform angesehen werden. Es müßte allerdings nur ein entsprechend kleiner Teil im Unteren Inntal verrechnet werden und ein entsprechend größerer für die teurere Bergstrecke.

Der Vorschlag, der zuletzt kompromißfähig schien, und zwar sowohl von seiten des Bundeslandes Tirol als auch der Kommission – dort hatte es schon einen ziemlich deutlichen Anschein in diese Richtung –, war, daß wir auf die Straßenbenützungsabgabe auf dem Abschnitt Kufstein–Innsbruck verzichten und dafür die Maut auf diesen Abschnitt ausdehnen, sodaß sich für diese Strecke insgesamt eine Erhöhung der Kosten von etwa 70 S ergeben hätte.

Das ist eine Belastung, die die Tiroler Wirtschaft treffen würde, aber das wäre eine Belastung, die überblickbar ist und sich somit in Grenzen hält. Wir haben im übrigen Gesprächsbereitschaft bei der Lösung allfälliger Probleme zugesagt. Man wird sehen, wie eine konkrete Lösung dafür aussehen kann. Vorarbeiten dazu sind unter Federführung des Wirtschaftsministeriums im Gange.

Präsident Ludwig Bieringer: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte, Herr Bundesrat.

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Herr Bundesminister! Wie hoch schätzen Sie das finanzielle Prozeßrisiko dieses Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof für die Republik Österreich ein?

Präsident Ludwig Bieringer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Grundsätzlich sind drei Ausgänge möglich.

Ausgang eins, der für uns der allerschönste wäre, der aber im Lichte der bekannten Judikatur und der bestehenden Normen der EU nicht hochgradig wahrscheinlich ist, ist, daß die Klage der Kommission nicht durchdringt. Dann wäre das Prozeßkostenrisiko null.


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