Bundesrat Stenographisches Protokoll 642. Sitzung / Seite 46

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Nun aber zu dieser angekündigten Vorgeschichte. Das System der Kostentragung nach der österreichischen Finanzverfassung wurde in den letzten Jahren von den Ländern und von den Gemeinden zunehmend als unbefriedigend empfunden. Beide Gebietskörperschaften klagten über rechtsetzende Maßnahmen des Bundes, die finanzielle Folgewirkungen in ihren Budgets hätten. Die Gemeinden verwiesen zusätzlich noch auf die Belastungen durch die Länder.

Auch im Bundesrat haben wir immer Klagen darüber geführt. Ich erinnere Sie nur an das Bäderhygienegesetz, aufgrund dessen meine kleine Gemeinde mit 1 000 Einwohnern, in der wir mit großen finanziellen Anstrengungen ein Bad gebaut haben, auf einmal 250 000 S mehr bezahlen mußte, um eben diesem Gesetz Genüge zu tun. (Bundesrat Dr. Tremmel: Glauben Sie, Herr Kollege, daß das jetzt durch den Konsultationsmechanismus geändert wird?) Ich glaube schon. Man muß auf jeden Fall vorher miteinander reden.

Durch den EU-Beitritt – und das ist der zweite Punkt, den ich anschneiden möchte – und die angestrebte Teilnahme an der Wirtschafts- und Währungsunion stand auch der Bund vor einer ganz neuen Situation. Nicht nur Länder und Gemeinden, sondern auch der Bund war mit etwas Neuem konfrontiert. Die Einhaltung der Maastricht-Kriterien mußte von der Bundesregierung verantwortet werden, innerstaatlich war ein nicht unwesentlicher Teil der öffentlichen Finanzen durch die Zuständigkeit der Länder und Gemeinden der Einflußnahme des Bundes jedoch entzogen. Die Bundesregierung strebte daher eine verbesserte Koordination der Finanzausgleichspartner in diesem Bereich an.

Das Zusammentreffen dieser beiden Interessen – der Interessen der Länder und Gemeinden und der Interessen des Bundes – führte nach wirklich langen Verhandlungen zur Formulierung der heute zu beschließenden Konsultationsvereinbarung und in weiterer Folge zum Österreichischen Stabilitätspakt.

Mit der Kurzbezeichnung "Konsultationsmechanismus" wird ein ganzes Paket an Rechtsnormen bezeichnet, die inhaltlich miteinander verknüpft sind. Es ist dies das Bundesverfassungsgesetz über die Ermächtigung des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes, es ist dies die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden über den Konsultationsmechanismus und den zukünftigen Stabilitätspakt, es ist dies die Vereinbarung zwischen dem Bund, den Ländern und den Gemeinden betreffend die Koordination der Haushaltsführung – eben der Österreichische Stabilitätspakt –, es ist dies die Verordnung des Bundesministers für Finanzen, derzeit bekanntgemacht im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung unter dem Titel "Richtlinien für die Ermittlung und Darstellung der finanziellen Auswirkungen neuer rechtsetzender Maßnahmen", es ist dies die Umsetzung der Konsultationsvereinbarung und des Österreichischen Stabilitätspaktes in Verfassung oder einfaches Recht.

Meine Damen und Herren! Artikel 15a B-VG sieht vor, daß nur Bund und Länder untereinander Vereinbarungen schließen können. Für den Abschluß der Konsultationsvereinbarung und des Österreichischen Stabilitätspaktes mußte daher eine bundesverfassungsrechtliche Grundlage geschaffen werden, da hier Bund, Länder, Städtebund und Gemeindebund die Vertragspartner sind.

Wichtig dabei ist: Vermögensrechtliche Ansprüche der Gemeinden aus der Konsultationsvereinbarung und aus dem Stabilitätspakt können auch durch den Gemeindebund oder durch den Städtebund beim Verfassungsgerichtshof geltend gemacht werden. Von Bedeutung scheint auch, daß im angeführten Ermächtigungsgesetz bundesverfassungsrechtlich vorgesehen ist, daß die Landtage die Konsultationsvereinbarung und den Österreichischen Stabilitätspakt mit einfacher Mehrheit genehmigen können.

Die Konsultationsvereinbarung enthält verschiedene Verpflichtungen der Vertragspartner. Es sind dies die Informationsverpflichtung, die Kostenberechnungsverpflichtung, die Verhandlungsverpflichtung und die Ausgabenersatzverpflichtung.

Es gibt natürlich, wie bei jeder Verpflichtung, auch Ausnahmen, und die halte ich für wichtig.


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